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Das gläserne Paradies

Das gläserne Paradies

Titel: Das gläserne Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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die Frau am Handgelenk. Sie schrie leise auf.
    Â»Diebin! Was glaubst du Hurenstück dir erlauben zu können?« Ruckartig riß er ihr sein Portemonnaie aus der Hand, schob es wieder in seine Hosentasche.
    Ganz offen schauten die Gäste inzwischen zu ihnen herüber, nicht sicher, ob das Schauspiel, das ihnen geboten wurde, zum Programm gehörte oder eine kleine Eskapade am Rande und dafür um so amüsanter war.
    Â»Ich wollte nicht … Ich flehe Sie an, sagen Sie Santiago nichts davon! Bitte, ich …« Die Worte stürzten nur so aus dem Mund der jungen Frau. »Bestimmt können wir dieses … Mißverständnis auch auf andere Art klären!«
    Strobel dachte kurz nach. Dann schaute er mit einem spöttischen Lächeln in die Runde. »Ist sie nicht wirklich eine Diebin? Stiehlt sie uns nicht den letzten Rest Contenance?«
    Die Leute an den umstehenden Tischen lachten und wandten sich wieder ihren Angelegenheiten zu.
    Â»Raus mit dir, du Miststück!« raunte Strobel leise. Die Tänzerin noch immer am Handgelenk festhaltend, schob er sie in Richtung Ausgang. Santiago, der ihn über die Theke hinweg fragend anschaute, rief er zu: »Du hast doch nichts dagegen …« Der Wirt zuckte mit den Schultern.
    Sie hatten sich gerade durch den schweren Samtvorhang geschoben, als ein Mann, der Garderobier, auf sie zustürzte.
    Â»Klara! Claire, Liebes! Was ist denn los …«
    Â»Das ist mein Ehemann«, murmelte die Tänzerin und sackte in sich zusammen.
    Strobel musterte den Mann vom Kopf bis zu den Schuhen.
    Â»Hat sie etwa … Oje! O nein! Verehrter Herr, ich flehe Sie an –«
    Strobel hob die Hand. Er wollte kein Gejammer hören. Er brauchte einen Moment lang Ruhe. Mußte nachdenken. Mußte das Glück verstehen, das ihm so abrupt auf den Schoß gesprungen war.
    Der Garderobier ergriff Strobels Arm, drückte ihn.
    Â»Bitte! Verehrter Herr! Ich weiß nicht, was im Saal vorgefallen ist. Aber alles läßt sich regeln – unter uns –, verstehen Sie?«
    Strobel nickte bedächtig. Schaute sich nochmals die Frau, dann den Mann an.
    Â»Ja …«, sagte er gedehnt. »Das läßt es sich bestimmt.«

31. K APITEL
    Während Strobel in Berlin weilte und Wanda den Lauschaern mittels Regenschirmen und Gasbrennern die Welt der Börse erklärte, war David Wagner auf der Suche nach einer Firma ähnlich denen aus Wandas Geschichten. Fündig wurde er nicht. Nicht, weil es ihm an Fleiß fehlte. Auch nicht, weil es ihm an Phantasie gemangelt hätte. Oh, er schaute sich sehr wohl auch unter den Regenschirmherstellern und Schmierseifeproduzenten um!
    Allmorgendlich lief er zu Alois Sawatzky, schleppte Arme voller Zeitungen ins Büro – endlich mußte er mit dem Lesen nicht mehr bis zum Feierabend warten, sondern durfte dies hochoffiziell an seinem Schreibtisch tun.
    Die Berliner Zeitung und Handelsblatt .
    Die Frankfurter Nachrichten .
    Die Frankfurter Zeitung und Handelsblatt .
    Ja, er war sogar dazu übergegangen, The Illustrated London News zu lesen, was angesichts seiner äußerst mageren Englischkenntnisse mehr als beschwerlich war. Aber da Sawatzky ihm das Blatt umsonst obendrauf legte, quälte er sich eben auch damit herum. Genauso wie mit der Fackel , für deren Plauderton er nicht viel übrighatte. Oder mit dem Berliner Volksblatt Vorwärts , das auch nicht ganz seinem Geschmack entsprach. Aber Nachrichten waren Nachrichten, ganz gleich, aus welcher Feder sie flossen.
    Seit Gerhard Grosse ihm erlaubt hatte, sich des Lauschaer Anliegens anzunehmen, nahm er sich täglich eine Stunde Zeit für seine Lektüre, danach mußte er sich schweren Herzens seinem üblichen Tagesgeschäft widmen.
    Eine Stunde Zeit dafür, ein Wunder zu bewirken. EineStunde Zeit, sich groß und wichtig zu fühlen. Oder auch das Gegenteil davon.
    Denn selbst wenn er Tag und Nacht in den Zeitschriften, Börsenberichten und Wirtschaftsseiten geschmökert hätte: Keinem einzigen Unternehmen wurde von den Wirtschaftsexperten eine solch erfolgversprechende Zukunft vorhergesagt, wie Wanda sie in ihren Erläuterungen ausgemalt hatte.
    Wie ein gefangenes Raubtier begann David zwischen seinem Schreibtisch und dem Aktenschrank hin- und her zu tigern.
    Was zum Teufel übersah er?
    Warum wollte ihm der ganz große Coup nicht gelingen?
    Oder war es vermessen,

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