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Das gläserne Paradies

Das gläserne Paradies

Titel: Das gläserne Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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einzog. Sie sah aus dem Augenwinkel, daß Johannes vor Schreck fast vom Schemel fiel. Es war ihr egal. Einer mußte der Amerikanerin schließlich einmal die Meinung sagen.
    Â»Und nun nimmst du auch noch das Geld fremder Leute an dich und verplemperst es mit irgendwelchen dubiosen Aktiengeschäften! Hat man so was schon gehört? Nichts, aber auch gar nichts von dem, was du besitzt, hast du dir selbst erarbeitet. Du bist eine Diebin, lebst auf unsere Kosten, lachst auf unsere Kosten. Du bist …« – hektisch fuchtelte Anna mit den Händen in der Luft herum, als wolle sie den passenden Ausdruck einfangen – »du bist … eine Schmarotzerin. Du bist … einfach schrecklich!«

    Am alten Hüttenplatz warteten Karl der Schweizer Flein, Gustav und Martin Ehrenpreis auf Wanda.
    Â»Und? Hast du deinen Vater erreicht?«
    Â»Was hat er gesagt?«
    Â»Kennt Steven Miles diese Baumwollplantage? Hat die Firma einen guten Namen?«
    Â»Die Schiffe! Sind sie schon in Amerika angekommen?«
    Â»Weiß er mehr –«
    Wanda schaute die drei Männer an, als sehe sie sie zum ersten Mal. Daß sie diesen Treffpunkt zuvor vereinbar hatten, hatte sie völlig vergessen.
    Fluchtartig hatte sie die Werkstatt verlassen. War gerannt, den steilen Berg hinauf, ohne Rücksicht auf ihre zu hohen, engen Schuhe, ohne Rücksicht auf ihre zugeschwollene Nase, ohne sich um die seltsamen Blicke zu kümmern, die ihr die Leute zuwarfen. Doch vor AnnasBoshaftigkeit gab es kein Entrinnen. Mit jedem Schritt dröhnten ihre Beschuldigungen lauter in Wandas Ohr.
    Du lebst auf unsere Kosten.
    Du bist eine Diebin.
    Du bringst nur Unheil.
    Wie Kakerlaken krochen die Worte durch Wandas Kopf, und der Ekel schnürte ihre Kehle zu.
    Â»Wanda! Mensch, Mädchen, nun sag doch was!«
    Karls fester Griff an ihrem Arm schreckte sie auf. Sie räusperte sich.
    Was wollten die Männer von ihr?
    Knacken in ihrem Ohr … die gestörte Telefonleitung … Mutter, die wollte, daß sie »nach Hause« kam. Steven … Baumwolle … Schiffe … Richard …
    Was hatte er von Anna gewollt?
    Die Gedanken verschwammen in Wandas Kopf. Er pochte, als säße ein kleines Männlein mit einem Hammer darin und schlüge ihr rhythmisch gegen die Schläfe. Sie schluckte. Fuhr mit der Hand über die Stirn, als wolle sie die Kakerlaken vertreiben. Und das Männchen mit dem Hammer. Stell dich nicht so an! schalt sie sich. Anna ist nur ein dummes Ding! Sie weiß gar nicht, wie böse und verletzend ihre Worte waren. Sie ist eifersüchtig. Ist es schon immer gewesen. Wegen Richard.
    Wanda holte Luft. »Alles … ist in Ordnung.« Jetzt war nicht der Zeitpunkt, um über Richard nachzudenken. Oder über Anna. Sie atmete noch einmal tief durch, versuchte sich an einem zuversichtlichen Lächeln. »Mein Vater ist sogar selbst Besitzer eines großen Aktienpakets der besagten Baumwollplantage. Er hat sämtliche Informationen von David Wagner bestätigt …«
    Â»Aber … Aber das ist ja großartig! Kind Gottes, warum guckst du denn dann so belämmert?« Karl und Martinlachten. Beide guckten sich an, schlugen sich auf die Schultern. Wanda blinzelte. Lachte nicht mit. Konnte es nicht.
    Du lachst auf unsere Kosten. Du bist eine Schmarotzerin.

36. K APITEL
    Am nächsten Tag saß Wanda erneut im Zug nach Sonneberg und kurze Zeit später bei David Wagner in der Bank.
    Die Lauschaer würden sich auf das Geschäft einlassen, er solle einen Termin mit dem Berliner Aktienhändler vereinbaren, sagte sie.
    Als David Wagner hörte, daß Wanda seine Informationen hinterfragt hatte, war er nicht etwa eingeschnappt, sondern begeistert. Er bewunderte Wanda für die Idee, ihren Stiefvater anzurufen, und sagte ihr das auch. Es hätte nicht viel gefehlt, und er wäre aufgestanden, um den Schreibtisch gelaufen und hätte sie geküßt. Einfach so. Weil alles gut war. Statt dessen blieb er sitzen und strahlte übers ganze Gesicht. Daß Wanda nicht darauf reagierte, entging ihm nicht. Ihre Teilnahmslosigkeit angesichts des Riesencoups, den einzufädeln sie im Begriff waren, war ihm ein Rätsel. Lag es daran, daß sie kränkelte? Oder bekam sie etwa Angst vor der eigenen Courage? Geldgeschäfte waren wohl doch Männersache … Einen Moment lang spielte er mit dem Gedanken, sie auf

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