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Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Titel: Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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reinen Fichtenduft empfing. Die schwere Decke, die jetzt auf ihr lag, stank nach grober Wolle und Männern.
    Ihre Kehle schmerzte, als hätte jemand sie gewürgt. Aber Wendra wollte noch nicht gleich erfahren, wo sie sich befand, und ahmte weiterhin die langsamen Atemzüge einer Schlafenden nach. Eine leichte Bewegung machte sie auf eine Hand aufmerksam, die in ihrer lag, und die Wirklichkeit brach in glücklichen und bitteren Wogen über sie herein.
    Sie öffnete die Augen und sah Penit an ihrem Bett. Der Junge schlief auf einem Stuhl, den Kopf an den Bettpfosten gelehnt, die kleine Hand um ihre Finger geschlossen. Er wirkte friedvoll, und ein vages Lächeln rundete seine schmutzigen Wangen. Wendra drückte seine Hand. Heiße Tränen rannen ihr aus den Augenwinkeln. Kurz darauf erwachte Penit, und sein Lächeln wurde breiter.
    »Dir geht es gut«, sagte er strahlend.
    »Dir auch«, entgegnete Wendra. »Ich dachte, ich hätte dich für immer verloren. Was ist geschehen?«
    Penits Lächeln verschwand so schnell, wie es gekommen war. »Ich bin auf den Fluss gestoßen und ihm gefolgt«, sagte er und wich ihrem Blick aus. »Früher oder später trifft man immer auf Menschen, wenn man dem Wasser folgt. Und ich habe mich beeilt. Kein Trödeln, keine Abwege. Habe mich genau an meinen Text gehalten, verstehst du? Ich musste immerzu daran denken, dass du allein in dieser Höhle liegst, im Fieber. Noch nie war jemand so auf mich angewiesen«, schloss er leise und verstummte.
    Wendra legte auch die andere Hand auf Penits Finger und drückte sie fest. »Du hast getan, was du konntest«, sagte sie sanft. »Du hast keinen Grund, dich zu schämen. Erzähl mir, wie du hierhergekommen bist.«
    Die Tür zu dem kleinen Raum ging auf, und Jastail trat ein. »Gut, Ihr seid wach. Ihr seht geschwächt aus, aber wir müssen aufbrechen. Macht Euch bereit.« Er ging zu einer Kommode auf der anderen Seite des Zimmers und rückte sie von der Wand weg. Dann löste er ein Brett von der Rückseite und stopfte die Dinge, die dort drin verborgen waren, in einen Beutel. Er blickte kurz auf und lächelte ihr schief zu, um sich dann wieder seiner Arbeit zuzuwenden.
    Penit stand auf und wandte sich mit gestrafften Schultern Jastail zu. Er ließ Wendras Hand nicht los, reckte aber tapfer das Kinn. »Ihr müsst uns gehen lassen.«
    Jastail blickte nicht auf. »Die ganze Sache bringt allmählich so viel Ärger, dass ich dir beinahe recht gebe, mein Junge. Ich schätze deinen Mut, das zu verlangen. Aber jetzt hilf der Dame und spar dir weitere Bemerkungen auf, bis wir von hier verschwunden sind. Ich möchte dich nicht knebeln müssen.«
    Penit zitterte vor aufgestauter Wut. Wendra stützte sich auf einen Ellbogen. »Was jetzt, Jastail?«, fragte sie. »Ihr habt Penit freigekauft. Es wird Zeit, dass sich unsere Wege trennen.«
    Jastail blickte auf. »Man kann nichts kaufen, was einem bereits gehört.« Er zog die Schnur des Beutels zu. »Ihr seid eine kluge Frau, aber Euer Irrglaube an das Gute im Menschen trübt Euer Urteilsvermögen.«
    Ein wenig Bedauern lag in seiner Stimme, aber Wendra hätte nicht sagen können, ob es ihr persönlich galt oder hoffnungsvollen Menschen im Allgemeinen.
    Er richtete sich auf und hängte sich den Beutel über die Schulter. »Trödelt nicht so. Steht auf und kommt zur Hintertür. Und ich warne Euch: Ihr seid hier nicht unter Freunden. Keine Seele dort draußen sieht mehr in Euch als den Preis, den Ihr erzielen könntet. Und viele hätten selbst noch Verwendung für Euch, ehe Ihr weiße Füße bekommt. Ich muss ein Pferd kaufen. Draußen auf dem Tisch stehen Brot und Rüben für Euch und ein Krug Wasser. Bis Ihr gegessen habt, bin ich zurück. Also esst und haltet Euch bereit.«
    Er schloss die Tür, und sie waren wieder allein.
    »Er hat mich hierhergebracht«, erzählte Penit. »Ich war erst einen halben Tag lang dem Fluss gefolgt, da kam er mit vier anderen angeritten. Ich habe versucht, ihm zu erklären, dass du krank bist und Hilfe brauchst. Er hat mich gefragt, wo du bist. Ich wollte ihn hinführen, aber er hat gesagt, ich sähe auch krank aus. Seine Freunde sollten mich an einen sicheren Ort bringen, und er wollte dich selbst holen. Ich konnte ihn nicht davon abbringen. Also habe ich ihm schließlich den Weg zur Höhle beschrieben.« Wieder verstummte Penit kleinlaut, dann fügte er hinzu: »Und jetzt hat er uns beide.«
    »Wie meinst du das?«, fragte Wendra. Sie setzte sich auf die Bettkante und drehte Penit zu sich

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