Das Glueck Beginnt in Dir
meinem Schreibtisch, in der Musik, die ich höre, in der Stille, die ich mir gönne. Die Schönheit ist schon vorhanden. Ich muss sie nur wahrnehmen. Wenn mir das offene Auge fehlt, werde ich die Höhepunkte nicht wirklich erleben, die mir Kataloge in den schönsten Farben schildern. Die Blume auf meinem Schreibtisch berührt mich, wenn ich sie nur intensiv genug anschaue und mich in ihr Geheimnis vertiefe. Auf dem Grund des Schauens entdecke ich den Höhepunkt unmittelbar vor meinen Augen, immer dann, wenn ich achtsam und wach bin.
10. JUNI :
Die innere Melodie
Wir sind im Einklang mit uns selbst, wenn wir nicht nach der Pfeife anderer Leute tanzen, sondern nach der inneren Melodie, die das eigene Herz in uns formt. Die Stille ist voller Klänge. Am Anfang konfrontiert uns die Stille mit dem inneren Lärm. Doch wenn wir sie aushalten und weiter in sie hineinhorchen, werden wir leise Töne hören, Töne, in denen unser Innerstes erklingt. In unserer Seele erklingt der oft unhörbare Klang des Kosmos, der göttliche Klang einer Welt, die uns oft nicht zugänglich ist. Die Stille ist die Tür, die unser inneres Ohr aufschließt, damit es den wunderbaren Klang der Seele zu hören vermag.
11. JUNI :
Warum reißen wir uns ein Bein aus?
«Wir reißen uns ein Bein aus, um schneller ans Ziel zu kommen.» Das hat der aus dem Schwarzwald stammende Verleger Frank Schwörer einmal gesagt. Dieser paradox hintersinnige Satz trifft ins Schwarze: Von Menschen, die sich anstrengen und alle Mühe geben, sagt man ja in der Tat, «sie reißen sich ein Bein aus». Mit einem Bein kann man aber nur noch humpeln. Da kommt man ganz sicher nicht schneller ans Ziel. Warum reißen wir uns dann ein Bein aus? Wir meinen: Nur wer sich Gewalt antut, wird das Ziel erreichen. Doch wer sich Gewalt antut, der mag sich vielleicht kurzfristig zu Höchstleistungen animieren. Auf Dauer wird er sich ins eigene Fleisch schneiden.
12. JUNI :
Freude – eine gute Jahreszeit
Rainer Maria Rilke stellt die Freude weit über das Glück: «Glück ist Schicksal, Freude bringen Menschen in sich zum Blühen.» Das Glück – so meint Rilke – kann man nicht machen. Man kann es nur dankbar entgegennehmen. Für die Freude sind wir selbst verantwortlich. Es liegt an uns, wie wir auf die Schönheit der Welt und auf die Menschen reagieren, denen wir täglich begegnen. Ich kann mir die Freude nicht einfach befehlen. Aber wenn ich mich offen auf das einlasse, was ist, und wenn ich es mit einem staunenden Blick wahrnehme, dann wird in mir die Freude wachsen. Ich kann sie wachsen lassen durch ein achtsames Umgehen mit den Dingen.
13. JUNI :
Nie zufrieden
Vielen Menschen geht es so: Wenn sie jung sind, möchten sie endlich erwachsen werden. Sie möchten mitreden und die Welt gestalten. Doch später haben sie Angst, 30 zu werden, weil sie fürchten, dass die Zeitspanne zu kurz ist, in der sie in Blüte stehen. Oder sie haben Angst, ihren 40. Geburtstag zu feiern: Denn da müssten sie endgültig Abschied nehmen von der Jugend. Noch schlimmer ist der 50. Geburtstag. Anstatt die Fülle des Lebens zu genießen, trauern sie der verlorenen Zeit nach. Solche Menschen leben nie in der Gegenwart. Sie können das Geheimnis jeder besonderen Zeit nicht genießen, weil sie immer entweder zu jung oder zu alt sind, aber nie zufrieden mit dem Alter, das sie gerade haben.
14. JUNI :
Gerade jetzt …
Wer nie in im Augenblick lebt, muss irgendwann einmal bekennen, dass er nie wirklich gelebt hat. Immer war er zu jung oder zu alt. Nie war er passend. Nie hat er den Augenblick ausgekostet. Jede Zeit und jedes Alter ist gut. Aber ich darf mein Alter nicht mit anderen Zeiten vergleichen. Wenn ich ganz im Augenblick lebe, dann geht mir das Geheimnis gerade meines jetzigen Alters auf. Und ich erkenne die Chance, gerade jetzt gegenwärtig zu sein und zu leben.
15. JUNI :
Bewegungen der Leichtigkeit
Die Schweizer Tiefenpsychologin Verena Kast hat ein Buch über die Freude geschrieben. Vor ihr hat sich kaum ein Psychologe einmal an dieses Thema gewagt. Doch heute wissen wir, wie heilsam die Freude für den Menschen ist, welch therapeutische Kraft sie hat. Verena Kast beschreibt die Wirkung der Freude als Erfahrung von Einssein und Ganzsein, von Freiheit und Vitalität: «Das Gefühl des Einsseins mit sich selbst und das Gefühl des Ganzseins, das so sehr von uns Menschen gesucht wird, ist im Moment der Freude vorhanden. Das gibt uns auch ein Gefühl von Vitalität, vielleicht sogar von
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