Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Glück reicht immer für zwei

Das Glück reicht immer für zwei

Titel: Das Glück reicht immer für zwei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheila O'Flanagan
Vom Netzwerk:
Erfüllung. Herzschmerz. Tränen. Er las die Wörter auf den Blättern, die sie im Raum verteilte. Das Standardrepertoire eines romantischen Liebesromans, dachte er. Er fragte sich, bei wie vielen Menschen Liebe und Romantik gegenüber Herzschmerz und Tränen überwog.
    »Diese Stichwörter brauchen Sie später«, erklärte Britt. »Ich
hätte gern, dass Sie eine Geschichte schreiben, in der sechs dieser acht Wörter vorkommen. Sie kann lang oder kurz sein, das spielt keine Rolle. Die Kurztexte, die Sie letztes Mal verfasst haben, haben mir gut gefallen. Einige waren wirklich sehr stark.«
    Sie ist wieder ganz die Alte, dachte Mia. Trotz Britts Beteuerung, sie brauche diesmal nicht mitzukommen, und obwohl sie noch immer vor Wut kochte, war Mia ihr in den Konferenzraum gefolgt. Sie wollte Britt nicht die Gelegenheit geben, hinterher zu sagen, sie hätte ihre Aufgabe nicht bis zum Ende erfüllt. Sie wollte mit Fug und Recht behaupten können, gute Arbeit geleistet und in vollem Umfang ihrer Jobbeschreibung entsprochen zu haben. Und dazu gehörte, dass sie sich Notizen machte, um die Stimmung unter den Teilnehmern einzufangen, auch bei diesem letzten Workshop. Gut so, dachte sie. Die Zusammenarbeit und das Zusammensein wurden für beide Schwestern zusehends anstrengender.
    Mia verfolgte erstaunt, wie Britt ihren Vortrag mit Bravour meisterte. Zwischen dem ersten Workshop und diesem hatte sie eine bemerkenswerte Verwandlung durchgemacht. Inzwischen war sie selbstsicher und witzig, und die Teilnehmer hingen an ihren Lippen. Sie war jetzt ganz und gar Brigitte Martin und kein bisschen Britt McDonagh. Mia fragte sich, ob es daran lag, dass sie ihr Sujet wie einen ihrer Fälle betrachtete, den es erfolgreich über die Bühne zu bringen galt. Oder glaubte sie plötzlich an das, worüber sie sprach?
    Letzteres bezweifelte Mia stark. Britt war verschlossen. Nachdem sie sich von Ralph getrennt hatte, sagte sie, dass die Ehe einfach nicht funktionieren konnte und nie funktionieren würde und sie nicht bereit sei, darüber zu reden, weil das reine Zeitverschwendung sei. Sie hatte noch nie etwas für Plauderstunden unter Freundinnen übriggehabt, bei denen die jeweiligen Partner und Beziehungen ausgiebig seziert wurden. Und auch nach Ralph änderte sich daran nichts. Mia konnte damals nicht begreifen,
wie ihre ältere Schwester so gefasst bleiben konnte, obwohl jede andere Frau am Boden zerstört gewesen wäre. Britt besaß die Fähigkeit, ihre Emotionen abzuschalten, und Mia bemitleidete und beneidete sie gleichermaßen.
    Kann durchaus sein, dass sie das, was sie gerade tut, nicht mag, dachte Mia, und trotzdem macht sie es ausgezeichnet. Kaum zu glauben, dass sie vor Kurzem noch so wütend war und jetzt vor Charme sprüht. Sie ist charmant, und alle halten sie für reizend und entzückend und denken, sie glaube tatsächlich an die Formel »Und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage«.
    Mia blickte sich verstohlen im Raum um. Alle lauschten gebannt Britts Vortrag. Es war zutiefst lächerlich. Sie hörten der zynischsten Frau an Bord zu und nahmen ihre Worte für bare Münze. Einige machten sich akribisch Notizen über Britts Ausführungen zur Figurenentwicklung und über Gefühle. Kein Wunder, dass Britt als Anwältin so verdammt erfolgreich war, dachte Mia bitter. Sie konnte jeden alles glauben machen.
    Mias Blick blieb auf Leo Tyler haften, der Britt aufmerksam beobachtete. Wie auch bei den letzten Workshops machte er sich keine Notizen (Mia bezweifelte, dass er überhaupt einen Stift dabeihatte). Und doch hörte er ihr hingerissen zu. In der vergangenen Nacht hatte Mia gespürt, dass die Chemie zwischen den beiden stimmte. Auch wenn Britt ihre Anspielung kategorisch von sich gewiesen hatte. Vielleicht, dachte Mia, habe ich das mit der Chemie aber auch falsch interpretiert. Vielleicht hatte Leo hinter ihre Fassade geblickt und etwas in dieser Hinsicht geäußert. Und Leo dachte jetzt an Pippin Costello, die ebenfalls anwesend war und hektisch in ihr Notizbuch mit dem Emblem der Aphrodite auf der Vorderseite kritzelte. Schon möglich, sagte sich Mia, dass ich mich in Bezug auf Britt und Leo geirrt habe und dass Leo viel mehr an Pippin interessiert ist.
    Wie auch immer, sinnierte sie, er hat Britt gesagt, er findet mich sympathisch. Dieser Gedanke ließ Mia lächeln. Es war schön,
wenn ein Mann das sagte, und auch, dass ein Mann überhaupt Notiz von ihr nahm. Seit Allegras Geburt fühlte sie sich als Frau nahezu unsichtbar.

Weitere Kostenlose Bücher