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Das Glasperlenspiel

Das Glasperlenspiel

Titel: Das Glasperlenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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lassen. Ich glaube, sein Dienst bei diesem seinem angebetenen Herrn und Götzen füllt ihn ganz und gar aus, er ist von ihm besessen. Hattet Ihr nicht auch diesen Eindruck?«
    »Besessen? Ja, aber dieser junge Mensch ist, glaube ich, nicht einfach von einer Vorliebe und Leidenschaft besessen, er ist nicht einfach in seinen alten Lehrer verliebt und macht seinen Abgott aus ihm, sondern er ist besessen und bezaubert von
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    einem wirklichen und echten Phänomen, das er besser sieht oder mit dem Gefühl besser versteht als ihr andern. Ich will dir erzählen, wie es mir erschienen ist. Also ich kam heut zum Alt-Magister, den ich ein halbes Jahr nicht mehr gesehen hatte, und nach den Andeutungen seines Famulus erwartete ich für mich wenig oder nichts von diesem Besuch; ich hatte einfach Angst bekommen, der verehrte alte Herr könne uns nächstens plötzlich verlassen, und eilte her, um ihn mindestens noch einmal zu sehen. Als er mich erkannte und begrüßte, leuchtete sein Gesicht auf, doch sagte er nichts als meinen Namen und gab mir die Hand, und auch diese Bewegung und die Hand schienen mir zu leuchten, der ganze Mann schien, oder doch seine Augen, sein weißes Haar und seine hell rosige Haut, eine leise kühle Strahlung von sich zu geben. Ich setzte mich zu ihm, er schickte den Studenten fort, nur mit einem Blick, und jetzt begann das merkwürdigste Gespräch, das ich je erlebt habe. Anfangs freilich war es für mich sehr befremdend und bedrückend, auch beschämend, denn ich redete den Alten immer wieder an oder stellte Fragen, und auf nichts gab er anders als durch einen Blick Antwort; ich konnte nicht erkennen, ob meine Fragen und Mitteilungen ihn anders denn als ein lästiges Geräusch erreichten. Es verwirrte, enttäuschte und ermüdete mich, ich kam mir so überflüssig und aufdringlich vor; was immer ich dem Meister sagte, darauf bekam ich nur ein Lächeln und einen kurzen Blick zurück. Ja, wären diese Blicke nicht so voll von Wohlwollen und Herzlichkeit. gewesen, so hätte ich denken müssen, der Greis mache sich unverhohlen lustig über mich, über meine Erzählungen und Fragen, über den ganzen unnützen Aufwand meiner Reise hierher und meines Besuches bei ihm.
    Nun, und etwas dergleichen war schließlich mit seinem Schweigen und Lächeln ja auch gemeint, sie waren tatsächlich eine Abwehr und eine Zurechtweisung, nur waren sie es auf andre Weise, auf einer andern Ebene und Sinnstufe, als etwa spöttische Worte es hätten sein können. Ich mußte erst erlahmen
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    und mit meinen, wie mir schien, geduldighöflichen Versuchen zur Einleitung eines Gespräches vollkommen Schiffbruch erleiden, ehe ich zu begreifen anfing, daß der alte Mann auch einer hundertmal größeren Geduld, Beharrlichkeit und Höflichkeit, als meine es war, leicht gewachsen sein würde.
    Möglich, daß es eine viertel oder eine halbe Stunde gedauert hat, mir kam es wie ein halber Tag vor, ich fing an, traurig, müde und unwillig zu werden und meine Reise zu bereuen, der Mund wurde mir trocken. Da saß der ehrwürdige Mann, mein Gönner, mein Freund, der, seit ich denken konnte, mein Herz und Vertrauen besaß und nie ein Wort von mir ohne Antwort gelassen hatte, da saß er und hörte mich reden, oder hörte mich auch nicht, saß und hatte sich völlig hinter sein Strahlen und Lächeln, hinter seine gol- dene Maske verborgen und
    verschanzt, unerreichbar, einer anderen Welt mit anderen Gesetzen angehörig, und alles, was von mir zu ihm, aus unserer Welt in die seine hinüber sprechen wollte, lief an ihm ab wie Regen an einem Stein. Endlich - ich hatte schon keine Hoffnung mehr - durchbrach er die Zaubermauer, endlich half er mir, endlich sagte er ein Wort! Es war das einzige Wort, das ich ihn heut habe sprechen hören.
    ›Du ermüdest dich, Josef«, sagte er leise und mit einer Stimme voll jener rührenden Freundlichkeit und Fürsorge, die du an ihm kennst. Dies war alles.›Du ermüdest dich, Josef. ‹Als habe er mir lange Zeit bei einer allzu angestrengten Arbeit zugesehen und wolle mich jetzt mahnen. Er sprach die Worte ein wenig mühsam, als habe er schon recht lange Zeit die Lippen nicht mehr zum Sprechen gebraucht. Zugleich legte er seine Hand auf meinen Arm, sie war leicht wie ein
    Schmetterling, sah mir eindringlich in die Augen und lächelte.
    In diesem Augenblick war ich besiegt. Etwas von seiner heiteren Stille, etwas von seiner Geduld und Ruhe ging in mich über, und plötzlich überkam mich das Verständnis für den

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