Das Glasperlenspiel
Phantasien und Gedanken
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aus seiner heidnischen Zeit verfolgte.
Überall, wo in jenen Bezirken die nackte unfruchtbare Wildnis von einem Quell, einer Handvoll Grün, einer kleinen oder großen Oase sich unterbrochen zeigte, lebten damals die Eremiten, manche ganz allein, manche in kleinen
Brüderschaften wie sie auf einem Bild im Camposanto von Pisa dargestellt sind, Armut und Nächstenliebe übend, Adepten einer sehnsüchtigen Ars moriendi, einer Kunst des Sterbens, des Absterbens von der Welt und vom eigenen Ich und des
Hinübersterbens zu ihm, dem Erlöser, ins Lichte und
Unverwelkliche. Sie wurden von Engeln und von Teufeln besucht, sie dichteten Hymnen, trieben Dämonen aus, heilten und segneten und schienen es auf sich genommen zu haben, die Weltlust, Roheit und Sinnengier vieler dahingegangener und vieler noch kommender Zeitalter durch eine gewaltige Woge des Enthusiasmus und der Hingabe, durch ein ekstatisches Plus an Weltentsagung wiedergutzumachen. Manche von ihnen waren wohl im Besitz von alten heidnischen Praktiken der Läuterung, von Methoden und Übungen eines seit Jahrhunderten in Asien hochgezüchteten Verfahrens der Vergeistigung, doch wurde davon nicht gesprochen, und es wurden diese Methoden und Yoga-Übungen nicht eigentlich mehr gelehrt, sondern
unterlagen dem Verbot, mit welchem das Christentum alles Heidnische mehr und mehr belegte.
In manchen dieser Büßer bildete die Glut dieses Lebens besondere Gaben aus, Gaben des Gebets, des Heilens durch Handauflegung, der Prophetie, des Teufelbannens, Gaben des Richtens und Strafens, des Tröstens und Segnens.
Auch in Josephus schlummerte eine Gabe, und mit den
Jahren, als sein Haar fahl zu werden begann, kam sie langsam zu ihrer Blüte. Es war die Gabe des Zuhörens.
Wenn ein Bruder aus einer der Siedlungen oder ein vom Gewissen beunruhigtes und getriebenes Weltkind sich bei Josef einfand und ihm von seinen Taten, Leiden, Anfechtungen und
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Verfehlungen berichtete, sein Leben erzählte, seinen Kampf um das Gute und sein Erliegen im Kampf, oder einen Verlust und Schmerz, eine Trauer, so verstand Josef ihn anzuhören, ihm sein Ohr und Herz zu öffnen und hinzugeben, sein Leid und seine Sorge in sich aufzunehmen und zu bergen und ihn entleert und beruhigt zu entlassen. Langsam, in langen Jahren, hatte dieses Amt sich seiner bemächtigt und ihn zum Werkzeug gemacht, zu einem Ohr, dem man Vertrauen schenkte.
Eine gewisse Geduld, eine gewisse einsaugende Passivität und eine große Verschwiegenheit waren seine Tugenden.
Immer häufiger kamen Leute zu ihm, um sich auszusprechen, um sich angestauter Bedrängnisse zu entledigen, und manche von ihnen brachten, auch wenn sie einen weiten Weg bis zu seiner Rohrhütte hatten zurücklegen müssen, nach der Ankunft und Begrüßung doch nicht die Freiheit und Tapferkeit zum Bekennen auf, sondern wanden und schämten sich, taten mit ihren Sünden kostbar, seufzten und schwiegen lang,
stundenlang, und er verhielt sich gegen einen jeden gleich, ob er nun gern oder widerwillig, ob er geläufig oder stockend redete, ob er seine Geheimnisse wütend von sich warf oder sich mit ihnen wichtig machte. Es war ihm einer wie der andere, er mochte Gott anklagen oder sich selbst, er mochte seine Sünden und Leiden vergrößern oder verkleinern, er mochte einen Totschlag oder nur eine Unkeuschheit beichten, eine untreue Geliebte oder ein verspieltes Seelenheil beklagen.
Es erschreckte ihn nicht, wenn einer von vertrautem Umgang mit Dämonen erzählte und mit dem Teufel auf du zu stehen schien, noch verdroß es ihn, wenn einer lang und vielerlei erzählte und dabei sichtlich die Hauptsache verschwieg, noch machte es ihn ungeduld ig, wenn einer sich wahnhafter und erdichteter Sünden bezichtigte. Es schien alles, was ihm an Klagen, Geständnissen, Anklagen und Gewissensängsten zugetragen wurde, in sein Gehör einzugehen wie Wasser in Wüstensand, er schien kein Urteil darüber zu haben und weder
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Mitleid noch Verachtung für den Beichtenden zu fühlen, und dennoch, oder vielleicht eben darum, schien das, was ihm gebeichtet wurde, nicht ins Leere gesagt, sondern im Sagen und Gehörtwerden verwandelt, erleichtert und gelöst zu werden.
Selten nur sprach er eine Mahnung oder Warnung aus, noch seltener gab er einen Rat oder gar Befehl; es schien dies nicht seines Amtes zu sein, und die Sprechenden schienen es auch zu fühlen, daß dies nicht seines Amtes sei. Sein Amt war, Vertrauen zu erwecken und zu
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