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Das Glasperlenspiel

Das Glasperlenspiel

Titel: Das Glasperlenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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die dortige Welt erobern würde. Statt dessen begann nach meinem
    Abschied von dir für mich eine Auseinandersetzung, die bis heute dauert, und ein Kampf, in dem ich nicht Sieger geblieben bin. Denn die Heimat, in die ich zurückkam, bestand diesmal nicht mehr nur aus meinem Vaterhause und hatte keineswegs darauf gewartet, mich umarmen und meine Waldzeller
    Vornehmheit anerkennen zu dürfen, und auch im Vaterhause selbst gab es bald Enttäuschungen, Schwierigkeiten und Mißtöne. Es dauerte eine Weile, bis ic h es merkte, ich war durch mein naives Vertrauen, meinen knabenhaften Glauben an mich und mein Glück geschützt und geschützt auch durch die von euch mitgebrachte Ordensmoral, durch die Gewohnheit der Meditation. Aber welche Enttäuschung und Ernüchterung brachte die Hochschule, an der ich die politischen Fächer studieren wollte!
    Der Umgangston unter den Studenten, das Niveau ihrer allgemeinen Bildung und ihrer Geselligkeit, die Persönlichkeiten mancher Lehrer, wie stachen sie ab von dem, woran ich mich bei euch gewöhnt hatte! Du erinnerst dich, wie ich einst unsere Welt gegen die eure verteidigt und dabei im Lob des
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    ungebrochenen, naiven Lebens den Mund oft recht voll genommen habe. Wenn das eine Strafe verdiente, Freund, dann bin ich schwer dafür bestraft wo rden. Denn dieses naive, unschuldige Triebleben, diese Kindlichkeit und undressierte Genialität des Naiven, sie mochte wohl irgendwo vorhanden sein, bei den Bauern vielleicht oder den Handwerkern oder wo sonst, aber es gelang mir nicht, sie zu Gesicht zu bekommen oder gar an ihr teilzuhaben. Du erinnerst dich auch, nicht wahr, wie ich in meinen Reden die Überheblichkeit und Gespreiztheit der Kastalier kritisierte, dieser eingebildeten und
    verweichlichten Kaste mit ihrem Kastengeist und ihrem Elitehochmut.
    Nun, die Weltleute waren auf ihre schlechten Manieren, ihre geringe Bildung, ihren derben lauten Humor, ihre dummschlaue Beschränkung auf praktische, selbstsüchtige Ziele nicht weniger stolz, sie kamen sich nicht weniger kostbar, gottgefällig und auserwählt vor in ihrer engstirnigen Natürlichkeit, als der affektierteste Waldzeller Musterschüler es jemals tun konnte.
    Sie lachten mich aus oder klopften mir auf die Schulter, manche aber reagierten auf das Fremde, Kastalische in mir mit dem offenen, blanken Haß, den das Gemeine gegen alles Vornehme hat und den ich wie eine Auszeichnung auf mich zu nehmen entschlossen war.«
    Designori machte eine kurze Pause und warf einen Blick auf Knecht, ungewiß, ob er ihn nicht ermüde. Sein Blick begegnete dem des Freundes und fand in ihm einen Ausdruck tiefer Aufmerksamkeit und Freundlichkeit, der ihm wohltat und ihn beruhigte. Er sah, der andre war ganz seiner Eröffnung hingegeben, er hörte nicht zu, wie man einem Geplauder zuhört oder auch einer interessanten Erzählung, sondern mit der Ausschließlichkeit und Hingabe, mit der man sich in einer Meditation konzentriert, und dabei mit einem reinen, herzlichen Wohlwollen, dessen Ausdruck in Knechts Blick ihn rührte, so herzlich und beinahe kindlich schien er ihm, und es ergriff ihn
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    eine Art von Staunen darüber, diesen Ausdruck im Gesicht desselben Mannes zu sehen, dessen vielfältiges Tagewerk, dessen amtliche Weisheit und Autorität er diesen ganzen Tag hindurch bewundert hatte. Erleichtert fuhr er fort:
    »Ich weiß nicht, ob mein Leben nutzlos und bloß ein
    Mißverständnis war oder ob es einen Sinn hat. Sollte es einen Sinn haben, so wäre es etwa der, daß ein einzelner, konkreter Mensch unserer Zeit einmal auf das deutlichste und
    schmerzlichste erkannt und erlebt hat, wie weit Kastalien sich von seinem Mutterlande entfernt hat, oder meinetwegen auch umgekehrt: wie sehr unser Land seiner edelsten Provinz und deren Geist fremd und untreu geworden ist, wie weit in unsrem Lande Leib und Seele, Ideal und Wirklichkeit
    auseinanderklaffen, wie wenig sie voneinander wissen und wissen wollen. Wenn ich im Leben eine Aufgabe und ein Ideal hatte, so war es das, aus meiner Person eine Synthese der beiden Prinzipien zu machen, zwischen beiden zum Vermittler, Dolmetsch und Versöhner zu werden. Ich habe es versucht und bin gescheitert. Und da ich dir ja doch nicht mein ganzes Leben erzählen kann und du auch nicht alles verstehen könntest, will ich dir nur eine von den Situationen vorführen, die für mein Scheitern bezeichnend sind. Die Schwierigkeit damals nach dem Beginn meines Studiums an der Hochschule bestand nicht sosehr darin,

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