Das Glasperlenspiel
nur die Harmonie dieser Kräfte.
Das Verlangen nach dieser Harmonie in ihm zu wecken, vielmehr zu stärken und schließlich bewußt zu machen, wird meine Aufgabe sein, die ich gern übernehme.«
So wußte nun Josef Knecht seine beiden Freunde, jeden in ganz anderer Weise, mit seiner Angelegenheit beschäftigt.
Während Designori in der Hauptstadt seiner Frau die neuen Pläne vorlegte und sie ihr annehmbar zu machen suchte, saß in Waldzell Tegularius in einer Arbeitszelle der Bibliothek und
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stellte nach Knechts Hinweisen Material für das beabsichtigte Schriftstück zusammen. Der Magister hatte ihn mit der Lektüre, die er ihm vorlegen ließ, gut geködert; Fritz Tegularius, der große Verächter der Historie, verbiß und verliebte sich in die Geschichte der kriegerischen Epoche. Im Spielen stets ein großer Arbeiter, sammelte er mit wachsendem Appetit
symptomatische Anekdoten aus jener Epoche, der düstern Vorzeit des Ordens, und häufte ihrer so viele an, daß sein Freund, als er nach Monaten die Arbeit vorgelegt bekam, kaum den zehnten Teil stehenlassen konnte.
In dieser Zeit wiederholte Knecht seinen Besuch in der Hauptstadt mehrmals. Frau Designori gewann immer mehr Vertrauen zu ihm, wie ja ein gesunder und harmonischer Mensch bei den Schwierigen und Belasteten oft so leichten Eingang findet, und bald war sie für den Plan ihres Mannes gewonnen. Von Tito wissen wir, daß er bei einem dieser Besuche den Magister etwas patzig wissen ließ, daß er von ihm nicht mit du angeredet zu werden wünsche, da ihn jedermann, auch die Lehrer seiner Schule, mit Sie ansprächen. Knecht dankte ihm mit großer Höflichkeit und entschuldigte sich, er erzählte ihm, daß in seiner Provinz die Lehrer zu allen Schülern und Studenten, auch zu längst erwachsenen, du sagten. Und nach Tische bat er den Knaben, ein wenig mit ihm auszugehen und ihm etwas von der Stadt zu zeigen. Auf diesem Spaziergang führte ihn Tito auch durch eine stattliche Gasse der Altstadt, wo in beinahe lückenloser Reihe die jahrhundertalten Häuser der vornehmen, begüterten patrizischen Familien standen. Vor einem dieser festen, schmalen und hohen Häuser blieb Tito stehen, deutete auf ein Schild über dem Portal und
fragte:›Kennen Sie das?« Und als Knecht verneinte, sagte er:
»Dies hier ist das Wappen der Designori, und es ist unser altes Stammhaus, dreihundert Jahre hat es der Familie gehört. Wir aber sitzen in unsrem gleichgültigen Allerweltshause, bloß weil mein Vater nach des Großvaters Tode die Laune gehabt hat, dies
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schöne ehrwürdige Stammhaus zu verkaufen und sich ein Modehaus zu bauen, das übrigens schon jetzt nicht mehr so recht modern ist. Können Sie so etwas begreifen?«
»Es tut Ihnen sehr leid um das alte Haus?« fragte Knecht freundlich, und als Tito leidenschaftlich bejahte und seine Frage wiederholte: »Können Sie so etwas begreifen?« sagte er: »Man kann alles begreifen, wenn man es ins Licht rückt. Ein altes Haus ist eine schöne Sache, und wenn das neue daneben gestanden wäre und er die Wahl gehabt hätte, so hätte er doch wohl das alte behalten.
Ja, alte Häuser sind schön und ehrwürdig, zumal ein so schönes wie dieses hier. Aber ein Haus selber zu bauen, ist ebenfalls etwas Schönes, und wenn ein strebsamer and ehrgeiziger junger Mann die Wahl hat, ob er sich bequem und ergeben in ein fertiges Nest setzen oder sich ein ganz neues bauen wolle, dann kann man ganz wohl verstehen, daß seine Wahl auch auf das Bauen fallen kann. So wie ich Ihren Vater kenne, und ich habe ihn gekannt, als er noch in Ihrem Alter und ein leidenschaftlicher Draufgänger war, hat übrigens der Verkauf und Verlust des Hauses keinem so weh getan wie ihm selber.
Er hatte einen schweren Konflikt mit seinem Vater und seiner Familie, und wie es scheint, war seine Erziehung bei uns in Kastalien nicht ganz die richtige für ihn, wenigstens konnte sie ihn nicht vor einigen leidenschaftlichen Voreiligkeiten behüten.
Eine von ihnen ist wohl der Verkauf des Hauses gewesen. Er hat damit der Tradition der Familie, dem Vater, der ganzen Vergangenheit und Abhängigkeit ins Gesicht schlagen und Krieg ansagen wollen, wenigstens schiene mir das ganz begreiflich. Aber der Mensch ist wunderlich, und so würde mir auch ein andrer Gedanke gar nicht ganz unwahrscheinlich vorkommen, der Gedanke, daß der Verkäufer des alten Hauses mit diesem Verkaufe gar nicht nur der Familie, sondern vor allem sich selber weh tun wollte. Die Familie hatte
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