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DAS GLÜCK IM AUGENWINKEL: Roman (German Edition)

DAS GLÜCK IM AUGENWINKEL: Roman (German Edition)

Titel: DAS GLÜCK IM AUGENWINKEL: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Salchow
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Tür und Angel besprochen zu werden."
    Sein Blick schien sie regelrecht zu durchleuchten und auf gewisse Weise nach Details zu suchen, die keinesfalls übersehen werden durften. Eine Tatsache, die sie nervös machte, aber es gelang ihr nicht, sich abzuwenden.
    "Aus welchem Grund sollte ich mich mit Ihnen unterhalten?", fragte sie, darum bemüht, möglichst gleichgültig zu klingen. "Noch dazu an einem anderen Ort als diesem?"
    "Wie gesagt, Frau Jäger ist eine gemeinsame Bekannte und …" Seine Selbstbeherrschung begann zu bröckeln. "Es ist schwer zu erklären, und ich glaube wirklich, dass es der Bedeutsamkeit dieses Themas angemessen wäre, wenn wir unser Gespräch an einem anderen Ort fortführen würden."
    Sie riss sich von seinem Blick los. So irritierend seine Anwesenheit auch war, er war ein Fremder, und es war mehr als unvernünftig, das Vertrauen zu ihm allein auf einem Gefühl aufzubauen.
    "Tut mir leid, aber wenn das Ihre einzige Begründung für ein Gespräch mit mir ist, habe ich leider keine Zeit für Sie." Sie zog ein Buch aus dem Regal und stellte es in eine Lücke unter dem Buchstaben E . "Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich habe zu tun."
    Sie zog ein weiteres Buch heraus, das weder unter dem falschen Buchstaben noch dem falschen Autor plaziert war. Ein nervöses Verhalten, das sie verärgerte. Wie gelang es ihm, sie allein durch seine Anwesenheit so aus der Fassung zu bringen? Was auch immer er von ihr wollte, sie wusste, dass sie keine Energie, kein Interesse dafür aufbringen wollte. Dass sie nicht bereit war, sich darauf einzulassen. Warum nur war sie dermaßen nervös? Kannte sie ihn vielleicht doch und hatte es nur vergessen? Sie unterdrückte den Drang, ihn erneut zu mustern, um die letzte Unsicherheit aus dem Weg zu räumen.
    Aus dem Augenwinkel sah sie, dass er einen Schritt näher kam.
    "Ich habe meine Frau verloren", sagte er, nun etwas leiser.
    "Das tut mir leid", antwortete sie, den Blick noch immer auf die Buchrücken im Regal gerichtet.
    "Am 13. September 2010", sagte er.
    Unweigerlich hielt sie den Atem an. Zögernd erwiderte sie seinen Blick.
    "Um genau zu sein, bei demselben Drama, das auch Ihren Mann das Leben gekostet hat", fuhr er fort.
    Sie umklammerte das Buch so fest, dass die Haut an ihren Händen weiß wurde. Der 13. September.
    Sie räusperte sich. "Ich weiß nicht, was ich sagen soll."
    Ihre Kehle schnürte sich zusammen, der altbekannte Druck legte sich auf ihren Brustkorb. Dasselbe Gefühl, das sie überkam, wann immer sie etwas an Patricks Tod erinnerte. Nur dass sie dieses Mal nicht etwas daran erinnerte, sondern jemand .
    "Ich kann verstehen, wenn Ihnen jetzt die Worte fehlen", sagte er. "Deshalb würde ich ja gerne in Ruhe mit Ihnen reden. Woanders. Ist es Ihnen recht, wenn ich Sie heute gegen Feierabend abhole? Ich könnte Sie zum Essen einladen. Sie dürfen auch das Restaurant auswählen."
    Was hatte er gesagt? Ein Bekannter von Frau Jäger? Sie mochte die alte Dame, die hin und wieder Zupfkuchen vorbeigebracht hatte, wenn sie einer Einladung ihrer Mutter zum Kartenspielen gefolgt war. Aber genügte das, um sich mit einem völlig Fremden zu treffen?
    "Mir steht nicht der Sinn nach einem Abendessen", antwortete sie. Und es stimmte.
    "Es geht mir nicht ums Essen, sondern um ein Gespräch. Ein Gespräch abseits des Trubels hier." Er machte eine Handbewegung, die sich auf das bunte Treiben im Buchladen bezog. "Wie wäre es mit einem Kaffee? Morgen früh im Bistro auf der anderen Straßenseite? Sagen wir um Acht?"
    Seine Hartnäckigkeit verwirrte sie. Trotzdem wusste sie, dass sie seine Einladung nicht ablehnen konnte. Es ging um den 13. September. Den Amoklauf. Den Tod von zwölf Menschen, von denen zumindest ein weiteres Opfer nun keine Fremde mehr bleiben würde. So sehr die Erinnerung daran selbst nach all den Monaten noch schmerzte, sie spürte, dass es richtig war, mit ihm zu reden. Nur nicht jetzt. Nicht hier.
    "Also gut", sagte sie. "Ich werde da sein."
    "Großartig." Zum ersten Mal während des Gesprächs lächelte er. Ein Lächeln, das erneut einen Hauch von Vertrauen in ihr weckte.
    Er reichte ihr die Hand, um sich zu verabschieden, als ihr auffiel, dass er sich gar nicht vorgestellt hatte.
    "Wie heißen Sie überhaupt?", fragte sie.
    "Ich bin Simon", antwortete er.
    Sie schob das Buch zurück in die Lücke, aus der sie es genommen hatte, und nickte ihm mit dem letzten Rest Unsicherheit zu.
    "Ich bin Nita."

    *

    Sein Herz hämmerte, als ob es gleich

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