Das Gift der Drachen Drachen3
der Tunnel erneut einen Bogen, in die andere Richtung diesmal, und der Mann hinter mir, der den Drachenmeister schleppte, schrie erleichtert auf. Vor uns schimmerte Licht, und ich roch frische Luft, Vegetation und warme Erde. Ich verkniff mir ein Wimmern und stolperte voran.
Gebückt traten wir aus dem Eingang des Tunnels. Ich ließ die Fackel fallen und sank auf die Knie. Warmer Wind trocknete den Schweiß auf meiner Haut. Drachen schnaubten, Steigbügel klirrten, und Zaumzeug klingelte.
»Ihr seid nur drei!«, blaffte jemand. Stahl fuhr singend aus einer Scheide. »Wurdet ihr verfolgt? Gab es einen Kampf?«
Vor mir tauchte eine Silhouette in dem gleißenden Tageslicht auf, ein Mann, finster blickend und mit einem Schwert in der Hand. Er sah von mir zum Eingang des Tunnels hinter mir.
»Gen ist umgekehrt, um einen Schüler zu holen.« Der Mann neben mir, der den Komikon stützte, hustete und spie aus. »Das Mädchen bestand darauf. Helft mir, der hier ist ohnmächtig geworden.«
Ich blinzelte in das blendende Licht, da ich zusah, wie zwei Männer den Drachenmeister auf einen geflügelten Drachen wuchteten, während ein dritter den Drachen ruhig hielt. Als sie das geschafft hatten, streifte der Mann, der den Komikon durch das Labyrinth getragen hatte, die Robe des Inquisitors ab; darunter trug er Hose und Stiefel. Er hatte Arme so muskulös wie die eines Schmiedes und doppelt so dicke Oberschenkel. Er sah mich an und deutete brüsk mit dem Kinn auf eine gesattelte Drachenkuh. Ich straffte mich und humpelte hinüber.
War sie ein Reittier? Nein, sie roch nicht nach Gift. Also war sie eine Escoa, eine der geflügelten Drachenkühe, die für Malacars Paket-und Brief-Dienst flogen. Allen Escoas wurden ihre Giftsäcke entnommen.
Der Mann, der wie ein Schmied aussah, half mir ziemlich grob in den Sattel. Zwei Drachen auf der anderen Seite meines Reittiers schnaubten und stampften voller Unruhe. Sie waren an einem jungen Baum angebunden, den sie mit einem einzigen Satz hätten entwurzeln können, wenn sie das gewollt hätten.
Ich sah mich von der erhöhten Position im Sattel der Escoa um. In der Ferne erstreckten sich hügelige Obstplantagen bis zum Horizont, eingefasst von einer niedrigen Gebirgskette. Wir befanden uns auf der gegenüberliegenden Seite der Arena, fern von den Tavernen, den Buden der Straßenhändler und der Karawanserei von Fwendar ki Bol, dem Dorf der Eier. Und damit auch weit weg vom Haupteingang der Arena.
Rechts neben uns erhob sich ihre runde Mauer, grau und drohend.
Der Drachenmeister erwachte aus seiner Betäubung und murmelte irgendwelche Obszönitäten, hielt sich aber im Sattel der Escoa, auf die man ihn gehievt hatte. Die drei Männer standen neben seinem Reittier und beobachteten den Eingang des Tunnels. Einer hatte die Hand auf den Griff seines Schwertes gelegt.
»Wir sind zu siebt. Falls Gen mit dem Schüler zurückkehrt«, erklärte der mit dem Schwert grimmig.
Sieben konnten nicht mit den Drachen fliegen. Sechs ja. Aber sieben? Nein.
»Zwei von uns werden mit dem Mädchen und dem Drachenmeister wegfliegen«, erklärte der Schmied langsam, als würde er die Logik seiner Worte überprüfen, während er sie aussprach. »Einer von uns schlägt sich in die Felder und überlässt die dritte Escoa Gen und dem Schüler.«
Der Schwertträger umklammerte den Griff seiner Waffe fester. »Hier wird es sehr bald von Tempelsoldaten nur so wimmeln.«
»Je schneller die beiden übrigen davonfliegen, desto früher können unsere Lockvögel die Soldaten ablenken. Das verbessert Gens Chancen.«
Die drei sahen sich an, als würden sie sich gegenseitig abschätzen.
Schließlich ergriff der dritte Mann das Wort. »Ich denke, ich könnte es bis zu den Obstplantagen schaffen, bevor hier Alarm geschlagen wird.«
Wir blickten zu den Obstgärten in der Ferne. Entweder war er wirklich ein ausgezeichneter Läufer, oder er war ein ziemlicher Optimist. Doch welche Wahl blieb ihm angesichts der Situation schon, als beides zu sein? Der Schmied schlug ihm auf die Schulter, und ohne ein weiteres Wort rannte der Mann los.
Das gedämpfte Trompeten des Drachen erklang hinter den Mauern der Arena. Die Zuschauer antworteten mit einem ozeanischen Brüllen. Ich erschauerte.
»Wie lange warten wir noch?« Der Schwertträger ließ den Tunneleingang nicht aus den Augen.
»Bis Gen zurückkehrt«, sagte ich. Die beiden Männer sahen mich an. Ihre Blicke waren nicht sonderlich wohlwollend. »Er wird
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