Das Glück reicht immer für zwei
meinem Leben gegeben. Um ehrlich zu sein, hat es seit Ralph gar keine gegeben. Ein paar unsägliche Verabredungen mit Männern, die mich zu Tode langweilten, mehr nicht. Hör auf, in Selbstmitleid zu schwelgen, ermahnte sie sich.
Einen Moment lang schloss sie die Augen. Sie war doch sonst immer so rational, was war nur plötzlich mit ihr los? Es machte keinen Sinn, sich ernsthaft nach jemandem umzuschauen. Jede Beziehung musste irgendwann unweigerlich scheitern.
Gelächter, das der leise Nachtwind heranwehte, holte sie in die Gegenwart zurück, und wieder hatte sie das Gefühl, etwas – egal was – zu dem Mann neben ihr sagen zu müssen.
»Haben Sie …«
»Sind Sie …«
Sie hatten gleichzeitig zu sprechen begonnen.
»Sie zuerst«, sagte Leo.
»Ich wollte Sie gerade fragen, ob das Ihre erste Kreuzfahrt ist. Keine besonders geistreiche Frage, ich weiß.«
Leo schüttelte den Kopf. »Ja, es ist meine erste, und ich fürchte, dass es nicht mein Ding ist. Auch wenn man zahlreiche neue Orte kennenlernt.«
»Und was hat Sie ausgerechnet zu dieser Kreuzfahrt bewogen?«
»Die Reise wurde schon vor Längerem gebucht«, lautete seine knappe Antwort.
Gern hätte sie mehr darüber erfahren, aber sie wollte nicht aufdringlich sein. Beim Abendessen war ihr aufgefallen, wie sehr es ihm widerstrebte, persönliche Fragen zu beantworten. Auf der anderen Seite war sie über ihre plötzliche Neugierde erstaunt und fragte sich, ob seine wahre Geschichte ebenso interessant war wie jene, die sie sich für ihn ausgedacht hatte.
»Und was wollten Sie mich fragen?«
Er wirkte ein wenig überrascht, als hätte er erwartet, dass sie mehr über seine Beweggründe zu dieser Reise erfahren wollte.
»Oh, einfach nur, ob es Ihnen Spaß macht, Workshops abzuhalten.«
Sie lachte. »Nicht wirklich. Das ist nicht mein Ding.«
»Warum haben Sie dann eingewilligt?«
»Man hat mich überredet«, erwiderte sie grimmig. »Meine verfluchte Agentin hat es organisiert.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie jemand sind, der sich leicht überreden lässt.«
»In diesem Fall war es leider so. Doch glücklicherweise begleitet mich ja Mia und unterstützt mich tatkräftig.«
Er lächelte. »Ich mag Mia. Sie scheint die Gabe zu haben, auf andere Menschen zuzugehen, nicht wahr?«
Britt bemerkte, dass Leos Worte einen Anflug von Eifersucht bei ihr auslösten, und war schockiert. Sie war noch nie eifersüchtig auf Mia gewesen, auch wenn sie sie immer um ihre Leichtigkeit im Umgang mit Menschen beneidet hatte.
»Ja, Mia ist recht kontaktfreudig«, sagte Britt. »Deswegen habe ich sie auch gebeten, mich zu begleiten.«
»Und Sie sind das nicht?« Er sah sie neugierig an.
»Was meinen Sie?«
»Aber bei den Workshops machen Sie Ihre Sache jedenfalls gut.«
»Da bin ich ja erleichtert. Ich habe jedes Mal eine Heidenangst davor. Aber Mia hat mir gute Ratschläge gegeben.«
»Man würde meinen, es wäre andersherum«, sagte Leo unvermittelt.
»Wie bitte?«
»Man würde vermuten, Mia sei die Romanautorin. Sie ist …«
»Offener und herzlicher?«
»Ja. Wahrscheinlich. Und sie kommt mir eher wie jemand vor, der an die romantische Liebe und diesen Kram glaubt. Während Sie …«
»Was?«
»Auch wenn Sie sagen, Sie hätten Angst vor den Workshops, kommen Sie mir äußerst selbstbewusst vor. Wie jemand, der … Na ja, wenn Jack Hayes plötzlich vor Ihrer Tür auftauchen würde, würden Sie ihn wahrscheinlich abblitzen lassen.«
Nicht wirklich, dachte Britt. Als ich ihn mir erschrieb, habe ich mich in Jack verliebt. Wenn er bei mir auftauchte, würde ich in seine Arme sinken. Und es müsste nicht einmal Jack sein. Vielleicht einfach nur jemand, der mich versteht. Unsinn, korrigierte sie sich rasch. Nein, ich brauche niemanden, der mich versteht. Wer sollte mich schon verstehen? Oftmals verstehe ich mich ja selbst nicht.
»Hallo, ihr!« Mia kehrte in Shorts und einem langen T-Shirt zurück.
»Hoffe, ihr zwei habt euch nicht die ganze Zeit angeschwiegen. Mir ist aufgefallen, dass keiner von euch eine Plaudertasche ist.«
»Keine Sorge, wir haben uns nett unterhalten«, sagte Leo.
»Und worüber?«, fragte Mia.
»Nichts Besonderes«, antwortete Britt.
»Nein, nichts Besonderes.« Leo stand auf. »Nun, dann vielen Dank, dass Sie mir heute Abend Gesellschaft geleistet haben, meine Damen. Bis bald.«
Er ging in Richtung Treppe, und Mia drehte sich zu ihrer Schwester um.
»Hast du dich wieder mit ihm
Weitere Kostenlose Bücher