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Das Gift der alten Heimat

Das Gift der alten Heimat

Titel: Das Gift der alten Heimat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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heute Sonntag ist.« Paul schnippte mit den Fingern. »Kriegt er die Wurst halt morgen.«
    Erna sah Paul mit einem Blick an, den er in seiner ganzen Ehe mit ihr noch nicht erlebt hatte. Er spürte, daß das Zusammenleben mit ihr in Gefahr war.
    »Paul«, sagte sie langsam. »Dieser Mann hat es fertiggebracht, am Sonntag morgen in München eine Perlenkette zum Preis von elftausendeinhundertfünfzig Mark für deine Frau zu besorgen. Und du willst es nicht fertigbringen, am Sonntagabend in Rheinstadt von deinem Schützenbruder für diesen Mann eine Bratwurst für sechsfünfzig zu besorgen? Sag mir das nicht!«
    Onkel Johann bekam seine Bratwurst aus der Metzgerei Backes, deren Besitzer allerdings erst von einer Skatpartie weggeholt werden mußte und deshalb verlautbaren ließ, daß auch Schützenbruderschaft nicht überstrapaziert werden dürfe.
    Die zweite Woche begann, seit Johnny Miller in Rheinstadt eingetroffen war, und das veranlaßte ihn, die Verwirklichung dessen in Angriff zu nehmen, wozu er sich entschlossen hatte. In den nächsten Tagen mußte noch allerhand geschehen, denn Johnny wollte seinen Besuch nicht gern über die Frist hinaus ausdehnen, die er brieflich angekündigt hatte.
    Aufmerksam las er die Adressen durch, die er sich in Paul Müllers Büro notiert hatte. Fabrikanten waren darunter, reiche Gutsbesitzer am Niederrhein, Händler mit Riesenvillen und kleinen Gehirnen.
    Ein Gedanke ging ihm durch den Kopf. Er band sich einen Schlips um und nahm den Spazierstock, den er erstanden hatte, in die Hand. So ging er in die Stadt, fragte einen Polizisten nach einer Adresse, die er sich notiert hatte, und stand nach knapp fünfzehn Minuten vor dem Tor einer großen Villa, die träumend in einem Park lag wie ein Dornröschenschloß.
    Auf einem Messingschild stand schlicht ›Hugo Mössle‹.
    Johnny Miller blickte noch einmal in sein Notizbuch. Es stimmte: Hugo Mössle, Wurstfabrik. (Mössle hatte bei Paul Müller eine schmiedeeiserne Lampe bestellt.)
    Miller schellte. Summend sprang das Tor auf. Miller ging auf einem mit Platten ausgelegten Weg bis zur Villa, auf deren Treppe ein Dienstmädchen mit Spitzenhäubchen stand, tief knickste und den ihr zufällig vom Sehen her bekannten amerikanischen Millionär in ihrer Verwirrung gleich in das Rauchzimmer im Erdgeschoß führte. Dann rannte sie ans Haustelefon und rief Hugo Mössle im ersten Stock der Villa an.
    »Herr Miller erwartet … erwartet Sie«, stotterte sie.
    »Was?«
    »Herr Miller ist da und erwartet Sie.«
    »Wo?«
    »In Ihrem Rauchzimmer.«
    »Ach nee«, höhnte Mössle, der ein cholerischer Mensch war. »In meinem Rauchzimmer hockt einer und erwartet mich. Sagen Sie mal, Sie dumme Gans«, begann er zu schreien, »sind Sie nicht auch der Ansicht, daß in meinem Haus ich derjenige bin, der einen zu erwarten hat – und nicht umgekehrt!«
    »Ich meinte ja nur, Herr Mössle, weil das Herr Miller ist.«
    »Was für ein Miller?«
    »Miller.«
    »Wer?« schrie Mössle und starrte entsetzt seine Frau an, die sich frisierte.
    »Miller, der amerikanische Millionär.«
    »Mein Gott, warum sagen Sie das nicht gleich, Sie Schaf!« Hugo Mössle legte den Hörer hin. Seine Frau unterbrach ihr Haarebürsten und schaute erstaunt auf. »Weißt du, wer unten sitzt?« fragte er und zweifelte selbst noch daran.
    »Woher soll ich das wissen.«
    »Mister Miller.«
    »Wer?« Waltraud Mössle schnellte hoch. »Der Milliardär? In unserem Haus? Und da stehst du noch da und guckst dumm? Du weißt doch, wie's um deinen Betrieb steht! Wie du dich seit Monaten um einen Kredit bemühst und keinen bekommst! Aber ich spüre, das ist jetzt die Wende! Verlaß dich auf meinen Instinkt! Vergangene Nacht habe ich auch etwas Ähnliches geträumt, ich wollte dir das nur noch nicht sagen! Hugo, mein neues Kleid! Mein Schmuck!« Sie wandte sich zum Spiegel. »Ist meine Frisur auch gut? Lauf schon runter. Ich kümmere mich um die Getränke und sage in der Küche Bescheid. Beeil dich, Hugo.«
    Johnny Miller war nicht wenig erstaunt, als Hugo Mössle auf der Schwelle des Rauchzimmers erschien und vor Aufregung schwitzte. Was hat der denn? dachte er. Steckt der in Schwierigkeiten?
    In der Einschätzung Johnny Millers gab's instinktiv nur eine Sorte von Schwierigkeiten, in denen ein Geschäftsmann stecken konnte: finanzielle!
    Dann habe ich den ja zum richtigen Zeitpunkt erwischt, um ihn mir zurechtzubiegen, dachte Miller.
    Waltraud Mössle scheuchte ihr Personal in der Küche herum, lief

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