Das Glück reicht immer für zwei
die Delphi-Suite leisten konnte, aber er verhielt sich nicht wie ein schwerreicher Mann. Sie hatte die Erfahrung gemacht, dass schwerreiche Männer einen früher oder später wissen lassen, wie begütert sie sind. (Es sei denn, sie befanden sich inmitten erbitterter Scheidungsverhandlungen – in welchem Fall sie gern vorgaben, am Hungertuch zu nagen. Worin sie nicht besonders gut waren. Einen wohlhabenden Mann, der es gewohnt war, ein Alphatier zu sein, lag es nun einmal nicht, den armen Schlucker zu geben.) Aber selbst wenn Leo nicht in Geld schwamm, musste er immerhin genug verdienen, um sich die zweitteuerste Suite auf dem Schiff leisten zu können. Sagen wir mal wohlhabend, beschloss sie. Aber warum allein? Diese Frage ließ sich nicht so einfach beantworten. Warum hatte er sich als Alleinreisender ausgerechnet die Valentins-Kreuzfahrt ausgesucht? Ihre Gedanken kehrten zu ihrer ursprünglichen Frage zurück. Vielleicht eine Art Pilgerreise, dachte sie unvermittelt. Vielleicht im Gedenken an die Frau, die er geliebt hatte? Vielleicht hatte er diese Kreuzfahrt schon einmal mit jemandem gemacht, der ihm etwas bedeutet hatte und nun …
»… findest du nicht auch?« Mias Frage schreckte sie aus ihrem Tagtraum auf, und Britt sah sie verwirrt an. Sie hatte es genossen, sich eine Geschichte für Leo auszudenken, ihm ein Leben anzudichten.
»Was finde ich auch?«
»Dass eine Schiffstrauung eine gute Idee ist, wenn man eine weiße Hochzeit mit dem ganzen Tamtam umgehen will?«
»Ihr unterhaltet euch übers Heiraten?« Britt sah ihre Schwester und Leo ungläubig an.
»Ja. Wir haben uns gerade über Hector und Judy unterhalten, darüber, was für ein süßes Paar sie sind und dass eine Schiffshochzeit offensichtlich genau die richtige Entscheidung für sie war.«
»Mag sein«, erwiderte Britt.
»Sie wirken reichlich uninteressiert an Hochzeiten für jemanden, der sein Geld mit dem Verfassen von Romanen verdient, in denen es nur ums Heiraten geht«, warf Leo ein.
»In Der perfekte Mann gibt es keine Hochzeit«, hob Britt hervor.
»Stimmt«, sagte Leo.
»Eine Heirat ist oftmals das Ende einer romantischen Liebe.« Ein boshafter Ausdruck erschien auf Britts Gesicht. »Nicht nur in einer Hinsicht.«
»Glauben Sie das wirklich?«
»Sie hat darin sehr viel Erfahrung«, erklärte Mia. Sie beugte sich vor, um ihr Glas auf den Teakholztisch zu stellen, und schrie auf, als das Glas ihr aus der Hand glitt und sich die Hälfte ihres Mojitos auf ihr Kleid ergoss. »So ein Mist!«
»Alles okay?«, fragte Britt besorgt.
»Ja, mit mir schon, aber mein einziges schickes Kleid ist ruiniert.« Sie stand auf. »Ich gehe mich umziehen. Wenn ich mich beeile, kann ich es noch rechtzeitig in einen Wäschesack tun, bevor die Schmutzwäsche eingesammelt wird.«
»Warte kurz, bis ich ausgetrunken habe, dann komme ich mit dir«, erwiderte Britt.
»Ach nein, bleib du hier und trink in Ruhe aus, ich bin gleich wieder zurück.«
Noch bevor Britt einen weiteren Einwand erheben konnte, war Mia bereits auf dem Weg zu ihrer Kabine.
Nachdem sie gegangen war, saßen Britt und Leo eine Weile schweigend da. Britt wurde bewusst, dass sie kaum zu der Unterhaltung beigetragen hatte, und überlegte sich fieberhaft, was sie sagen könnte. Auch war es ihr ein bisschen peinlich, weil sie sich Geschichten über Leo und sein Leben ausgedacht und Mutmaßungen angestellt hatte, warum er allein an Bord der Aphrodite war. Und es war ihr peinlich, dass sie bei seinem Anblick früher am Abend dieses Kribbeln im Bauch verspürt hatte, das sich jedoch zu ihrer Erleichterung wieder gelegt hatte.
Vielleicht unternahm er diese Reise, weil er hoffte, eine Frau kennenzulernen. Schließlich hatte er diese Pippin Costello beim Essen ständig angestarrt. Auf der anderen Seite wäre es für jeden Mann eine Herausforderung gewesen, sie nicht anzustarren. Pippin trug ein Goldlamékleid, das vorn fast bis zum Bauchnabel geschlitzt war, dazu goldene Sandalen und diversen Goldschmuck; das Haar hatte sie zu einer Hochfrisur im Stil der Sechzigerjahre aufgetürmt. In Britts Augen war ihre Aufmachung reichlich übertrieben für den Anlass, doch Leo schien sie attraktiv zu finden.
Aber was verstehe ich schon von attraktivem Aussehen?, fragte sie sich. Auch wenn ich eine Autorin bin, die einen Liebesroman geschrieben hat, verstehe ich selbst nichts von der Liebe. Woher soll ich wissen, was ein Mann anziehend findet? Es ist nicht so, als hätte es zahlreiche Affären in
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