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Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Titel: Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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roten Lippen breitete.
    Vendanji beugte sich vor, legte die Stirn auf Ogeas Handrücken und ließ sie dort. Braethen beobachtete die beiden Männer ehrfurchtsvoll. Sutter und Hambley sahen ihn verwundert an, doch Braethen neigte nur den Kopf. Ruhe senkte sich über den Raum, und lediglich der leise flüsternde Atem des Vorlesers war zu hören. Die sanften Atemzüge wurden immer langsamer.
    Traurigkeit breitete sich in Braethens Brust aus, aber zugleich auch Stolz und Bewunderung für einen Mann, der sich mit seinen beredten, mutigen Worten den Respekt der Menschen verdient hatte, ohne je eine Waffe zu erheben. Er dachte über die Freundschaft nach, die der alte Mann ihm geschenkt hatte – er hatte sich nie über seinen Traum von der Sodalität lustig gemacht, sondern ihm stattdessen viel über den Orden erzählt. Außerdem pochte sein Herz vor Angst, weil er den einzigen Menschen verlor, der ihn darin unterstützt hatte, als würde der Traum verfliegen, wenn Ogea nicht mehr da war und ihm half, daran zu glauben.
    Auch dachte Braethen darüber nach, was es bedeuten könnte, tatsächlich ein Sodale zu werden. Und plötzlich erkannte er eine schlichte Wahrheit: Einem Freund in dessen letzten Augen blicken beizustehen und alles zu teilen, was da kam, sei es Angst, Kummer oder Erleichterung – daran bemaß sich seine Hingabe.
    Also hielt er die Hand seines Freundes. Und wartete.
    Eine Weile später hörte Ogea auf zu atmen.
    Vendanji blickte auf, strich mit der Handfläche sacht über die offenen Augen des alten Mannes und schloss die Lider. Sanft legte er Ogeas Hand nieder und stand auf. Seine Gestalt erschien als Silhouette, die den Raum beinahe verdunkelte, vor dem Fenster hinter ihm.
    Er drehte sich um und sagte leise: »Es ist Zeit, unser Gespräch fortzusetzen, Tahn, aber nicht hier. Hambley, können wir irgendwo ungestört essen?«
    Hambley starrte immer noch Ogea an. »Er ist wirklich tot, oder? Und er ist von meiner Leiter gestürzt.«
    »Er war schon tot, ehe er Helligtal erreichte«, beruhigte Vendanji den Wirt. »Aber uns bleibt jetzt keine Zeit, ihn zu betrauern. Wir müssen etwas besprechen, das niemand hören darf.«
    Der Wirt atmete tief durch. »Wir können uns in die Ratskammer setzen.«
    »Gut«, sagte Vendanji.
    Hambley öffnete die Tür und ging hinaus, um sich um ihre Mahlzeit zu kümmern. Vendanji trat zu Tahn und nahm ihm das Schwert ab, das sie aus Geddys Schmiede geholt hatten. Er musterte es kurz und wies dann auf den Flur. Der große Mann eilte so rasch an Sutter und Tahn vorbei, dass sein Umhang eine Brise durch den Raum wehen ließ. Die beiden folgten ihm, aber Braethen verharrte auf den Knien neben dem Bett und starrte in das bleiche Antlitz des Vorlesers. Schließlich streckte er die Hand aus und berührte liebevoll Ogeas gütiges Gesicht. Er flüsterte: »Bei Himmel und Allwillen, danke, dass du an mich geglaubt hast.«
    Tahn ging den Flur entlang und durch die hintere Tür in die Ratskammer. Der offene Kamin mit einem lodernden Feuer darin dominierte die Wand zur Gaststube. Von dort waren gedämpfte Stimmen zu hören, die über den Zustand des Vorlesers rätselten. Durch die Fenster fiel das trübe Licht von draußen herein, das den Nebenraum nur halb erhellte. Hambley entzündete ein Stück Schilfrohr am Feuer und trug es zum Tisch, wo in einem Oval aus Messing zehn Kerzen standen. Hambley entfachte sie und löschte dann das Rohr.
    »Ich hole uns Brot und Bitter.« Geschäftig verschwand er durch die Tür.
    Alle blieben hinter einem der breiten Stühle mit den hohen Lehnen stehen, als würden sie sich zu etwas verpflichten, das ihnen über den Kopf wachsen könnte, sobald sie darauf Platz nahmen. Vendanji setzte sich, und Sutter wechselte einen Blick mit Tahn, der die Achseln zuckte und ebenfalls Platz nahm. Sutter und Braethen taten es ihm gleich.
    Vendanji warf Braethen einen flüchtigen Blick zu, ehe er begann. »Was wir zu besprechen haben, ist äußerst wichtig. Beginnen wir mit Tahn. Ich glaube, die Geschichte, die du vor einer Stunde hier erzählen wolltest, ist sehr viel weitreichender.«
    Hinter ihnen schwoll der Lärm in der Schenke allmählich an. Männer kauten hungrig, andere stritten sich, und häufig war nervöses Gelächter zu hören. Doch auf dieser Seite des Feuers, in der kleinen Runde um den grob gezimmerten Tisch, beherrschte ein Mann das ruhige, konzentrierte Gespräch. Sein Gesicht wirkte vertrauenswürdig, doch er besaß fremdländisches Wissen. Gehörte dazu

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