Das Glueck Beginnt in Dir
daran freuen. Ich verbrauche viel Energie, um etwas Kostbares für mich zu behalten, sei es Besitz, sei es Wissen, sei es ein schönes Bild. Ich kann mich freuen, wenn ich das Bild allein anschaue. Aber wenn ich das Bild den Blicken der anderen entziehen muss, damit ich es für mich allein habe, ist das mit seelischen Kosten verbunden. Wahre Freude will mitgeteilt werden. Das vermehrt sie.
23. JUNI :
Leben – ein kleiner Besuch
«Beeil dich nicht. Bekümmere dich nicht. Du bist hier nur für einen kleinen Besuch. So mach auf jeden Fall halt und riech an den Blumen» (Walter Hagen). Unsere Zeit ist begrenzt, so wie wenn wir liebe Freunde besuchen. Bei einem Besuch geht es darum, sich Zeit zu lassen und die kurze Zeit zu genießen. Der Hinweis auf die Blumen kann als ganz konkreter Tipp für ein gelingendes Gast-Sein gelesen werden: Anstatt in die Geheimnisse der Familie einzudringen, bei der wir zu Besuch sind, sollten wir uns lieber den Blumen zuwenden und uns an ihrem Duft erfreuen. Das wird den Besuch erfreulicher gestalten, als wenn wir – zum Beispiel – die Probleme der Gastfamilie lösen möchten. Und auch für unser ganzes Leben gilt: Es lädt uns ein, es bewusst wahrzunehmen und das Schöne, das wir in dieser kurzen Zeit erleben, auch in aller Ruhe in uns eindringen zu lassen – so wie den Duft von Blumen.
24. JUNI :
Der Weg in den Alltag
Der Weg der Spiritualität muss in den Alltag führen. Er besteht darin, einfach zu tun, was «dran ist», was ich dem Augenblick schuldig bin, was ich mir und meinem Wesen schuldig bin, was ich dem andern schulde und was ich Gott schulde. Für Benedikt entscheidet sich Spiritualität nicht in frommen Gefühlen, sondern in der Bereitschaft, mich auf die Arbeit einzulassen, auf die konkrete Gemeinschaft, auf die Tagesordnung und auf das gemeinsame Gebet.
25. JUNI :
Erster und letzter Tag
Die christliche Tradition des «memento mori» («Denke, dass du sterben musst») empfiehlt uns die Vorstellung, dass jeder Tag der letzte sein könnte. Ein griechisches Sprichwort gibt einen anderen Rat: «Beginne jeden Tag, als wäre es der erste. Beschließe jeden Tag, als wäre es der letzte.» Zu Beginn des Tages sollen wir uns vorstellen, es wäre der erste Tag überhaupt, den wir leben. Natürlich wissen wir, dass es nicht der erste Tag ist. Aber wenn ich den Beginn des Tages bewusst so setze, als wäre es der erste Tag meines bewussten und wachen Lebens, dann werde ich achtsam und zugleich neugierig in den Tag hineingehen.
26. JUNI :
Beginne, als wäre es der erste Tag …
… alles wäre anders: Ich würde an meine Arbeit mit Neugier gehen. Ich würde mich freuen, Dinge so zu tun, als ob ich sie das erste Mal täte. Ich hätte keine Angst, dass ich die Arbeit nicht zustande brächte. Vielmehr würde ich ausprobieren, wie ich sie geschickt und mit Lust vollziehen könnte. Und ich würde die Schöpfung um mich mit neuen Augen ansehen. Ich würde manche Schönheit darin entdecken, die ich bisher übersehen habe. Ich würde die Menschen anschauen, als ob ich sie zum ersten Mal sähe. Vorurteile würden wegfallen. Was ich bisher über diesen Menschen gedacht habe, ist nicht wichtig. Alle Schubladen, in die ich Menschen gesteckt habe, lösten sich in nichts auf.
27. JUNI :
Beschließe, als wäre es der letzte Tag …
Beim Beschließen des Tages stelle ich mir vor, es wäre der letzte Tag. Das heißt für mich: Ich beende diesen Tag, als ob es das Ende meines Lebens wäre. Ich lege alles in Gottes gute Hand, diesen Tag, mich selbst, alle Menschen, die mir lieb sind, und mein ganzes Leben. Solcher Beschluss des Tages ermöglicht mir gleichzeitig einen neuen Anfang. Und er gibt mir das Gespür, dass ich immer wieder alles loslassen sollte, um mich in Gottes gute Hände zu ergeben. Die Nacht erinnert mich an den Schlaf des Todes. Und jeden Morgen erfahre ich die Auferstehung zu neuem Leben, das Gott mir ermöglicht.
28. JUNI :
Für sich selbst sorgen
«Nur sämtliche Menschen leben das Menschliche», hat Goethe in einem Brief an Schiller einmal gesagt. Das klingt wie eine Selbstverständlichkeit und ist es doch nicht. Oft meinen wir, gutes Handeln beziehe sich nur auf andere. Gut mit sich selbst umzugehen, das klingt für manche Christen wie eine Anleihe aus der Esoterik. Andere meinen, hier werde ein weichgespültes Christentum verkündet. Doch das stimmt nicht. Es wäre falsch zu glauben, im Christentum sei nur von Nächstenliebe die Rede. Wir dürften nur für die anderen
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