Das Glück einer Sommernacht
erklärte. Alles, was in hundert Kilometern Umkreis Rang und Namen hatte, schien sich an diesem Abend im Music Center einzufinden. Kelsey fühlte sich wie in einem Sommernachtsmärchen, als sie das Gebäude betraten.
Der große, geschmückte Saal war nicht so bunt wie Alex’ Garten oder so bezaubernd wie die Wasserfälle im Wald, aber ungeheuer stimmungsvoll und elegant. Hunderte von Teelichtern und Blumenarrangements zierten festlich die Wände und das Podium. Kelsey fühlte sich wie Aschenputtel am Arm ihres Prinzen. Ihres attraktiven, schweigsamen Prinzen.
Alex hatte kaum ein Wort gesagt, seit sie Nuttingwood verlassen hatten. Während der Fahrt hatte er einfach die meiste Zeit aus dem Fenster gesehen. Auch jetzt wirkte er innerlich meilenweit weg. Kelsey ahnte seine Anspannung, obwohl seiner Miene davon nichts anzusehen war. Immerhin bestand ein Riesenunterschied zwischen einem Kurzbesuch in Farley Grangerfields Laden und der Teilnahme an einem Galaabend, bei dem die versammelte Elite von New England anwesend war. Das Ambiente musste Erinnerungen in ihm wachrufen, die er sicher lieber für alle Ewigkeit vergessen wollte.
„Wir brauchen ja nicht lange zu bleiben“, sagte sie spontan.
Endlich schien Alex aufzuwachen und wandte sich ihr zu. „Was meinen Sie?“
„Das Konzert. Ich weiß, dass Sie jetzt lieber irgendwo anders wären.“
„Da schätzen Sie mich aber vollkommen falsch ein.“
„Sie meinen, Sie würden in diesem Augenblick nicht lieber durch die Wälder streifen?“, fragte sie vorsichtig.
Er antwortete nicht gleich, dann zuckte er die Achseln. „Ich fürchte, wir sind ein bisschen zu fein angezogen, um an den Wasserfällen über die Steine zu hüpfen, nicht?“
„Sehr lustig“, gab sie zurück und verdrehte die Augen. „Ich wollte nur sagen, ich weiß es wirklich zu schätzen, dass Sie mitgekommen sind.“
„Eine Frau wie Sie sollte nicht allein sein.“
Wieder diese Formulierung! Sie gab sich alle Mühe, aber es war schwer, den Satz einfach an sich abprallen zu lassen. Vielleicht war es Alex nicht bewusst, dass man seine Wortwahl auch falsch verstehen konnte. Andererseits war er ein Schriftsteller, er konnte mit Worten doch umgehen!
Doch bevor sie noch etwas sagen konnte, näherte sich ihnen ein Kellner mit einem Tablett voller Sektgläser.
„Champagner?“
Kelsey schüttelte den Kopf.
„Ich muss fahren“, sagte sie. Das war nur die halbe Wahrheit, doch sie hoffte, Alex würde sich treu bleiben und auf seine übliche Art nicht weiter nachfragen.
Aber an diesem Abend hatte er offenbar beschlossen, der Welt einen anderen Alex Markoff zu zeigen. Taktvoll wartete er, bis der Kellner fort war, dann fragte er: „Was ist der wahre Grund?“
„Wieso denken Sie, es gibt noch einen anderen Grund?“ Sie zupfte an ihrem Halstuch. Woher konnte er das wissen?
„Ihr Gesicht. Sie spannen die Mundwinkel an, wenn Sie Munterkeit vorspielen.“
„Tatsächlich?“
Er nickte. „Das habe ich gleich am ersten Tag bemerkt, als Sie mir die ganze Zeit so munter zugelächelt haben.“
Sie spürte, wie ihr heiß im Gesicht wurde. Warum hatte sie nur ein Kleid angezogen, das so viel Haut zeigte? Sicher sah auch der ganze Saal, wie rot sie geworden war. „Sie haben gemerkt, dass mein Lächeln nicht echt war?“
„Ich habe eine Menge Dinge an Ihnen bemerkt.“
Wenn noch nicht alle Leute gesehen hatten, wie sie errötet war, dann entging es inzwischen bestimmt niemandem mehr. Zweifellos glühte ihr Gesicht nur so. Bei Alex’ Worten hatte sich die Wärme über ihren ganzen Körper ausgebreitet. Dazu kam der Ton, in dem er es gesagt hatte. Bildete sie sich das nur ein? Seine Stimme klang rauer und noch tiefer als sonst. Kelsey spürte, wie alles in ihr dahinschmolz. Ihre Knie waren so wachsweich, dass sie fürchtete, sie könnten jeden Moment unter ihr nachgeben.
Alex hob sein Glas an die Lippen.
„Ist Stuart eigentlich bewusst gewesen, was er tat, als er Sie engagiert hat?“, murmelte er über den Rand des Glases wie zu sich selbst.
Verwirrt sah Kelsey ihn an. Sie hing gebannt an der glitzernden Spur, die der Champagner auf Alex’ Oberlippe hinterlassen hatte, und konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. Was sollte Stuart getan haben?
„Er wollte nur, dass das Manuskript rechtzeitig fertig wird“, gab sie zurück. Was meinte Alex bloß?
Alex sah sie schweigend an und trank einen weiteren Schluck.
„Sie haben noch nicht geantwortet“, sagte er dann. „Möchten Sie vielleicht
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