Das Glück einer Sommernacht
aufgewachsen?“
„Unter anderem.“ Sie war ihm dankbar, dass er jetzt nicht nach all den Orten fragte, an denen sie einmal gelebt hatte. „Und Sie? Haben Sie früher immer in Los Angeles gewohnt?“ Als Alex die Augenbrauen hob, zuckte sie entschuldigend die Achseln und schob nach: „Die Google-Artikel …“
Er schüttelte den Kopf. „Ich bin in New York aufgewachsen. Nach Los Angeles kamen wir erst, ein paar Monate bevor …“
Er brauchte nicht weiterzureden. Kelsey wusste, was er meinte. „Fehlt es Ihnen?“
„Los Angeles? Nein.“
„Tut mir leid, das war eine dumme Frage.“
„Nein, war es nicht. Es gab manches an Kalifornien, das ich sehr mochte. Zum Beispiel an der endlosen Küste entlangzufahren, mit Blick auf den Ozean.“
Kelsey blickte hinunter auf die Wassermassen unter ihnen. Sie konnte sich Alex am Meer sofort vorstellen.
„Aber im Herzen bleibe ich wohl immer ein New Yorker“, fügte er hinzu.
„Waren Sie nach Ihrer Hochzeit noch manchmal dort?“
„Nein.“
„Und Ihre Familie?“, entfuhr es Kelsey, und sie hätte sich gleich darauf am liebsten auf die Zunge gebissen. Wie konnte sie ihm nur eine so persönliche Frage stellen! Jetzt hatte sie sich zu weit vorgewagt.
Aber Alex antwortete ihr, ruhig, ohne sie anzusehen. „Mein Vater kam im World Trade Center um. Meine Mutter starb ein Jahr später.“
„Sie haben Ihren Erfolg nicht mehr erlebt.“
„Nein“, sagte er tonlos.
„Das tut mir leid.“
Er zuckte die Achseln. „So ist das Leben.“
„Manche packt es härter an als andere“, bemerkte sie leise.
Alex löste den Blick von den Fluten unter ihnen, griff nach der Wasserflasche und trank einen Schluck. Er schien tief in Gedanken versunken zu sein. Was hätte Kelsey darum gegeben, wenn sie ein einziges Mal in seinen Kopf hineinsehen könnte!
Die Stille hing so lange zwischen ihnen, dass Kelsey schon beinahe dachte, Alex habe sie vergessen. Bis er leise weitersprach. Sie musste sich anstrengen, um ihn über das Rauschen des Wassers hinweg überhaupt zu verstehen.
„Sie dachte, es würde sie zum Star machen.“
Er sprach von Alyssa! Kelsey spürte, wie ihr Herz einen Schlag aussetzte. Damit hatte sie am allerwenigsten gerechnet.
„Ich hatte die Filmrechte an Folge dem Mond verkauft. Sie hatte sich vorgestellt, ihr würden sich alle Türen öffnen, da sie doch schließlich mit mir verheiratet war. Unsere Ehe sollte ihre Eintrittskarte zur Hauptrolle werden. Ich war so blind. Ich habe mir eingeredet, dass es hinter ihrem Ehrgeiz auch Zuneigung gab. Aber ich habe viele Menschen falsch eingeschätzt. Wie schon gesagt, man verliert in diesem Geschäft leicht den Überblick.“
Sein Geständnis brach ihr das Herz. Alex war zu streng mit sich! Er war ein alleinstehender Mann gewesen, ohne Familie, ohne Rückhalt, ohne irgendeinen Menschen, mit dem er sich gemeinsam über den plötzlichen Ruhm freuen konnte. Und da hatte sich eine schöne und begehrenswerte Frau an ihn herangemacht. Kein Wunder, dass er ihr ins Netz gegangen war.
Wie gern hätte Kelsey ihm die Hand auf den Arm gelegt und ihm zu verstehen gegeben, dass er nicht allein war. Aber sie hielt sich zurück. Alex war so offen und verletzlich in diesem Augenblick. Sie wollte ihn nicht erschrecken.
„Wie haben Sie gemerkt …“, begann sie.
„… das Alyssa mich nur benutzt hat?“ Er verstummte. „Ich glaube, ich habe es immer geahnt. Aber ich wollte es mir nicht eingestehen. Alyssa lag viel daran, ständig auszugehen und gesehen zu werden. Das war zunächst sehr ungewohnt für mich, und natürlich wollte ich sie glücklich machen. Aber ich habe es nie gemocht.“
Kelsey dachte an die Fotos im Internet. Ja, man konnte es ihm dort ansehen. Sie hatte das Unbehagen hinter seiner ernsten Miene immer gespürt.
„Sie war wohl nicht darüber begeistert, dass Sie auf Dinnerpartys Short Storys geschrieben haben“, bemerkte sie lächelnd.
„Oh, Gott, nein“, sagte er und lachte sogar. „Der Tropfen hat vielleicht das Fass zum Überlaufen gebracht. Das, und die Tatsache, dass die Verfilmung von Folge dem Mond noch in der Vorbereitungsphase gestoppt wurde. Man kann schlecht vom Ruhm seines Ehemannes profitieren, wenn es keine Rolle gibt.“
Also verließ sie ihn und profitierte stattdessen von der Scheidung. Gemeinsam mit seinen sogenannten Freunden.
In diesem Augenblick flog Kelseys Herz Alex endgültig zu. Sie wusste nicht, warum er ausgerechnet ihr seine Geschichte erzählte, doch sie war unendlich
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