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Das Glück einer Sommernacht

Das Glück einer Sommernacht

Titel: Das Glück einer Sommernacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wallace
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rührte sich nicht vom Fleck. Zögerte er doch noch, mitzukommen? Er stand da und sah sie auf seine leicht abwesende Art an. Sie spürte, dass es in ihm arbeitete, aber sie hatte keine Ahnung, woran er jetzt wohl dachte.
    Dann entdeckte sie die Krawatte in seiner linken Hand. Natürlich!
    „Soll ich helfen?“ Ohne die Antwort abzuwarten, trat sie zu ihm. „Windsorknoten kann ich ziemlich gut.“
    Kelsey band nicht zum ersten Mal in ihrem Leben eine Krawatte. Aber zum ersten Mal fühlte der Vorgang sich so intim an. Und gleichzeitig erschreckend natürlich und vertraut. Nur wenige Zentimeter trennten sie voneinander, als sie jetzt vor ihm stand, und sie roch den Hauch von Holz und Gewürzen, der Alex umgab. Sie musste sich heftig zusammenreißen, um nicht die Augen zu schließen und tief einzuatmen. Sofort verbot sie sich auch, auf seine gebräunte nackte Haut am Halsausschnitt zu starren.
    „Können Sie den obersten Knopf zumachen?“, bat sie ein wenig atemlos.
    Fast hoffte sie, dass er Nein sagen würde. Dann müsste sie es tun, und beinahe spürte sie schon seine Haut unter ihren Fingern, wenn sie nach dem Knopfloch greifen würde.
    Leider – oder glücklicherweise – tat er jedoch, worum sie ihn bat. Einen Augenblick später schlang sie ihm den feinen Seidenstoff um den Nacken.
    „Wo haben Sie gelernt, eine Krawatte zu binden?“, fragte Alex.
    „An Schuluniformen. Im ersten Jahr auf der Junior Highschool musste ich dafür sorgen, dass immer alle Kinder im Haus anständig aussahen. Unsere Pflegemutter …“
    „Pflegemutter?“
    Kelsey wurde rot. Sie spürte, wie die Wärme sich in ihrem ganzen Gesicht ausbreitete. „Ja, ich hatte eine Pflegemutter. Sie hat viel Wert auf Äußeres gelegt. Sie hat uns nicht aus dem Haus gelassen, wenn wir nicht alle tipptopp aussahen. Es gab dort einen Jungen, Tyrrell, der es beim besten Willen nie schaffte, ordentlich auszusehen. Ihm habe ich jeden Morgen seine Schulkrawatte gebunden.“
    Alex lächelte kaum merklich.
    „Wir mussten auch Krawatte zu unserer Schuluniform tragen“, gab er zurück. „Furchtbare Dinger, die einen beim Herumrennen und Spielen behinderten. Ich habe sie gehasst.“
    Das wunderte sie überhaupt nicht! Männer wie Alex waren nicht der Typ für Anzüge und Krawatten. Obwohl Alex auch im Anzug so fantastisch aussah, dass sie den Blick nicht von ihm lösen konnte.
    „Tyrrell hat über Krawatten immer genau dasselbe gesagt“, plauderte sie weiter, um sich abzulenken. „Wahrscheinlich hat deshalb seine Krawatte auch nie länger als eine Stunde gehalten.“
    Sie schlang ein Ende durch eine Schlaufe. „Manchmal habe ich später noch überlegt, wer ihm dann wohl die Krawatten gebunden hat, nachdem ich weg war.“
    „Wie lange waren Sie dort?“
    „In dieser Familie? Anderthalb Jahre, glaube ich. Ich habe nie Buch geführt.“ Der Knoten war vollendet, und vorsichtig zog sie ihn zum Kragen hin zu. „So. Nicht der beste Knoten, den ich je gebunden habe, tut mir leid. Ich bin ein bisschen aus der Übung.“
    „Er ist wunderbar, vielen Dank“, sagte er und warf ihr einen kurzen Blick zu, den sie nicht deuten konnte. Dann fragte er plötzlich: „Das war nicht immer leicht, oder?“
    „Was? Die Krawatte zu binden?“, fragte sie verwirrt. Sie wich seinem Blick aus, betrachtete noch einmal ihr Werk und zupfte es ein klein wenig zurecht, was gar nicht nötig gewesen wäre. Es war ein Vorwand, um die Hände nicht von ihm nehmen zu müssen.
    „So oft umzuziehen“, gab er ruhig zurück.
    Ihre Finger hielten inne. An welchem Punkt hatte dieses Gespräch so eine persönliche Wendung genommen?
    „Man gewöhnt sich daran“, antwortete sie achselzuckend. „Nach einer Weile wird es zu einer Lebensweise: Einpacken und Weiterziehen.“
    „Genau wie Zeitarbeitsjobs?“
    Langsam hob sie den Blick und sah in sein Gesicht. Sein Blick war ernst und auf einmal wieder völlig offen.
    „Ja, wie Zeitarbeitsjobs.“
    Für eine Sekunde blieb die Zeit stehen. Die Luft um sie herum wurde dichter. Irgendetwas schlug dumpf unter ihren Fingerspitzen. Alex’ Herz! Kelsey merkte, dass sie die Hände an seine Brust gelegt hatte. Das langsame, stetige Schlagen stand in verrücktem Kontrast zu ihrem eigenen rasenden Herzklopfen.
    „So, von mir aus kann es losgehen“, sagte sie bemüht munter und trat einen Schritt zurück. Sie brauchte Abstand!
    Der Radiosender hatte nicht übertrieben, als er das Eröffnungskonzert an diesem Abend zum Ereignis dieses Sommers

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