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Das Gift des Boesen

Das Gift des Boesen

Titel: Das Gift des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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ist - warum du so lange weg warst!« fordert er mich auf. Hinter ihm sehe ich Philippe. Er scheint die einzige Konstante. Nichts an ihm wirkt verändert.
    »Lange ... weg ...?« echoe ich.
    »Fast einen vollen Monat.«
    Das mag ich nicht glauben. Ich erinnere mich an die Schüsse der Soldaten. An meinen verzweifelten Versuch, ihren Kugeln zu entkommen .
    »Welches Datum haben wir?«
    »Den achtundzwanzigsten Oktober.«
    Neunhundertzweiundachtzigtausendvierhundertundacht, wispert es in mir. Was ist das? Verliere ich meinen Verstand? Wo war ich einen ganzen Monat lang?
    »Philippe hat nach dir gesucht - jeden Tag. Aber immer kehrte er ergebnislos zurück.«
    »Hat er sich ... gut um dich gekümmert?«
    Landru bejaht. Ich bemerke, wie entsetzlich es in dem Zimmer stinkt, und rümpfe die Nase. Er deutet es richtig und zeigt auf den Schrank. »Clio blieb nicht die einzige, die er mir brachte ...«
    Ich verstehe. Mein Blick findet den Lilienkelch. Sein Purpur wärmt und tröstet mich.
    »Hat er dir also doch geholfen«, sage ich.
    Landru schüttelt den Kopf. »Es wich von allein aus mir - ich weiß noch immer nicht, was es war. Aber plötzlich konnte ich wieder frei atmen, mich frei bewegen.«
    »Wann war das?«
    »Erst heute.« Er sieht mich an. »Hast du etwas herausgefunden, was damit zusammenhing? Warst du deshalb so lange fort?«
    Ein Stöhnen rinnt über meine Lippen. »Nein. Nein, ich glaube nicht .« Vorsichtig fahre ich über eine kaum verheilte, stark gerötete Wunde. Es ist nicht die einzige. Mir ist, als müßten mir diese Wunden etwas sagen - aber auch sie wecken keine verschüttete Erinnerung.
    »Vielleicht weiß ich in ein paar Tagen wieder, wo ich war.« Ich hebe die Hand und berühre Landrus Wange. »Hauptsache, wir haben es überstanden - beide. Was immer es war.«
    »Was immer es war«, nickt er. Aber ich erkenne, daß er nicht damit zufrieden ist, im Ungewissen zu bleiben.
    »Philippe sagt«, kehrt er noch einmal zum Thema zurück, »im Fieber hätte ich immer wieder einen Namen genannt - vielleicht sagt er dir etwas, mir ist er völlig fremd.«
    »Wie lautet er?«
    Landru gibt Philippe einen Wink, und dieser sagt: »Racoon. Mein kranker Herr flüsterte immer wieder >Racoon< ...«
    Ich schüttele den Kopf. »Das sagt mir nichts.«
    Tage später verlassen wir Perpignan. Die Herberge, in der wir Unterkunft bezogen hatten, brennt bis auf die Grundmauern ab.
    Wir sind es gewohnt, keine Spuren zu hinterlassen.
    Nur manchmal Tote.
    In Perpignan erinnert sich niemand an Pierre, den Idioten, der mein Vater war. Ich hätte mir die Reise sparen können.
    Die Diebstähle der Kinderleichen haben aufgehört. Der Täter wurde nie gefunden; auch unsere halbherzige Suche verlief im Sand.
    Ich habe die Stadt meiner Geburt danach nie mehr besucht.
    Nie mehr...
    Woran erinnert mich das bloß?
    *
    Gegenwart, Yucatan
    »So hat es sich zugetragen«, schloß Nona.
    »Eine hübsche Geschichte - aber daß er sie dir einimpfte, verrät schon, was davon zu halten ist.«
    »Er impfte sie mir nicht ein. Er hob einfach nur den Schleier.«
    »Du meinst, er sei identisch mit jenem ... Zwerg?«
    »Ich weiß, daß es so ist.«
    Lilith hielt ihr verächtliches Lachen gerade noch zurück. »Du hast mir noch nicht alles gesagt?«
    »Nein. Aber willst du es überhaupt hören?«
    Lilith nickte.
    »Bevor Landru dich hierher in den Urwald lockte«, sagte Nona, »erzählte er mir von seinem Aufenthalt hinter dem Tor im Monte Cargano - und davon, wie er für einige Zeit, einen knappen Monat, in die Vergangenheit versetzt wurde.« Bevor Lilith einen Einwand bringen konnte, fügte Nona in bedeutungsschwangerem Ton hinzu: »Ins Jahr 1635.«
    »Selbst wenn das stimmte, wäre es vermutlich Zufall ...«
    »Nein, kein Zufall«, bestritt die Werwölfin energisch. »Nicht nur das Jahr paßt - auch der Monat, die Tage ... Landru gab es von Ende September bis Ende Oktober 1635 doppelt auf der Welt ... Und das war der Grund, weshalb er in Perpignan hilflos vor sich hin vegetierte, wie ich ihn nie zuvor und nie danach erlebte!«
    »Verrückt.«
    »Für dich mag es sich verrückt anhören, aber für mich ist es der Beweis!«
    Lilith überlegte. »Und warum hat dieser Knabe - Gabriel - mich vor dem Untergang gerettet und dir eine Erinnerung geschenkt, die er dir in anderer Gestalt vor Jahrhunderten nahm? Was ist sein Plan?«
    »Ich wünschte, ich wüßte es. Was mich betrifft, so nannte er es einen >Lohn für künftige Dienste<.«
    Lilith seufzte unbehaglich.

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