Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition)
meine Eltern immer noch gern besitzen würden.
Zu Anfang, als Sarah mich eingeladen hatte, mit in dieses Haus einzuziehen, hatte ich mich so geschmeichelt, so stolz und aufgeregt gefühlt. Gierig trank ich die Erzählungen der Mädels über Kindheitsferien in den Ferienhäusern ihrer Eltern in der Provence in mich hinein. Ich war begeistert, weil ich endlich mit Leuten zusammenwohnte, die tatsächlich irgendwo herkamen: aus großen Häusern in Dörfern mit einer Wiese in der Mitte, nicht aus Häusern, umgeben von Häusern, umgeben von Häusern, umgeben von einer Ringstraße. Jetzt, da ich Biba kennengelernt hatte, Biba mit ihrem verfallenen Großstadtschloss und ihrem chaotischen Glamour, erschienen mir meine Hausgenossinnen unerträglich banal. Ihre Herkunft war überhaupt kein bisschen erstaunlich. Sie kamen nur aus einem anderen Nirgendwo als ich, aus einem Nirgendwo mit mehr Geld und mit Reitstunden. Ich war wütend auf mich selbst, weil mir das nicht schon früher klar geworden war, und ich war wütend auf sie, weil sie nicht Biba waren. Ich ließ meinen Groll an den Schalotten aus und hakte sie feiner, als jede Küchenmaschine es gekonnt hätte. Als die Mädels nach Hause kamen, brachte ich mein übliches Begrüßungslächeln zustande und zeigte ihnen damit, dass nichts passiert war.
» Die alte Rumtreiberin ist wieder da!«, rief Emma und spähte in meinen Topf. » Das sieht toll aus!«
Claire warf einen Blick auf ihren konkaven Bauch. » Für mich bitte ohne Parmesan. Danke, Süße.«
Sarah stellte vier Weingläser auf den Tisch.
» Warum nicht auch ein Gläschen Vino zum Essen heute Abend, zur Feier des Tages«, meinte sie.
Mir wurde klar, dass sie heute ihre letzten Prüfungen absolviert hatten, und sofort dachte ich an die Party, die ich mit den Capels feiern würde, wenn ich meine ebenfalls hinter mir hätte.
» Wie ist es gelaufen?« Ich schüttete Risottoreis in den Topf und trat zurück, als mir eine butterige Dampfwolke ins Gesicht schlug.
» Keine Ahnung«, sagte Emma. » Hat auch keinen Sinn, sich jetzt darüber Sorgen zu machen. Außerdem bin ich mehr daran interessiert, von deinem neuen Mann zu hören.« Sie schnippte mir mit einem Küchentuch ans Bein, und ich wandte mich achselzuckend ab und kümmerte mich um meinen Topf, damit sie nicht sah, dass ich rot geworden war.
Beim Essen trank ich schneller als alle anderen. Es war ein guter Wein, hell und leicht, und er passte perfekt zum Risotto, aber ich konnte ihn nicht genießen. Ich hatte mir bereits angewöhnt, den Wein in mich hineinzuschütten, wenn ich mit Biba zusammen war– nicht nur, um mit ihr Schritt zu halten, sondern auch, um das Adrenalin einzudämmen, das sie mir injizierte. Jetzt löste das schnelle Trinken eine Anspannung anderer Art, nämlich die Anspannung der Langeweile, der Abneigung und dieser seltsamen Energie im Haus, die mit dem letzten Examen hätte versiegen müssen. Ich betrachtete meine alten Freundinnen, als wären sie Fremde, und auch sie sahen mich mit ganz neuen Augen an, sodass ich mich unwillkürlich fragte, ob ich so albern und aufgekratzt aussah, wie ich mich fühlte. Nach dem ersten Glas war ich entspannt genug, um das Schweigen am Tisch zu brechen.
» Und?«, sagte ich und kippte meinen Wein ein bisschen zu schnell hinunter. Mir war bewusst, dass mir ein Rinnsal am Kinn herunterlief. » Wozu brauchen wir eine Hausbesprechung? Ist alles okay?« Ich redete sie alle drei gleichzeitig an. Irgendwie wusste ich, dass dies keine Besprechung, sondern eher eine Befragung werden sollte und dass die drei einen Ausschuss bildeten, der mehr über das Ergebnis wusste als ich.
» Wir haben uns nur gefragt«, sagte Sarah, » was du für diesen Sommer geplant hast, Karen.«
Da ich nicht wusste, was sie vorhatten, gab es keinen Grund, ihnen nicht ehrlich zu antworten.
» Oh. Ich weiß es noch nicht. Ich werde dieses Jahr nicht verreisen, glaube ich.«– Ich kann sie nicht verlassen.– » Ich muss in der Nähe des Colleges bleiben, bis ich meine Resultate habe, und dann werde ich wahrscheinlich ein Promotionsstipendium beantragen. Äh… ein bisschen Arbeitserfahrung sammeln…? Ich habe mich eigentlich noch nicht entschieden.«
» Die Sache ist die…« Sarah schaute in ihren Schoß hinunter. » Die Sache ist die, dass Dad in ein Château in der Nähe von Perpignan investiert hat, und da können wir im Weinberg arbeiten. Sozusagen ein Mini-Jahr zwischen Studium und richtigem Beruf. Und er hat Claire und Emma und
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