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Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition)

Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition)

Titel: Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Kelly
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Wirklich?«
    » Yep. Ich glaube auch, es ist am besten so. Ich nehme an, die Mädels wissen Bescheid?«
    Simon nickte. » Ich habe gesagt, ich wollte ein ernsthaftes Gespräch mit dir führen, und sie… Ich dachte, sie sollten… nur für den Fall, dass du…«
    Wahrscheinlich saßen die drei immer noch vor dem Standbild und warteten beklommen auf mein Jammergeheul. Vielleicht schauten sie auch hoch und warteten darauf, dass Simon in einer Wolke von Putz und Schutt durch die Decke brach und mein verzweifelt klagendes Gesicht in dem zerklüfteten Loch über ihnen erschien. Ich hatte keine Lust, mir das Gespräch vorzustellen, in dem mein Freund ihnen erzählt hatte, dass er vorhabe, mich abzuservieren. Also blendete ich es aus meinen Gedanken aus. Das konnte ich mit Dingen, an die ich nicht denken wollte. Es war, als klappte ich ein Buch zu.
    » Willst du nicht wissen, warum?«, fragte er. Ich hatte eine ziemlich gute Vorstellung von dem Grund, der jetzt die Gestalt seiner Mutter annahm. Haare wie ein Helm aus Locken, ein Finger, der vorwärtsstach wie eine Lanze. » Nicht die richtige Sorte… ein nettes Mädchen, solange du an der Universität bist, aber du musst jetzt anfangen, an den Rest deines Lebens zu denken, Simon… Dinge, auf die es nicht ankommt, solange man jung ist, werden wichtig, wenn man in die wirkliche Welt eintritt… Ich weiß, sie ist gescheit, aber der Reiz des Neuen wird verfliegen. Sie wird arbeiten wollen, weißt du… Und diese Eltern mit ihrer Mundart…«
    » Eigentlich nicht«, sagte ich. Simon sah verärgert aus. Ich erkannte, dass er sich eine Rede zurechtgelegt hatte, die mir zu einer sanften Landung verhelfen sollte, und mit Genuss versagte ich ihm die Gelegenheit, sie zu halten.
    » Ich glaube, du solltest jetzt gehen«, sagte ich und stand auf. Das taube Kribbeln in meinen Beinen hatte sich gelegt, und ein Gefühl der Leichtigkeit durchdrang meinen Körper. » Sag den Mädels, ich bleibe noch ein bisschen hier oben.«
    Ich strich die Kerbe glatt, die seine Beine auf meinem Oberbett hinterlassen hatten. Ein dickes, schwarzes Haar von seinem Kopf lag auf meinem Kissen. Ich nahm es zwischen Daumen und Zeigefinger und ließ es in den Papierkorb neben meinem Bett fallen. Ich schob das John-Lennon-Buch wieder ins Regal und suchte mein Zimmer nach anderen Spuren seiner Anwesenheit ab. Da war nur ein gerahmtes Foto, und ich hatte keine Lust, es jetzt von der Wand zu nehmen. Seine Stimme, die er nie zu einem wirklichen Flüstern dämpfen konnte, vibrierte leise durch den Spalt unter der Tür, als er mit meinen Freundinnen sprach. Seit wann waren sie seine Vertrauten?
    Ich setzte mich auf mein Bett und wartete auf die Tränen. Aber ich konnte nicht mehr als ein paar Tropfen aus meinen Augen hervorlocken, nicht einmal als ich in den Spiegel schaute und mich angestrengt bemühte, mir leidzutun. Mein Spiegelbild schaute mich mit ansteckendem Lächeln an. Anstelle von Trauer oder Schmerz empfand ich nur Freiheit und Erlösung.
    In dieser Nacht konnte ich nicht schlafen. Ich hatte nicht gewusst, dass man so hellwach sein konnte, so lebendig und voller Möglichkeiten, klar und leuchtend. Ich dachte nur an all das, was ich jetzt tun konnte, frei von den Fesseln einer Beziehung. Ich konnte mir den Schädel rasieren. Meine ganzen Ersparnisse für ein Ticket nach China ausgeben und Mandarin lernen. Einen Job in einem Nightclub finden. Es war an der Zeit, dass ich mich zum zweiten Mal neu erfand. Ich hatte das Gefühl, die vier Jahre an der Universität praktisch schlafwandelnd verbracht zu haben, und ich hatte nur noch einen Sommer Zeit, um das Ruder herumzureißen.
    Das ist das Dumme am Schlafwandeln. Man kann völlig gefahrlos gehen, essen, sich unterhalten, sogar Auto fahren. Gefährlich wird es nur, wenn man zu schnell aufwacht.

DREI
    M anchmal frage ich mich, ob ich an diesem Tag wie ein Küken war, das aus dem Ei schlüpft und das erste Geschöpf, das es sieht, für seine Mutter hält. Hätte ich mich an jeden gehängt, der mir die Hand der Freundschaft gereicht hätte? Vielleicht. Aber ich bezweifle, dass es mich in jedem Fall so heftig erwischt hätte. Ich begegnete ihr am Nachmittag, und am Abend hatte sich alles verändert. Sie war den ganzen Vormittag über im selben Gebäude wie ich, nur ein paar Räume und Stockwerke entfernt, aber ich spürte kein elektrisches Knistern, keine Ströme von Energie. Das einzig Veränderte an der Atmosphäre im Queen Charlotte’s College war die

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