Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Titel: Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
Vom Netzwerk:
so rein wie die eines Menschen, der noch niemals Tabakkraut geraucht oder Bitter getrunken oder sich im Fieber geschüttelt hatte. Eine gewisse Weisheit schwang darin mit, die Sutter die Röte in die Wangen trieb.
    »Wie kommst du darauf, dass dein Leben allein dir gehöre, dass du einfach hinausstürmen und dich in Gefahr bringen dürftest?« Verachtung schlich sich in ihre Stimme. »Vielleicht sollten wir dich hierlassen, damit du weiter Rüben und Kartoffeln ernten kannst.«
    Vendanji beendete das Thema, indem er die Hand hob. »Dies ist Mira Fern. Sie wird uns begleiten.«
    Tahn drehte sich wieder halb auf seinem Stuhl zu Sutter um und formte mit den Lippen das Wort Fern . Der Rübenbauer starrte ihn an, noch immer zutiefst verlegen.
    Braethen erhob sich kurz. »Freut mich, dich kennen zu lernen, Mira.« Mira neigte höflich den Kopf. »Aber wohin wird sie uns begleiten?«
    »Ich werde den Ort noch nicht nennen«, entgegnete Vendanji. »Vorerst braucht ihr nur zu wissen, dass wir aufbrechen müssen.«
    Tahn richtete den Blick wieder auf den Fremden. Bei dessen vager Antwort wurde ihm flau im Magen. Was war das für ein Ziel, das man geheim halten musste? Diese Ungewissheit machte ihn nervös.
    Hambley brach das Brot in große Stücke und schob den Holzteller in die Mitte des Tisches. »Teilt erst einmal Brot, liebe Freunde. Es ist fast Zeit zum Abendessen, und außerdem stärkt es den Zusammenhalt, wenn man gemeinsam isst.« Er hob sein Glas und trank es aus.
    Die Männer aßen, doch Mira zog sich in die Schatten an der Wand zurück und beobachtete durch das Fenster die Stra ße. In ihrem dunklen Umhang wirkte sie selbst fast wie ein Schatten. Doch Tahn konnte noch den Umriss ihres Kinns erkennen, der ihre aufrechte, beinahe hoheitsvolle Haltung verriet. Es erinnerte ihn an die Bergkatzen, hinter deren scheinbarer Reglosigkeit die Bereitschaft zum Sprung steckte. In den Gerüchten über die Fern hieß es, sie besäßen die Gabe, sich lautlos und besonders schnell zu bewegen. Dennoch galten die Fern, so man denn an ihre Existenz glauben wollte, als Fremdländer vom Rand des Soliel. Die meisten waren der Ansicht, dass der Soliel lebensfeindlich und unbewohnbar sei. Vielleicht war Fern also nur ihr Nachname und bezeichnete nicht ihre Abstammung.
    »Danke, Hambley. Du erinnerst uns daran, was sich gehört«, sagte Vendanji. Dann holte er das kleine flache Kästchen aus seinem Umhang, das Tahn schon zuvor aufgefallen war, und entnahm ihm einen grünen Zweig. Wieder meinte Tahn, Pfefferminzduft zu riechen. Der Sheson legte sich den Zweig auf die Zunge, kaute oder schluckte aber nicht.
    Tahn musste seine Frage endlich loswerden. »Vendanji, warum sollte es gefährlich für unsere Familien sein, wenn wir ihnen davon erzählen?« Braethen und Sutter hielten gespannt inne.
    Der Mann musterte ihn kurz. »Du stellst eine zentrale Frage, Tahn. Und wir sollten uns ihr zuwenden.« Er wies zur Tür, und einen Augenblick später huschte Mira hinaus. »Die Bar’dyn sind nahe, das hast du ja gehört. Sie sind hier, weil sie ewige Stille im Land verbreiten wollen, damit es verdorrt und vertrocknet und keine Früchte mehr hervorbringt.«
    Tahn hörte aufmerksam zu und suchte in Vendanjis Worten nach der Antwort auf seine Frage. Bilder von dürrer Erde und milchig verschleiertem Himmel standen ihm vor Augen.
    »Und es geht um noch mehr. Deinem eigenen Bericht zufol ge werden die Bar’dyn von einem Lenker begleitet, einem Velle aus dem Born. Wir müssen fortgehen, und zwar heimlich. Wenn ihr das Wissen um alles, was ihr gehört und gesehen habt, mit euren Familien teiltet, würde dieses Wissen selbst die Aufmerksamkeit jener erregen, die alles vernichten wollen. Verstehst du?«
    »Nein.« Tahn verlor allmählich die Geduld. Balatin hatte ihn nicht dazu erzogen, einem anderen blindlings zu folgen. »Ich verstehe gar nichts!« Er senkte die Stimme. »Wenn es Bar’dyn sind und ein Velle, dann müssen wir hierbleiben und unser Zuhause, unsere Familien schützen. Warum verstehst du das nicht?«
    Sutter nickte und zeigte seine Unterstützung, indem er Tahn eine Hand auf den Arm legte. Braethen wartete gespannt auf Vendanjis Antwort. Der Sheson hob nicht die Stimme und ließ sich keinerlei Gefühlsregung anmerken. Ruhig und fest sah er Tahn an und atmete tief durch.
    »Deine Loyalität ist lobenswert. Aber deine Schlussfolgerung ist falsch, weil sie auf einer falschen Prämisse beruht. Womit wir wieder bei deiner Frage wären, weshalb eure

Weitere Kostenlose Bücher