Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gift der alten Heimat

Das Gift der alten Heimat

Titel: Das Gift der alten Heimat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Menge in Deutschland …«
    »Nicht die, die ich meine, Herr Mössle.« Miller begann auf dem Papier zu zeichnen. »Sehen Sie hier: eine Dose mit Plexiglasdeckel. Die Leute kaufen nicht die Katze im Sack, sie sehen den Inhalt …«
    »Auch solche Konserven sind längst auf dem Markt«, sagte Mössle, während Miller eifrig zeichnete.
    »Aber nicht solche, bei denen auch der Boden aus Plexiglas besteht. Verstehen Sie«, entgegnete Miller, »die Leute haben auf beiden Seiten den Inhalt vor Augen. Das ist besonders bei Fleischkonserven äußerst vorteilhaft für den Käufer. Was versteckt sich denn in einer gewöhnlichen Dose immer wieder auf der einen Seite? Eine dicke Schicht Fett! Dem entgeht der Käufer bei Dosen, die mein Neffe und Sie ihm liefern werden.«
    Hugo Mössle war frappiert.
    »Wissen Sie, Mister Miller«, sagte er, »an was ich im Moment denken muß?«
    »An was?«
    »An das berühmte Ei des Kolumbus.« Mössle ließ damit erkennen, daß er nicht nur von Schweinebäuchen und Blutwürsten etwas verstand, sondern auch über einen gewissen Bildungsschatz verfügte.
    »Dieses Ei«, beeilte sich Waldtraud Mössle hinzuzufügen, um selbst auch ein solches Zeugnis wie ihr Gatte abzulegen, »findet in unserem Haus häufige Erwähnung.«
    Johnny Miller blickte sie beide an.
    »Das Projekt leuchtet Ihnen also ein?«
    »Natürlich!«
    »Dann sehe ich schon die Firma ›M & M‹ vor meinen Augen – ›Müller & Mössle‹. Mössle stellt die Wurst und das Fleisch her, Müller macht die Abfüllung. Das Heft in der gemeinsamen Firma wird natürlich mein Neffe in der Hand haben. Ist das klar, Herr Mössle?«
    »Wäre es nicht besser, wenn ich … mit meiner Erfahrung –«
    »Nein!« unterbrach Miller hart.
    »Warum nicht?«
    »Weil immer der das Sagen hat, bei dem das Geld sitzt! Oder?«
    Hugo Mössle schwieg.
    »Überlegen Sie es sich«, sagte Miller, wobei er sich erhob. »Und geben Sie meinem Neffen Bescheid.«
    Da gab's für Hugo Mössle nichts mehr zu überlegen.
    »Noch eine Frage, Mister Miller …«, sagte er.
    »Ja?«
    »Ihr Neffe ist doch in seinem Betrieb für eine solche Produktion gar nicht eingerichtet?«
    Johnny winkte ab. »Das lassen Sie meine Sorge sein.« Er reichte Waltraud, die überrascht war, die Hand. »Auf Wiedersehen, Frau Mössle, es hat mich gefreut, Sie kennenzulernen.«
    »Aber Mister Miller«, stotterte Waltraud, »wir … wir hatten gedacht, daß Sie uns noch zu einem kleinen Imbiß die Ehre geben … ein Schlückchen Champagner … im Salon ist inzwischen sicher schon nach meinen Anordnungen angerichtet, beziehungsweise –«
    »Tut mir leid«, unterbrach Miller so taktlos, wie sich das nur ein Großkapitalist erlauben kann, »keine Zeit mehr! Ich muß noch viel erledigen!«
    Waltraud fühlte sich zwar brüskiert, lächelte jedoch und sagte: »Ich verstehe, Mister Miller.«
    ›Gesiegt!‹ dachte sie im Inneren. Die Freunde werden platzen! Hugo Mössle – die größte Fleischwarenfabrik am Niederrhein! Das modernste Werk! Was heißt ›Mössle & Müller‹? Alle werden wissen, wer von den beiden der Fachmann ist, der Mann, auf den's ankommt! Und ich, die Frau an seiner Seite, werde glänzen!
    Sie sah Miller nach wie einer Erscheinung, während Hugo ihn zum Tor begleitete und sich dort mit tiefen Verbeugungen verabschiedete.
    »Es ist wie im Märchen«, sagte Waltraud, als Hugo zurückkam und sich auf die Zeichnung Millers stürzte. »Endlich erreichen wir das, wovon ich schon geträumt habe, als du noch ein kleiner Metzger warst und ich dir trotzdem mein Jawort gab.«
    »Blöde Kuh!« knurrte Hugo. Er hatte seinerzeit Waltraud, die Verkäuferin im Laden seines Vaters war, geehelicht, weil sie von ihm in anderen Umständen war. Das war damals noch ein unumgänglicher Heiratsgrund gewesen. Zwei Monate später hatte Waltraud eine Fehlgeburt gehabt – zu spät für Hugo!
    Waltrauds jetzige Triumphgefühle sollten sehr rasch kleine Einschränkungen erfahren.
    Frau Barthel rief nämlich plötzlich an.
    »Mister Miller ist bei uns!«
    Dr. Barthel stellte Stahlfedern her.
    Eine Stunde später: Hermine Kämmerich meldete sich am Telefon, um mitzuteilen, daß John Miller mit ihrem Mann zusammensitze. Emil Kämmerich stellte Artikel her, zu deren Ausstattung er Blechknöpfe benötigte, die er bisher von einer Firma in Belgien bezogen hatte.
    Sechsmal läutete an diesem Tage im Hause Mössle noch das Telefon. John Miller schien mit ungeheurer Ausdauer die Rheinstädter Unternehmerschaft

Weitere Kostenlose Bücher