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Das Glück geht nicht zu Fuß: Wie mein Leben ins Rollen kam (German Edition)

Das Glück geht nicht zu Fuß: Wie mein Leben ins Rollen kam (German Edition)

Titel: Das Glück geht nicht zu Fuß: Wie mein Leben ins Rollen kam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Kiefer
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Thomas stecken könnte. War das der Feuermann, der mich damals an der Wand lehnend beobachtet hatte? Ach, wie unglücklich war ich an diesem Samstagnachmittag gewesen, weil Markus lieber auf dem Sofa blieb, als mit mir und Tim zum Feuerwehrfest zu gehen. All die glücklichen und stolzen Papas dort. Und ich: allein. Heute war ich auch mit Tim allein, doch diesmal aus freien Stücken und im Großen und Ganzen ziemlich glücklich. Ich schrieb Thomas sofort zurück. Natürlich verzichtete ich darauf, ihm meinen Gedanken vom Feuerwerfest zu offenbaren: Was glotzt der so! Ich war damals nicht gut gelaunt gewesen.
    Wir wechselten noch ein paar Mails, dann schlug ich einen Hundespaziergang am Sonntag vor, wenn Tim bei Markus sein würde. Thomas hatte zwar eine eigene Wohnung, besuchte jedoch sehr oft seine Eltern, die in meiner Nähe wohnten. Mit meinem Trac und Sita machte ich mich auf den Weg zu Thomas – er kam mir auf halber Strecke entgegen. Nach der Begrüßung war es ein bisschen steif. Thomas wirkte angespannt. Sita half mir dabei, die Situation zu entkrampfen. Für mich war das lediglich ein nachbarschaftlicher Kontakt. Ich kannte noch nicht so viele Leute in der Gegend und freute mich über jede neue Bekanntschaft.
    Ich fand Thomas sehr nett, allerdings war er mir in seinem Brief nähergekommen als beim Spaziergang. Ich nahm ihn als ernst und überkorrekt wahr. Irgendwie wurde ich nicht richtig warm mit ihm. Als ich später darüber nachdachte, warum er mir im Brief so viel vertrauter erschienen war, vermutete ich, das läge vielleicht an seiner Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte. Damit war er zur Welt gekommen und im Lauf der Jahre mehrfach operiert worden. Das ist bestimmt ein hartes Schicksal. Krankenhausaufenthalte, Hänseleien anderer Kinder – und wahrscheinlich war die Medizin damals noch nicht so weit wie heute. Thomas hatte es sicher nicht leicht gehabt, und vielleicht war er deshalb so ernst.
    Was bei einem persönlichen Treffen nicht zu verheimlichen war und unser Gespräch manchmal stocken ließ, hatte er schon in seinem Brief in einfühlsame Worte gekleidet. Während bis zu meinem 19. Lebensjahr alles leicht und locker und fröhlich verlief, war es bei ihm genau umgekehrt. Er hatte schwere Zeiten hinter sich, ehe er alle Operationen überstanden hatte. Heute sieht man ihm sein Handicap kaum mehr an. Es gefiel mir, dass Thomas so offen über sein Schicksal sprach. Er war diesbezüglich völlig frei. So wagte ich es auch, ihn zu fragen, ob die Lippen-Kiefer-Gaumenspalte vererbbar sei. Thomas grinste: »Ich habe mich noch nie zuvor nach einer Stunde Kennenlernen mit einer Frau über meine Eignung als Vater unterhalten.«
    Vor Lachen konnte ich mich kaum mehr halten. Das war ein sehr schöner und unbeschwerter Moment, in dem ein anderer Thomas aufblitzte.

Das Finale
    Auch zum Finale begleiteten mich Tim und Nadine. Es fand am 1. Oktober statt. Vor einem Jahr war Marcky eingeschläfert worden, ich hatte mich von Markus getrennt und mein Studium begonnen. Nun war ich Finalistin in einem Schönheitswettbewerb. Was für ein Jahr!
    Schon eine Woche vor dem großen Event reisten wir an, um den Ablauf der Show einzustudieren, Kleider anzuprobieren, Interviews zu geben und fotografiert zu werden. In verschiedenen Grüppchen sollten wir verschiedene Choreographien vorführen. Eine sehr nette Tanzlehrerin probte täglich mit uns. Während sich meine Aufregung während der Vorbereitung in Grenzen hielt, da ich rund um die Uhr beschäftigt war, steigerte sie sich am Abend der Vorstellung ins Unermessliche. Ich litt schrecklich unter Lampenfieber, als die ersten Gäste in den Saal strömten. Mit meinen Mitfinalistinnen wartete ich hinter der Bühne. Ich bekam kaum Luft vor Nervosität. Alles, was ich mir in diesen Momenten wünschte, war, dass der Abend so schnell wie möglich vorbei sein sollte und ich in meinem Hotelbett liegen dürfte oder noch besser: schon wieder zu Hause wäre.

    Meine Gruppe war die erste, die sich dem Publikum und der Jury präsentieren sollte. Es gab kein Zurück. In diese Situation hatte ich mich selbst gebracht. Ich legte meine Hände an die Greifreifen und ergab mich meinem Schicksal. Zu dritt führten wir unsere Choreographie auf. Alles klappte prima. Das Licht strahlte mich an. Wie früher im Freiberger Karneval Klub FKK. Doch es war heller. Und alles war größer, professioneller. Dennoch war es eine Bühne, und dort hatte ich mich immer wohl gefühlt. Hoch die Beine. Höher. Cancan. Ich

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