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Das Glück einer Sommernacht

Das Glück einer Sommernacht

Titel: Das Glück einer Sommernacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wallace
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einmal ganz anders. Sie waren beide verändert.
    Wieder gingen sie ein ganzes Stück schweigend, jetzt hintereinander. Der Pfad war schmaler geworden.
    Irgendwann blieb Alex stehen und hob die Hand. „Hören Sie das?“ Sie vernahm ein sanftes Rauschen in der Ferne, als würde der Wind in den Baumwipfeln an Stärke zulegen. „Wir sind da.“
    Er führte sie eine letzte Anhöhe hinauf und um eine letzte Kurve. Dahinter öffnete sich vor Kelsey ein Ausblick, bei dem all ihre Fragen sich in einem Nebel auflösten.
    „Oh“, flüsterte sie staunend.
    Sie standen am Ufer eines Bergflusses. Das Rauschen, das sie gehört hatte, kam von dem Wasser, das sich über Stock und Stein hinabstürzte.
    „Beeindruckend, nicht?“
    „‚Beeindruckend‘ ist noch viel zu wenig“, gab sie verzaubert zurück. „Ich finde es überwältigend.
    Zu ihrer Rechten bildeten zwei große, flache Steine einen natürlichen Vorsprung, auf dem ein Mensch sich über dem Strom hinsetzen konnte. Fasziniert sah Kelsey zu, wie Alex auf den Vorsprung hinaustrat und sich setzte. Seine langen Beine hingen über dem Wasser. Für einen Mann mit einem gebrochenen Arm war er beeindruckend beweglich. Aber er verbrachte ja auch alle Tage in diesen Wäldern. Vermutlich kannte er jeden Stein und jede Felsspalte im Schlaf.
    Plötzlich wurde ihr klar, wo sie waren. Dies hier war sein Heiligtum! Vorsichtig trat sie zu ihm und hatte bei jedem Schritt das Gefühl, auf geweihter Erde zu gehen. Alex Markoff teilte diesen Ort ausgerechnet mit ihr … Warum? wollte sie fragen.
    Stattdessen setzte sie sich neben ihn. „Schreiben Sie hier?“
    „Manchmal. Hin und wieder gehe ich ein Stück weiter flussaufwärts. Das Geräusch des Wassers übertönt meine Gedanken. Das hilft.“
    „Komisch, ich hätte gedacht, dass man zum Schreiben die Gedanken braucht.“
    „Nicht alle davon.“
    Das konnte Kelsey verstehen. Weiß Gott, auch sie hatte Gedanken und Gefühle, die sie gern immer übertönte.
    Alex griff in die Tüte und reichte ihr eine Apfeltasche, sie gab ihm eine der beiden Wasserflaschen. Sie saßen da, aßen und baumelten mit den Beinen über dem Fluss, und ohne sich dessen bewusst zu sein, im gleichen Rhythmus.
    Der Augenblick hatte etwas Kindliches, und Kelsey fühlte sich auf einmal sorglos und frei wie schon seit Jahren nicht mehr. Vielleicht wie noch nie. Sie betrachtete die Wirbel, die das Wasser unter ihren Füßen bildete, und stellte sich vor, wie Grandma Rosie und ihre Schulden von den Wellen davongespült wurden.
    „Ist das Wasser kalt?“, fragte sie lächelnd.
    „Stecken Sie Ihre Füße hinein, und probieren Sie es selbst.“
    „Ist das eine Mutprobe?“
    „Mutproben interessieren mich nicht.“
    „Ach so. Und deshalb beantworten Sie meine Frage nicht.“
    „Ich antworte nicht, weil Sie über die Temperatur ja anderer Ansicht sein könnten als ich.“
    Mit anderen Worten, sie musste es selbst versuchen. Ganz bestimmt war das Wasser kalt! Vielleicht empfand ihr Fuß das anders? Nein, es war doch eine Mutprobe.
    Sie spürte, wie Alex sie aus den Augenwinkeln beobachtete, als sie ihre Schuhe und Strümpfe auszog. Dann rutschte sie an den Rand vor, soweit sie konnte, ohne hinunterzufallen, und steckte vorsichtig, langsam ihre Zehen ins Wasser.
    „Himmel noch mal, das ist eiskalt!“ Es fühlte sich an, als hätte sie ihren Fuß in einen Eimer mit Eiswürfeln getaucht.
    „Ich nehme alles zurück, wir sind also derselben Ansicht“, bemerkte Alex.
    Wenn das kein mutwilliges Glitzern in seinen Augen war! Die Wirkung war umwerfend. „Sie hätten es mir auch einfach sagen können“, beschwerte sie sich lachend.
    „Sie hätten Ihren Fuß ohnehin reingesteckt.“
    „Nein, hätte ich nicht.“
    „Oh, doch. Denn ich an Ihrer Stelle hätte es getan.“
    „Wollen Sie damit sagen, dass wir uns ähnlich sind?“
    „Sind wir das nicht?“
    Kelsey schwieg. Sie hatte schon längst das Gefühl, dass sie und Alex viel gemeinsam hatten, obwohl ihr das völlig verrückt vorkam. Schließlich stammten sie aus entgegengesetzten Welten: Er war reich und erfolgreich, sie dagegen mittellos und entwurzelt. Eremit gegen Nomadin. Und doch saßen sie hier auf diesem Felsen, und die Welt schien endlich an ihren Platz gerückt zu sein. Alles fühlte sich so vertraut an, als sollte es so sein.
    Sie zog die Knie an und schlang die Arme darum.
    „So einen Anblick kriegt man in Throg’s Neck natürlich nicht geboten“, bemerkte sie leichthin.
    „Sind Sie dort

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