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Das Glasperlenspiel

Das Glasperlenspiel

Titel: Das Glasperlenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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finden. Wir werden diese intensiven, durch das Temperament des Paters nicht selten bis zur heftigsten Diskussion gesteigerten Auseinandersetzungen noch nach Jahren ihre Frucht tragen und bis zu Knechts Ende lebendig fortwirken sehen. Wie aufmerksam andrerseits der Pater Knechts Ausführungen folgte und wie weit er durch sie Kastalien hat kennen und anerkennen lernen, zeigte sein ganzes späteres Verhalten; das bis heute bestehende, mit wohlwollender Neutralität und gelegentliche m gelehrtem Austausch beginnende und zeitweise bis zur wirklichen Zusammenarbeit und
    Bundesgenossenschaft gediehene Einvernehmen zwischen Rom und Kastalien ist diesen beiden Männern zu danken. Sogar in die Theorie des Glasperlenspiels - was er anfangs lächelnd von sich gewiesen hatte - begehrte der Pater schließlich eingeführt zu werden, denn er spürte wohl, daß dort das Geheimnis des Ordens und gewissermaßen dessen Glaube oder Religion zu suchen sei, und da er nun einmal willens war, in diese ihm
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    bisher nur vom Hörensagen bekannte und wenig sympathische Welt einzudringen, ging er in seiner ebenso kräftigen wie listigen Art entschlossen aufs Zentrum los, und wenn er auch kein Glasperlenspieler geworden ist - dazu war er ohnehin viel zu alt -, so haben doch die Geister des Spiels und des Ordens sich außerhalb Kastaliens kaum jemals einen ernstern und wertvollem Freund gewonnen als den großen Benediktiner.
    Je und je gab der Pater, wenn Knecht sich nach einer Arbeitszeit von ihm verabschiedete, ihm zu verstehen, daß er heute abend für ihn zu Hause sei; das waren auf die
    Anstrengungen der Lektionen und die Spannungen der
    Diskussionen hin friedliche Stunden, zu welchen Josef häufig sein Klavichord oder auch eine Geige mitbrachte, dann setzte sich der Alte ans Klavier im sanften Licht einer Kerze, deren süßer Wachsduft den kleinen Raum erfüllte gleich der Musik von Corelli, Scarlatti, Telemann oder Bach, die sie abwechselnd oder gemeinsam spielten.
    Früh ging der alte Herr schlafen, während Knecht, von der kleinen mus ikalischen Abendandacht gestärkt, seine Arbeitszeit bis zur Grenze des von der Disziplin Erlaubten in die Nacht ausdehnte.
    Außer seinem Lernen und Lehren beim Pater nämlich, dem läßlich betriebenen Spielkurs im Kloster und etwa je und je einem chinesischen Colloquium mit dem Abt Gervasius finden wir Knecht zu jener Zeit noch mit einer recht umfangreichen Arbeit beschäftigt; er beteiligte sich, was er die beiden letzten Male unterlassen hatte, an dem jährlichen Wettbewerb der Waldzeller Elite. Bei diesem Wettbewerb mußten auf Grund von drei bis vier vorgeschriebenen Hauptthemen Entwürfe zu Glasperlenspielen ausgearbeitet werden, es wurde Wert auf neue, kühne und originelle Verknüpfungen der Themen bei höchster formaler Sauberkeit und Kalligraphie gelegt, und es waren bei diesem einzigen Anlaß den Konkurrenten auch Überschreitungen des Kanons erlaubt, das heißt, man hatte das
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    Recht, sich auch neuer, in den offiziellen Kodex und Hieroglyphenschatz noch nicht aufgenommener Chiffern zu bedienen. Dadurch wurde dieser Wettbewerb, nächst den öffentlichen großen Weihespielen ohnehin das erregendste Ereignis im Spielerdorf, auch zu einer Konkurrenz der aussichtsreichsten Anwärter auf neue Spielzeichen, und die denkbar höchste, sehr selten verliehene Auszeichnung eines Siegers bei diesem Wettkampf bestand darin, daß nicht nur sein Spiel als das beste Kandidatenspiel des Jahres feierlich zur Aufführung gelangte, sondern daß auch noch der von ihm dargebotene Zuwachs zu Grammatik und Sprachschatz des Spieles anerkannt und in das Spielarchiv und die Spielsprache aufgenommen wurde. Einst war, vor etwa fünfundzwanzig Jahren, der große Thomas von der Trave, der jetzige Magister Ludi, dieser seltenen Ehre gewürdigt worden mit seinen neuen Abbreviaturen für die alchimistische Bedeutung der
    Tierkreiszeichen, wie denn Magister Thomas auch späterhin viel für die Kenntnis und Einordnung der Alchimie als einer aufschlußreichen Geheimsprache geleistet hat. Knecht nun verzichtete für diesmal auf die Verwendung neuer Spielwerte, deren er wie wohl fast jeder Kandidat manche bereit gehabt hätte, er nahm ferner auch die Gelegenheit nicht wahr, ein Bekenntnis zur psychologischen Spielmethode abzulegen, was ihm eigentlich wohl nahegelegen wäre; er baute ein Spiel von zwar moderner und persönlicher Struktur und Thematik, vor allem aber von einer durchsichtig klaren, klassischen Komposition und

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