Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Glück geht nicht zu Fuß: Wie mein Leben ins Rollen kam (German Edition)

Das Glück geht nicht zu Fuß: Wie mein Leben ins Rollen kam (German Edition)

Titel: Das Glück geht nicht zu Fuß: Wie mein Leben ins Rollen kam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Kiefer
Vom Netzwerk:
Shootings für Logona statt. Mein Gesicht erschien in vielen Bio-Zeitschriften und -Zeitungen. Ich musste ständig zum Friseur. Und die Wohnung sollte blitzblank aussehen, weil oft Fernsehteams zu mir nach Hause kamen. Und Tim. Und Sita. Und mein Studium. Meine Familie. Irgendwie schaffte ich es. Denn es machte ja auch Spaß, und was man gerne tut, das geht einem leicht von der Hand. Wie ein kleines Bäumchen wuchsen meine Kontakte in die Öffentlichkeit. Hier ein Ästchen, das zu einem Ast wurde, dort ein Zweig, viele neue Blätter.

Mein erstes Kampagnen-Foto erschien in vielen Zeitschriften.
    Das Leben in der Öffentlichkeit ist ganz schön anstrengend, und reich bin ich damit nicht geworden, auch wenn andere das glauben mochten. Für die Zeitungsartikel bekam ich kein Honorar und für die meisten Fernsehauftritte auch nicht. Das lief alles unter PR, wie auch die vielen Berichte in Frauenzeitschriften. In einem Artikel hieß Sita Sandy und Markus hieß Bernd und ich studierte Jura. Ich regte mich nicht über diese Fehler auf. Ich wunderte mich eher.
    Der Fotograf einer Agentur gestattete mir, seine Bilder auch anderweitig zu nutzen, so konnte ich ein paar Euro verdienen. Einer Behindertenzeitschrift gab ich kostenlos ein langes Interview. Ein paar Wochen später brachte sie mich als Covergirl, was dann wiederum zu einem Model-Auftrag für eine Rollstuhlfirma führte. Es ist ein Geben und Nehmen. Ich habe viel ohne Verdienst gemacht – und von anderer Stelle kam dann plötzlich etwas zurück. Und genauso bin ich auch zu diesem Buch gekommen. Ein Autor fragte mich, ob er mein Foto für den Titel seines Buches verwenden dürfe, das er im Eigenverlag veröffentlichen wollte. Ich gab meine Zustimmung, verlangte kein Honorar, das Buch landete beim Verlag Droemer Knaur, und ein Mitarbeiter recherchierte nach der Frau auf dem Cover. »Möchten Sie Ihre Geschichte aufschreiben?«, wurde ich gefragt.
    Hier ist sie.

Der nervöse Nikolaus
    Hin und wieder traf ich mich mit Thomas, und wir gingen mit Sita spazieren. Ich war gern mit ihm zusammen, betrachtete ihn jedoch nach wie vor als Nachbarn. Thomas, dieses Eindrucks konnte ich mich nicht erwehren, wollte mich gern in sein Dorf integrieren. Wann immer sich die Möglichkeit ergab, stellte er mich anderen Leuten vor. Einmal lud er mich zu einem Brunch ein. Ich solle auch Tim mitnehmen, es wären viele Kinder dabei. Bei dem Brunch lernte ich einige von Thomas’ Freunden kennen: Julia und Florian, Vida und Martin, Silke und Markus mit dem kleinen Yannick, Steffi, Isa und einen zweiten und einen dritten Thomas.
    Es war eine fröhliche Runde, und ich fühlte mich wohl. Als ich zur Toilette musste, bat ich meinen Thomas, kurz auf Tim aufzupassen. Später gestand er mir, dass ihn das ein bisschen gestresst habe. Plötzlich sei er allein verantwortlich für ein Kind gewesen – und ziemlich froh, als ich zurückkam.
    Egal, wohin ich gehe: Einer meiner ersten Blicke gilt stets den Toiletten. Wo sind sie? Erreichbarkeit? Stufen? Behinderten-WC? Wenn ich eingeladen werde zu einer öffentlichen Veranstaltung, erkundige ich mich oft bei anderen nach den Toiletten. Was die Sauberkeit angeht, bin ich nicht empfindlich – ich war auch schon mal auf einem Männerklo, weil dort die Türen breiter waren. Die Türen sind häufig das erste Problem, denn der Rollstuhl muss ja hindurchpassen. Optimal ist es, wenn es einen Vorraum gibt und einen Toilettenraum. Ich bin schon froh, wenn ich überhaupt an die Toilette heranfahren kann. Da ist es mir dann egal, wenn ich die Tür offen lassen muss, weil sie nach innen aufgeht.
    Die Prioritätenliste einer Rollstuhlfahrerin könnte in etwa so aussehen:
     
Platz auf der Toilette
Keine Stufen
Unterfahrbare Möbel, zum Beispiel in Restaurants
Freie Behindertenparkplätze
Hilfsbereite Menschen
    Auch zu einer Nikolausparty lud Thomas mich und Tim ein. Es rührte mich, wie er sich um unsere Integration bemühte. Thomas war aufgeregt, denn er selbst sollte in die Rolle des Nikolaus schlüpfen.
    »Gibt es dort Treppen?«, fragte ich als Erstes.
    »Ich kann dich tragen«, erwiderte er hilfsbereit.
    Ich besorgte ein kleines Geschenk für Thomas und eines, das der Nikolaus Tim überreichen sollte. Ferner schrieb ich in einigen Zeilen für das goldene Buch des Nikolaus, was Tim gut gemacht hatte und was er verbessern konnte.
    Bei dieser Nikolausfeier lernte ich auch Thomas’ Mutter Karin kennen. Wir waren uns schon einige Male auf der Straße begegnet,

Weitere Kostenlose Bücher