Das Glasperlenspiel
ihn
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enttäuscht, sie hatte ihn in unsre Eliteschulen geschickt, ihn dort auf unsre Art erziehen lassen und ihn dann bei seiner Rückkehr mit Aufgaben, Forderungen und Ansprüchen empfangen, denen er nicht gewachsen sein konnte. Aber weiter möchte ich mit der psychologischen Deutung nicht gehen. Jedenfalls zeigt die Geschichte mit diesem Hausverkauf, eine wie starke Macht der Konflikt zwischen Vätern und Söhnen ist, dieser Haß, diese in Haß umgeschlagene Liebe. Bei lebhaften und begabten Naturen bleibt dieser Konflikt selten aus, die Weltgeschichte ist voll von Beispielen. Übrigens könnte ich mir ganz wohl einen späteren jungen Designori denken, der es sich zur Lebensaufgabe setzen würde, das Haus um jeden Preis zurück in den Besitz der Familie zu bringen.«
»Nun«, rief Tito, »und würden Sie ihm nicht recht geben, wenn er es täte?«
»Ich möchte mich nicht zu seinem Richter machen, junger Herr. Wenn ein späterer Designori sich der Größe seines Geschlechts und der Verpflichtung besinnt, die ihm damit ins Leben mitgegeben ist, wenn er der Stadt, dem Staat, dem Volk, dem Recht, der Wohlfahrt mit seinen Kräften dient und daran so stark wird, daß er nebenher auch die Rückerwerbung des Hauses fertigbringt, dann ist er ein respektabler Mann, und wir wollen den Hut vor ihm abnehmen. Wenn er aber kein anderes Ziel im Leben kennt als diese Hausgeschichte, dann ist er eben nichts als ein Besessener und Verliebter, ein Mann der Leidenschaft, höchst wahrscheinlich einer, der solche jugendlichen Vater-konflikte nie in ihrem Sinn erkannt und sie zeitlebens, auch noch als Mann, mit sich herumgeschleppt hat. Wir können ihn verstehen, auch bedauern, aber den Ruhm seines Hauses wird er nicht vermehren. Es ist schön, wenn eine alte Familie an ihrem Hause mit Liebe hängt, aber Verjüngung und neue Größe kommen ihr immer nur davon, daß ihre Söhne größeren Zielen als denen der Familie dienen.«
Wenn bei diesem Spaziergange Tito dem Gast seines Vaters
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aufmerksam und ziemlich willig zuhörte, so zeigte er ihm bei anderen Anlässen doch wieder Ablehnung und Trotz, er witterte in dem Mann, auf den seine beiden sonst so uneinigen Eltern so viel zu halten schienen, eine Macht, die seiner eigenen verwöhnten Ungebundenheit gefährlich werden könnte, und zeigte sich gelegentlich ausgesprochen unartig; freilich folgte darauf jedesmal ein Bedauern und Gutmachenwollen, denn es kränkte sein Selbstgefühl, sich vor der heitern Höflichkeit, die den Magister wie ein blanker Panzer umgab, eine Blöße gegeben zu haben. Und insgeheim spürte er auch in seinem unerfahrenen und ein wenig verwilderten Herzen, daß dies ein Mann sei, den man vielleicht sehr lieben und verehren könnte.
Er spürte dies besonders in einer halben Stunde, da er Knecht allein und auf den von Geschäften festgehaltenen Vater wartend angetroffen hatte. Bei seinem Eintritt in das Zimmer sah Tito den Gast mit halbgeschlossenen Augen regungslos in einer statuenhaften Haltung sitzen, Stille und Ruhe ausstrahlend in einer Versenkung, so daß der Knabe unwillkürlich seine Schritte leise machte und auf Zehenspitzen wieder hinausschleichen wollte. Aber da schlug der Sitzende die Augen auf, grüßte ihn freundlich, erhob sich, deutete auf ein Klavier, das im Zimmer stand, und fragte ihn, ob er Freude an der Musik habe.
Ja, sagte Tito, er habe zwar schon längere Zeit keine Musikstunden mehr und auch nie mehr geübt, denn er stehe in der Schule nicht glä nzend und werde dort von den Paukern genügend geplagt, aber Musik zu hören sei ihm immer ein Vergnügen gewesen. Knecht öffnete das Klavier, setzte sich davor, stellte fest, daß es gestimmt sei, und spielte einen Andantesatz von Scarlatti, den er dieser Tage einer
Glasperlenspielübung zugrunde gelegt hatte.
Dann hielt er inne, und da er den Knaben aufmerksam und hingegeben fand, begann er ihm in kurzen Worten zu erklären, was in einer solchen Glasperlenspielübung ungefähr vor sich gehe, zerlegte die Musik in ihre Glieder, zeigte einige der Arten
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von Analyse auf, die man auf sie anwenden könne, und deutete die Wege zur Übersetzung der Musik in die Spiel-Hieroglyphen an. Zum erstenmal sah Tito den Meister nicht als Gast, nicht als eine gelehrte Berühmtheit, die er ablehnte, weil sie sein Selbstgefühl drückte, sondern sah ihn bei seiner Arbeit, einen Mann, der eine sehr subtile und genaue Kunst gelernt hat und als Meister ausübt, eine Kunst, deren Sinn Tito zwar nur
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