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Das gläserne Paradies

Das gläserne Paradies

Titel: Das gläserne Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Hosentaschen, atmeten dann einmal tief durch und schoben schließlich den schweren dunkelblauen Samtvorhang, der sie als einziges noch von dieser neuen, fremden Welt trennte, zur Seite.
    Die beiden Männer hatten in der schummrigen Dunkelheit Mühe, zwei freie Stühle zu finden. Also quetschten sie sich vorne links vor der Bühne an einen Tisch, der eigentlich schon besetzt war. Sie saßen kaum, als jeder von ihnen eine junge Frau auf dem Schoß hatte, die Röcke hochgerutscht, das Dekolleté entblößt, ein breites Grinsen im Gesicht. Etwas befremdlich fand Benno die Tatsache, daß seine Herzensdame ständig die Nase hochzog. Wie der Garderobier … Ob hier in diesem Haus wohl eineansteckende Grippe grassiert? hatte Benno seinem Cousin besorgt zugeraunt. Woraufhin dieser lachend antwortete, daß für die empfindlichen Näschen wohl eher ein ganz bestimmtes weißes Pulver zuständig sei.
    Sekt für alle! rief Benno, der nach dieser Bemerkung genauso schlau war wie zuvor. Erst viel später begriff Benno, was Gottfried gemeint hatte.
    Keiner von beiden war sonderlich enttäuscht, als ihnen das große Spektakel – die Münzaufnahme der besonderen Art – vorenthalten blieb, zu vielfältig waren die anderen Eindrücke dieser Nacht. Am nachhaltigsten war jedoch der, daß außer Tante Elses Erbe weitere hundert Reichsmark für Spesen aller Art draufgegangen waren.
    Auf der gesamten Heimfahrt mußte er deshalb nicht nur seinen Kater kurieren, sondern auch darüber nachdenken, wie er Monika den Verlust von so viel Geld erklären sollte. Getreu dem Motto »Reden ist Silber, Schweigen ist Gold« entschied er sich am Ende für letzteres und sagte ihr gar nichts.

    Vor diesem Hintergrund war es in Bennos Augen kein Wunder, daß er eine Weile gebraucht hatte, um darauf zu kommen, daß der Garderobier der »Blauen Eule« derselbe Mann war, der den Glasbläsern im »Schwarzen Adler« die gefälschten Aktien verkauft hatte. Es war das Schniefen gewesen, das ihm letztendlich die richtige Erinnerung gebracht hatte. Auch der Aktienhändler hatte ständig seine Nase hochgezogen, Benno hatte noch schmunzelnd bei sich gedacht, ob sich der Mann wohl von seiner Provision eine Prise Kokain leisten würde. Aber erst viel später war ihm die Erkenntnis gekommen. Der Aktienhändler war in Wirklichkeit nur ein Garderobier? Unfaßbar! Benno hatte einige Zeit gebraucht, um diesen Schock zu verdauen.
    Als er sich schließlich zu Johanna Steinmann aufmachte, wußte er bereits seit einiger Zeit Bescheid. Und genausolange hatte er vor lauter schlechtem Gewissen nachts kaum mehr ein Auge zugetan. Aber mit wem hätte er auch sprechen sollen? Wem hätte seine Information geholfen?
    Nachdem Johannes ihm dann von den Nachforschungen erzählt hatte, die seine Mutter und ein paar andere anstellten, war er regelrecht erleichtert gewesen. Nun hatte er einen Ansprechpartner! Ohne sich um Monikas Gezeter zu kümmern, hatte er seine Schürze abgebunden und war zum Hause Steinmann aufgebrochen.
    Als er dort erfuhr, daß die anderen Friedhelm Strobel verdächtigten, maßgeblich an dem Betrug beteiligt gewesen zu sein, hatte Benno fast der Schlag getroffen. Vor diesem Hintergrund war seine Aussage ja geradezu spektakulär!
    Selbstverständlich werde er die anderen nach Berlin begleiten! hatte er gerufen. Er würde helfen, wo es ging.

    Die Chancen, den Garderobier wiederzutreffen, waren natürlich äußerst gering – darüber machte sich keiner der Reisenden große Illusionen. Die erste Frage war, ob es den Nachtclub »Blaue Eule« überhaupt noch gab. Solche Etablissements waren der Mode unterworfen: Heute frequentierten die Gäste diese Bar, morgen konnte es eine völlig andere sein. Heute war dieser Stadtteil en mode , morgen ein völlig anderer.
    Karl und Christoph hatten genickt, als Benno seine Ausführungen von sich gab. Moden – damit kannten sie sich aus. Waren sie als Glasbläser solchen Moden nicht schon seit jeher unterworfen? Gleichzeitig wußten sie, daß sich Qualität allen Moden zum Trotz durchsetzte. Solltedie »Blaue Eule« also wirklich hochwertige Kleinkunst auf der Bühne bieten, stand die Chance gar nicht so schlecht, daß diese Bar noch existierte.
    Qualität, hochwertige Kleinkunst auf der Bühne – Benno wurde ganz bange zumute.

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