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Das Glasperlenspiel

Das Glasperlenspiel

Titel: Das Glasperlenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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mehr beobachtet und mir Gedanken über ihn gemacht - diese sind die Ursache meines Hierseins. Wenn etwas mich zu solchen Gedanken und Schritten berechtigt, so ist es der Umstand, daß ich früher selbst ein Schüler des Alt-Musikmeisters war, eine Art Vorzugsschüler, wenn ich so sagen darf, und daß sein Nachfolger mich schon seit einem Jahr als eine Art von Famulus und Gesellschafter dem alten Herrn zugewiesen und mit der Sorge um sein Ergehen beauftragt hat.
    Es war mir ein sehr angenehmer Auftrag, denn es gibt keinen Menschen, für den ich eine solche Verehr ung und
    Anhänglichkeit hege wie für meinen alten Lehrer und Gönner.
    Er war es, der mir das Geheimnis der Musik erschlossen und mich zum Dienst an ihr fähig gemacht hat, und was ich darüber hinaus an Gedanken, an Sinn für den Orden, an Reife und innerer Ordnung etwa noch gewonnen habe, das kam alles auch von ihm und ist sein Werk. So lebe ich also seit wohl einem Jahre ganz bei ihm, zwar mit einigen Studien und Kursen beschäftigt, aber immer zu seiner Verfügung, sein Gesellschafter bei Tisch, sein Begleiter beim Promenieren, etwa auch beim Musizieren, und nachts sein Wandnachbar. Bei diesem nahen Zusammenleben nun kann ich die Stadien seines- nun ja, seines Alterns muß ich wohl sagen, seines körperlichen Alterns recht genau beobachten, und einige meiner Kameraden machen je und je mitleidige oder spöttische Glossen über das wunderliche Amt, das einen so jungen Menschen wie mich zum Diener und Lebensbegleiter eines uralten Mannes macht. Aber sie wissen nicht, und außer mir allein weiß es wohl niemand so recht, was
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    für ein Altern diesem Meister beschieden ist, wie er am Körper allmählich schwächer und hinfälliger wird, immer weniger Nahrung nimmt und immer er- müdeter von seinen kleinen Gängen heimkehrt, ohne doch je krank zu sein, und wie er zugleich in der Stille seines Greisenalters immer mehr Geist, Andacht, Würde und Einfalt wird. Wenn mein Amt als Famulus oder Wärter einige Schwierigkeiten hat, so liegen sie einzig darin, daß der Ehrwürdige so gar nicht bedient und gepflegt sein, daß er immer nur geben und nie nehmen möchte.«
    »Ich danke dir«, sagte Knecht, »es ist mir lieb, einen so ergebenen und dankbaren Schüler bei dem Ehrwürdigen zu wissen. Aber nun sage mir, da du ja nicht im Auftrag deines Herrn sprichst, endlich deutlich, warum dir mein Besuch in Monteport so am Herzen liegt.«
    »Ihr fragtet vorher mit Besorgnis nach der Gesundheit des Herrn Alt-Musikmeisters«, gab der Junge Antwort, »denn offenbar hatte mein Anliegen Euch den Gedanken nahegelegt, er möchte krank und es könnte am Ende hohe Zeit sein, ihn noch einmal aufzusuchen. Nun, ich glaube in der Tat, es sei hohe Zeit.
    Zwar scheint der Ehrwürdige mir nicht dem Ende nah, aber seine Art des Abschiednehmens von der Welt ist nun einmal eine besondere. So hat er seit einigen Monaten sich beinahe ganz des Sprechens entwöhnt, und wenn er schon immer die kurze Rede der langen vorgezogen hat, so ist er jetzt zu einer Kürze und Stille gelangt, die mich ein wenig beängstigt. Als es immer häufiger vorkam, daß er mich auf eine Anrede oder Frage ohne Antwort ließ, dachte ich anfangs, sein Gehör beginne schwach zu werden, aber er hört so gut wie immer, ich habe viele Proben angestellt. Nun mußte ich also annehmen, er sei eben zerstreut und vermöge seine Aufmerksamkeit nicht recht mehr zu sammeln. Aber es ist auch dies keine genügende Erklärung. Vielmehr ist er schon lang gewissermaßen unterwegs und lebt nicht mehr ganz unter uns, sondern mehr und mehr in seiner eigenen Welt; so hat er auch immer seltener jemand
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    aufgesucht oder zu sich kommen lassen, außer mir sieht er jetzt tagelang niemanden mehr. Und seit dies begonnen hat, diese Abseitigkeit, dieses Nichtmehrhiersein, seither war ich bemüht, ihm die paar Freunde noch einmal zuzuführen, von denen ich weiß, daß er sie am meisten liebte. Wenn Ihr ihn aufsuchen wolltet, Domine, würdet Ihr ohne Zweifel Eurem alten Freunde eine Freude bereiten, dessen bin ich gewiß, und Ihr würdet auch noch einigermaßen denselben Mann antreffen, den Ihr verehrt und geliebt habt. In einigen Monaten, vielleicht auch schon in einigen Wochen, wü rde seine Freude an Euch und seine Teilnahme für Euch schon viel geringer sein, ja es ist wohl möglich, daß er Euch gar nicht mehr kennen oder doch nicht mehr beachten würde.«
    Knecht stand auf, trat ans Fenster und stand eine kleine Weile, hinausblickend

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