Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)
herum.
»Du hast es doch gesehen«, sagte Penit. »Er wollte mich verkaufen. Wir alle wurden verkauft. Das hat er damit gemeint, dass er nicht kaufen könne, was ihm bereits gehört.«
»Du gehörst ihm aber nicht«, protestierte Wendra. »Und ich auch nicht. Wir gehen fort, auf der Stelle.«
Penit wich kopfschüttelnd zurück. »Nein, Wendra. Ich mag ihn nicht, aber die anderen wissen, dass wir keine Händler sind. So nennt man sie hier. Sie würden uns packen, sobald sie sehen, dass wir allein sind. Und die anderen … sie tun schreckliche Dinge. Ohne Dwayn wäre es noch viel schlimmer gewesen.«
»Wer ist Dwayn?«
»Ein Junge, den ich kennen gelernt habe, als sie mich in den Pferch gesteckt haben. Da sperren sie alle ein, die mit Kalk an den Füßen auf die Planken sollen. Ihn und mich haben sie alles Mögliche hierhin und dorthin bringen lassen, wir mussten die ganze Zeit herumrennen. Dwayn hat den Kleineren geholfen.«
Wendra sog scharf den Atem ein. Sie wollte gar nicht daran denken, wie jung die Kinder sein mochten, die Penit als »kleiner« bezeichnete.
»Und den älteren Leuten auch. Er hat ihnen gezeigt, wie sie mit den Händlern umgehen müssen, damit sie besseres Essen bekommen oder wenigstens mehr Essen. Er hat irgendwie ein Spiel daraus gemacht. So habe ich mich nicht allzu sehr gefürchtet.«
Wendra zog Penit zu sich heran und drückte ihn an sich. »Ich bin froh, das zu hören. Wenn es möglich wäre, würde ich ihn mitnehmen. Das geht jedoch nicht, wir müssen uns von Jastail von hier fortbringen lassen. Aber ich werde nicht erlauben, dass er einen von uns verkauft.« Sie schluckte gegen Angst und Zorn an, die sie zu überwältigen drohten. »Auf die eine oder andere Art werden wir uns von ihm freikaufen.«
Mit Penits Hilfe stand Wendra auf. Ehe sie das Schlafzimmer verließen, um etwas zu essen, nannte sie Penit den falschen Namen, den sie die ganze Zeit über benutzt hatte – Lani. Der Junge nickte und zwinkerte ihr zu. Am Tisch verschlang Penit sein Essen, fast ohne es zu kauen, und spülte es gierig mit Wasser herunter. Wendra zerteilte eine Rübe mit dem Messer, das neben dem Brot gelegen hatte. Während sie aß, dachte sie darüber nach, wie sie entkommen könnten. Sie stand auf und ließ Penit allein am Tisch zurück. Vorsichtig versteckte sie das Messer in ihrem Stiefel und durchsuchte dann alle Zimmer des maroden Häuschens. Sie fand nichts Nützliches. Die dürftige Einrichtung dieser Behausung, die sich auf das Notwendigste beschränkte, ließ sie vermuten, dass sie stets demselben Zweck diente: Leute unterzubringen, die er verkaufen wollte.
Sie ging zurück ins Schlafzimmer und durchsuchte rasch die Kommode, fand aber nur ein paar Kleidungsstücke, säuberlich geplättet und gefaltet, aber abgetragen. Sie rückte die Kommode von der Wand weg und löste das Brett an der Rückseite, wie sie es bei Jastail gesehen hatte.
Das kleine Fach dahinter war leer bis auf ein Stückchen Pergament mit einer Botschaft darauf:
Komm zwei Tage nach der letzten Auktion zum üblichen Treffpunkt. Bring jeden Mann mit, der für fünf Handmünzen verlässlich ist. Dann rechnen wir ab, und für Dich ist obendrein noch eine eigene Route drin, für Deine Mühen. Pass auf, dass euch niemand folgt. Falls Dir das noch nicht genügt, solltest Du wissen, dass ich mit Deiner Gier rechne und entsprechende Maßnahmen getroffen habe.
Wendra versteckte die Nachricht in ihrem Mieder und schaute noch einmal in das Fach, um sich zu vergewissern, dass sie nichts übersehen hatte. Dann brachte sie das Brett wieder an, rückte die Kommode zurecht und setzte sich zu Penit an den Tisch. Sie wusste nicht, worum es bei dem vereinbarten Treffen ging, doch falls es irgendetwas mit ihr zu tun haben sollte, konnte es ihre Chancen nur verbessern, das Erscheinen von Männern, die »für fünf Handmünzen verlässlich« waren, zu verhindern.
Und das wird Jastail gewiss verstehen. Sie lächelte.
Sie aß gerade ein Stück Brotkruste, als sie Schritte an der Haustür hörte.
Jastail kam herein und ließ rasch den Blick durch den Raum schweifen. »Das Messer war wohl eine große Versuchung«, bemerkte er trocken. »Ich habe vollstes Verständnis dafür, dass Ihr es womöglich stehlen wolltet. Also gebe ich Euch jetzt Gelegenheit, es zurückzulegen.«
Wendra dachte daran, die Unschuldige zu spielen, beschloss dann aber, den Schurken lieber nicht auf die Probe zu stellen. Wenn sie ihn angreifen wollte, müsste sie ohnehin
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