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Das gläserne Tor

Titel: Das gläserne Tor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Wassermann
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Sandalen ausziehen«, sagte er, als er fertig war.
    Anschar war danach, ihm an die Kehle zu gehen, und das stand ihm wohl auch deutlich ins Gesicht geschrieben, denn Egnasch wich zurück.
    »Ist nicht meine Idee, ja? Also halte dich zurück, Sklave.«
    »Natürlich ist es nicht deine Idee. Was hast du schon zu sagen? Geh, lass uns allein. Die Luft atmet sich ohne dich wesentlich leichter.«
    Der Aufseher bleckte vor Wut die Zähne, aber er wagte es jetzt nicht, ihn zurechtzuweisen. Er machte auf dem Absatz kehrt und stapfte hinaus auf den Korridor.
    »Ersäufen möchte ich ihn! Und Mallayur gleich dazu.
Ganz sicher war er es, der den Priestern den Vorschlag unterbreitet hat.«
    »Beruhige dich.« Darur schlüpfte aus seinen Schuhen. »Hier haben schon die alten Helden barfuß getanzt. Warum soll es uns anders ergehen?«
    »Scheint dir ja wenig auszumachen«, knurrte Anschar, der sich nur langsam bückte. Er löste die Bänder, streifte die Sandalen ab und schleuderte sie quer durch den Raum. Dann wechselte er den weißen Rock gegen den roten aus und legte den Schwertgürtel um, dazu einen dünneren, an dem ein Dolch hing. Das tat er mit Bedacht, während er den Geräuschen aus der Arena lauschte.
    Von oben war Fußgetrappel zu vernehmen, denn der Raum befand sich unmittelbar unterhalb der Tribünen. Die Bänke hatten sich schon gefüllt, es konnte nicht mehr lange dauern, bis das Signal kam.
    »Du stehst das nicht durch«, sagte Darur plötzlich.
    Hart lachte Anschar auf. Ohne den anderen eines Blickes zu würdigen, ging er zu den Speeren, die an einen Pfeiler gelehnt standen. Einer besaß einen rot lackierten Schaft. Unzweifelhaft erwartete sein Herr, dass er diesen wählte.
    »Ich rede nicht von dem Kampf, Anschar! Du stehst es nicht durch, Mallayur zu dienen. Nicht auf diese Weise. Unseren Zweikampf, ja, den werde ich wohl verlieren.«
    »Seit wann gibt einer der Zehn vorzeitig auf?« Anschar rüttelte an der bronzenen Spitze. »Oder soll mich dein Geschwätz schwach reden?«
    »Ich gebe nicht auf, sondern schätze nur ein, was möglich ist. Und was nicht. Schiusudrar war möglicherweise besser als du, aber der war ja so dumm, sich von einem eitrigen Zahn hinraffen zu lassen. Wir drei anderen, wir können dir nicht das Wasser reichen. Ich allenfalls, aber es dürfte nicht genügen. Obwohl ich es natürlich versuchen werde.« Darur hielt inne,
dann fügte er unvermittelt hinzu: »Glaubst du, dass unser Opfer den Göttern wohlgefällig sein wird?«
    »Weiß ich nicht. Sicher ist nur, dass einer von uns Mallayurs Vergnügen geopfert wird. Seinem und dem seiner Nihaye.«
    »Das mag so sein, aber es ist sehr ernüchternd, so zu denken. Vielleicht fiele mir das Sterben leichter, wenn ich wüsste, dass dadurch der Fluch von uns genommen wird.«
    »Daran glaubst du? Selbst wenn sich die Götter an der Blutgabe erfreuen, so hat das nichts mit dem Fluch und seinen Auswirkungen zu tun.«
    »Dann bist du klüger als die Priester, die den Kampf gutheißen.«
    »Vergiss die Priester. Sie sind nur verzweifelt darum bemüht, irgendetwas zu tun.« Verächtlich stieß Anschar den Atem aus und stellte sich mit dem Speer an der Tür auf. Grelles Licht schimmerte durch die Ritzen. Inzwischen konnte er es kaum erwarten, hinauszukommen. Ihm lag nichts daran, hier zu siegen. Aber da er nun einmal kämpfen musste, wollte er es endlich hinter sich bringen.
    »Stimmt es eigentlich, was man von Grazia hört?«, fragte Darur. »Dass sie Wasser erschaffen kann?«
    »Du dienst ihr und weißt es nicht?«
    »Sie hat es mir nie gezeigt. Sie stört sich an meiner Anwesenheit. Ich weiß gar nicht, warum. Einen Grund hat sie mir nie genannt.«
    Anschar biss die Zähne zusammen. Er wollte sich dazu zwingen, nicht darauf einzugehen, denn es würde ihm gewiss nicht gut tun, über sie zu sprechen, schon gar nicht jetzt. Er stieß den Atem aus und drehte sich zu Darur um. »Sie ist so. Da, wo sie herkommt, erzieht man die Frauen anders. Sie sind in Gegenwart fremder Männer merkwürdig. Einen Mann in ihren Gemächern zu haben, bringt sie völlig aus der Fassung, könnte ich mir vorstellen.«

    »Ach so. Das erklärt einiges. Aber das hätte sie mir doch sagen können.«
    »Nein, das tut sie nicht. Was das betrifft, kneift sie lieber wie ein Kind die Augen zu und macht sich klein.«
    »Woher weißt du das alles, wenn sie nicht darüber spricht?«
    Weil ich Zeit hatte, sie kennen zu lernen, dachte Anschar. Weil es bei mir anders ist.
    Er überlegte, ob er

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