Das Gewicht der Liebe
etwas zu klären. Er arbeitete extrem langsam, wie ein altertümlicher Computer von der Größe eines Schlachtschiffs.
»Ich weiß nur, dass ich dich liebe.« Die Worte genügten nicht. Er wollte irgendein Pfand, einen wissenschaftlichen Beweis, den er sehen konnte. »Und wenn du diesen Job wirklich haben willst, dann will ich das auch. Nach Chicago gehen. Ich weiß, meine Beziehung zu Simone ist so, wie sie ist, nicht gut. Elizabeth liegt mir deshalb schon in den Ohren, seit ich sie kenne, aber …«
Sie schloss die Augen, sah Sternbilder.
»Ich habe so oft versucht, mich von ihr zu lösen, Ty. Doch es war nie von Dauer. Ich bin wie ein Fisch, der angebissen hat und nicht mehr vom Haken kommt. Er kämpft und kämpft, aber irgendwann gibt er einfach auf.«
»Diesmal wird es funktionieren, Roxanne, weil du nicht allein kämpfen musst.«
»Ich habe Angst um sie.«
»Und ich habe Angst um dich. Und um uns.«
»Ich werde es versuchen«, flüsterte sie. »Ich schwöre, ich werde es versuchen.«
Weil unser Leben davon abhängt, weil ich dich liebe .
Zahllose Sternbilder, Galaxien, Universen: Zeit und Schwerkraft und unbekannte Energien, die daran zerrten; und dennoch, wundersamerweise, hatten Sterne und Planeten überlebt, war das Zentrum am Platz geblieben. Vielleicht hatte das die Liebe bewirkt. Vielleicht erklärte die Liebe alles. Wer weiß?
Roxanne und Chowder fuhren Ty zum Flughafen, und danach hatte Roxanne Angst vor der Rückkehr in das leere Haus in der Little Goldfinch Street. Sie hatte ihr Handy mit Absicht dort zurückgelassen, denn im Auto war sie von allen Forderungen und Verpflichtungen abgeschnitten. Sie hatte ein Versprechen gegeben, eines, das sie einhalten wollte. Aber wie sollte sie damit beginnen, etwas zu tun, was ihr vorher bislang als unmöglich erschie nen war?
Fahr nach Hause, sagte sie sich.
Lenk dich ab, dachte sie.
Sie saß im Wagen an der Mission Bay, beobachtete Kinder in Badeanzügen mit sandverklebten Hinterteilen, die im letzten Licht des schwindenden Tages spielten, sich aneinander vorbeidrängelten und schubsten und wein ten, während die sie umgebenden Erwachsenen Decken, Handtücher, Stühle und Kühltaschen zusammenpackten. Chowder winselte und quietschte auf dem Rücksitz des Wagens, machte Roxanne darauf aufmerksam, was für ein großartiger Hundeauslaufplatz die Mission Bay war. Sie leinte ihn an und marschierte mit ihm in Richtung des nördlich gelegenen Hilton Hotels. Nach einer halben Meile wollte sie umkehren, doch Chowder hatte so viel Spaß, dass sie weiterging, bis sie den Wendeplatz vor dem Touristencenter erreichten. Zurück im Wagen leckte Chowder ihr das Ohr und legte sich dann glücklich und zufrieden auf die Rückbank.
Es bedarf so wenig, um einen Hund glücklich zu machen.
Am Samstag traf sie sich mit Elizabeth zum Frühstück, stand mit ihr dreißig Minuten für Speck und Eier in einer Kaschemme in North Park an, wo es die besten Bratkartoffeln und die cremigsten Milchshakes der Stadt gab. Der lange, schmale Raum roch nach Kaffee und heißem Fett, und die Bratkartoffelköchin – eine untersetzte Frau, die im Viertel als die Scheiße-Frau bekannt war – murmelte unentwegt eben jenen Kraftausdruck vor sich hin, während sie den brutzelnden Grill bediente.
»Erinnere mich noch mal daran, weshalb wir überhaupt hierherkommen«, sagte Roxanne, während sie sich in eine Sitzecke zwängte und darauf achtete, sich nicht auf den Riss im Kunstleder zu setzen.
»Die stilvolle Atmosphäre? Die unwiderstehliche Verlockung des bösen Cholesterins?«
Roxanne dachte an Tys Hänseleien wegen ihrer angeblichen Sucht nach Fast Food, und plötzlich war sie wütend auf ihn, nahm ihm sein Ultimatum übel und brannte darauf, Elizabeth auf ihre Seite zu ziehen. Sie berichtete ihr über ihren Streit oder Gespräch oder was immer es gewesen war. Die Stellen, wo die Details verblasst waren, füllte sie mit Empörung auf, und das Gefühl, man habe ihr unrecht getan, wuchs in ihr, als sie sich daran erinnerte, wie er sich über Gelübde und Entsagung und Treue ausgelassen hatte. Sie erzählte Elizabeth von ihrem Versprechen, damit aufzuhören, Simones Kindermädchen zu sein.
»Feine Sache, was?« Sie aß einen Bissen Speck. »Ich bin ja so verkorkst.«
»Da muss ich dir ausnahmsweise zustimmen.«
Niemand, nicht einmal Ty, kannte Roxanne besser als Elizabeth.
Am ersten Tag des Orientierungskurses an der San Diego State University, ein sengend heißer Freitag mit einem
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