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Das gläserne Paradies

Das gläserne Paradies

Titel: Das gläserne Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Frauen beruflich ihren eigenen Weg gingen! Johanna hatte er jedenfalls immer viel Bewunderung entgegengebracht, und auch vor Annas Arbeiten hatte er großen Respekt. Und warum kam er zu ihr, Anna, suchte ihren Rat, wenn er sich doch eine »Einmischung« verbat? Warum war er nicht zu Thomas Heimer gegangen? Die beiden teilten sich doch sozusagen die Heimersche Werkstatt! So viele Fragen …
    Wanda hatte in der Zwischenzeit offenbar das Gespräch mit ihrer Mutter beendet. Ihre Stimme klang nun irgendwie anders, geradezu unsicher. Das war für Wanda eigentlich untypisch. Vermutlich war ihr Stiefvater am anderen Ende der Leitung.
    Â»Eine Bremer Reederei – verstehst du? Aktienkäufe, die – ach, das ist jetzt alles viel zu kompliziert zu erklären«, rief sie mit leicht zitternder Stimme in den Apparat. »Verflixt, gerade jetzt muß die Leitung so gestört sein!«
    Die »Stückchen« in der Hand und Wandas Geschrei im Ohr, gelang es Anna nicht, das Knäuel an Fragen in ihrem Kopf zu entwirren.
    Â»Informationen … Baumwollplantage in Mississippi namens … Wirklich? Die kennst du? Und was sagst – Vater! Daddy! Hallo, Steven, hallo!«
    Anna lächelte schadenfroh. Was für ein Pech, daß gerade jetzt bei Wandas ach so vertraulichem Gespräch die Leitung fast zusammenbrach …
    Â»Dir gehören Aktien dieser Plantage? Und die sind derzeit wirklich dabei … Ja, genau – der Rahmenvertrag! Dem Himmel sei Dank, dann haben unsere Informationen wirklich Hand und Fuß. Ach, Vater, du glaubst ja nicht, was für ein Stein mir vom Herzen fällt!«
    Wanda lachte so laut und hysterisch auf, daß selbst Johannes einen schrägen Blick in Richtung Hausflur warf. Verärgert schaute Anna von ihm zu den anderen – niemand war mehr richtig bei der Sache. Wunderbar, da hatte Wanda es wieder einmal geschafft, Unordnung in ihrer aller Leben zu bringen!
    Als Wanda kurze Zeit später wieder in der Werkstatt auftauchte, war nicht nur ihre Nase gerötet, sondern auch ihre Wangen trugen hektische rote Flecken, und ihre Augen funkelten.
    Â»Puh, was war das wieder für eine schlechte Telefonverbindung!« stöhnte sie. Anna reagierte nicht auf ihre Worte. Was hätte sie auch sagen sollen? Konnte Wanda nicht endlich wieder gehen? Statt dessen kam sie nun auch noch zu ihr herüber und schaute ihr über die Schulter.
    Â»Du bist wirklich eine tolle Glasbläserin«, sagte sie. »Was du mit deiner Hände Arbeit alles leistest!« Sie nickte in Richtung des Kartons, in dem die vorbereiteten Rohlinge lagen. »Wenn Marie dich so sehen könnte …«
    Marie – die hatte doch auch nur Augen für ihre eigenen Arbeiten gehabt, ging es Anna durch den Kopf. Wie oft war sie mit einem neuen Entwurf, einer Idee oder einem Musterteil zu ihrer Tante gegangen, nur um zu hören, daß Marie keine Zeit für sie hatte. Weil sie selbst in anderen Sphären schwebte. In für Anna unerreichbaren Sphären – es konnte schließlich nur eine Marie geben. Nur eine , die man »die Glasbläserin« nannte.
    Plötzlich war alles zuviel für Anna. Der Ärger am Morgen, die Sorge, den Anforderungen der Werkstatt vielleicht doch nicht gewachsen zu sein, die vielen Fragen in ihrem Kopf … Und dazu noch die Tatsache, daß sie einfach nicht wußte, woran sie bei Richard war.
    Sie rutschte derart abrupt mit ihrem Schemel vom Bolg zurück, daß es ein lautes Geräusch gab, und drehte sich zu Wanda um.
    Â»Was weißt du schon von der Hände Arbeit? Du, die du noch keinen Tag im Leben gearbeitet hast«, fuhr sie die Cousine an. »Kommst hier hereinspaziert, hältst andere Leute von der Arbeit ab, telefonierst auf unsere Kosten, bringst alles durcheinander – und merkst es nicht einmal!« Ihre Stimme war ganz schrill geworden, sie konnte nichts dagegen tun. »Deine Komplimente kannst du dir sparen. Mit denen erreichst du bei mir nichts!« Anna verschränkte die Arme vor der Brust, um ihr Zittern zu verbergen.
    Â»Und überhaupt – seit du in Lauscha angekommen bist, hast du nichts als Unheil und Ärger über uns gebracht! Wenn du nicht gekommen wärst, wären Richard und ichsicher schon ein Paar! Aber nein, mir mußtest du den Mann nehmen, und von Marie hast du das Kind –« Sie hörte, wie Wanda erschrocken die Luft

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