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Das gläserne Tor

Titel: Das gläserne Tor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Wassermann
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ist.«
    »Der heilige Mann? Schelgiur, hilf mir auf die Sprünge.«
    »Der abtrünnige Inar-Priester, der am Fuß des Hyregor in einer Hütte haust. Man sagt, er wüsste einiges über die Götter, wie sie die Welt verließen und vor allem wo. Obwohl ich Letzteres ja nicht glaube.«

    Anschar hatte Mühe, die Worte zu begreifen. Offenbar sprach Schelgiur von dem zerlumpten Einsiedler, der ab und zu in der Stadt auftauchte. Und der sollte etwas über das Tor wissen? Nun ja. Falls dem so war, dann war Grazia wohl bald fort. Die Erkenntnis versetzte ihm einen schmerzhaften Stich, doch dann besann er sich auf etwas anderes. Empört ließ er den Krug so fest auf den Tisch knallen, dass das Bier herausschwappte. »Dafür würde ich ihr am liebsten jedes einzelne ihrer roten Haare ausreißen! Henon hier allein herumklettern zu lassen! Was fällt ihr ein?«
    »Ereifere dich nicht so, he? Er gehört jetzt ihr.«
    »Mag sein. Aber das darf sie ihm nicht zumuten.«
    »Was soll denn passieren? Dass er draußen auf den Treppen den Halt verliert und abstürzt? Oder von Betrunkenen verprügelt wird?«
    »Ja, zum Beispiel! Ich will das nicht.«
    »Er gehört nicht mehr dir«, wiederholte Schelgiur ruhig. »Und deine Sorge um ihn war schon immer übertrieben.«
    Anschar konnte daraufhin nur nicken. Der Wirt hatte recht, es ging ihn nichts mehr an, so unangenehm sich das auch anfühlte. »Sag ihm wenigstens, er soll aufpassen. Und sag ihm, dass … dass …«
    »Ja?«
    Verdrossen starrte Anschar in den Becher, trank noch ein wenig und schob ihn dann von sich. So gut es ihm schmeckte, jetzt vor dem Zweikampf musste er sich zurückhalten. »Ich weiß nicht«, fuhr er unschlüssig fort. »Es wäre die Gelegenheit, für sie etwas auszurichten. Und mir fällt nichts ein.«
    »Gar nichts?« Schelgiur grinste und verschränkte die Arme. »Sag mal, mein Lieber, wie sieht es in Mallayurs Haus eigentlich mit gewissen körperlichen Bedürfnissen aus? Schlecht, nehme ich an, oder?«
    »Ihr Götter, Schelgiur. Wie kommst du jetzt darauf?«

    »Das kannst du dir wirklich nicht denken?«
    »Seit wann hüpfst du bei diesem Thema um fünf Ecken? Was willst du mir sagen?«
    »Du brauchst dringend eine Frau unter dir, das will ich damit sagen. Du scheinst dich nach der rothaarigen Nihaye zu sehnen, über die die ganze Stadt spricht, aber sie ist weit weg.«
    »Sie ist keine Nihaye.«
    »Was weiß ich. Du kriegst sie jedenfalls nie, und das weißt du. Finde dich damit ab und pack dir endlich wieder eine, die erreichbar ist.«
    »Ach, Schelgiur. Du hast ja keine Vorstellung davon, wie mir inzwischen der Schwanz eingeschrumpft ist. Der ist eigentlich gar nicht mehr vorhanden. Bevor ich in die Wüste ging, hätte ich mir das auch nicht träumen lassen. Enthaltsamkeit ist eine durchaus interessante Erfahrung, das würde ich dir auch empfehlen.«
    Schelgiur schnaubte gleichermaßen entsetzt wie erschrocken.
    »Und nun«, redete Anschar unverhohlen weiter, »ja, und nun sitze ich immer noch auf dem Trockenen. In Gefangenschaft reizt einen so schnell nichts. Wüstenhündinnen bekäme ich reichlich, aber die will ich nicht. Huren kann ich nicht bezahlen. Irgendeine Argadin zu überreden, dazu fehlt mir die Gelegenheit. Davon abgesehen ist es anders als früher.«
    »Was ist anders?« Schelgiur hing mit einem Mal förmlich an seinen Lippen.
    »Wie du weißt, bin ich früher auf jede Frau zugegangen, die ich wollte. Manchmal wurde ich abgewiesen, wenn eine fand, dass mein Status als einer der Zehn die Tatsache, ein Sklave zu sein, nicht überwog. Aber das machte mir nichts aus, ich habe es eben bei einer anderen probiert, ganz unbefangen.
Nun hat sich äußerlich an mir nichts verändert. Ich trage die Tätowierung, ich trage den Sklavenohrring. Wie vorher auch. Aber ich schäme mich plötzlich zu Tode. Dem Meya zu gehören oder Mallayur – das sind zwei ganz unterschiedliche Dinge. Verstehst du?«
    »Ich glaube schon. Aber, meine Güte, dem lässt sich doch abhelfen. Es gibt hier ein paar Huren, die mir einen Gefallen schulden, und denen sage ich …«
    »Nein!« Fast wäre Anschar hochgeschnellt und hätte ihn angeschrien, aber dann besann er sich. »Mitleidige Huren, das fehlte mir noch. Da bekäme ich ja gar nichts zustande.«
    »Kann es sein, dass dein eigentliches Problem das Rothaar ist, das in deinem Kopf nistet?«
    Anschar legte das Gesicht in die aufgestützten Hände und gab ein erschöpftes Knurren von sich. »Ja, kann sein.«
    »Dann solltest du

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