Das Glück trägt Cowboystiefel: Eine wahre Liebesgeschichte (German Edition)
Zeitraum morgendlicher Übelkeit in der Geschichte der menschlichen Schwangerschaft gewesen. Ich stand auf und wartete, dass mir wieder schlecht wurde, doch es geschah nichts. Voller Hoffnung wusch ich mich und zog mich an; Marlboro Man war natürlich schon unterwegs. Er war zur Arbeit gegangen, als es noch dunkel war. Ich schminkte mich und fragte mich, ob ich es wohl je schaffen würde, zusammen mit ihm aus dem Bett zu kommen. Ob das wohl irgendwem gelang?
Nachdem ich meinen Vater angerufen hatte, um mich nach seinem Zustand zu erkundigen, suchte ich gegen elf Uhr in der Küche nach Anregungen für das Mittagessen und entschied mich für Chili con carne. Das konnte mehrere Stunden durchziehen, wäre also fertig, wann immer mein Mann nach Hause käme. Als Ehefrau machte man doch Chili zum Mittagessen, oder? Ich war noch immer nicht ganz dahintergekommen, wie so was lief. Ich schnitt Zwiebeln und Knoblauch klein, wobei ich durch den Mund atmete, damit mir nicht wieder schlecht wurde, und gab alles mit einem Kilo Gehacktem, das ich vorher im Kühlschrank aufgetaut hatte, in einen Topf. Ich hatte keine Chiligewürzmischung in der Speisekammer – das gehörte noch nicht zu den Dingen, die ich regelmäßig einkaufte –, deshalb musste ich mit Chilipulver, Paprika, Cayennepfeffer und Kreuzkümmel improvisieren – mit jedem Gewürz, das entfernt so roch, wie ich Chili con Carne halt in Erinnerung hatte. Als es so richtig brodelte, hatte der Geruch die Herrschaft über die Küche übernommen, und die Übelkeit war zurückgekehrt, schlimmer als je zuvor. Einen unangenehmeren Geruch hatte ich noch nie in der Nase gehabt: stechender Knoblauch, das überwältigende, scharfe Aroma von Kreuzkümmel … und der Gestank garenden Fleisches.
Als Marlboro Man nach Hause kam, rührte ich gerade die Kidneybohnen aus der Dose unter und war kurz davor, mich zu übergeben.
»Hmm, riecht das lecker!«, sagte er. Er kam zu mir an den Herd, umarmte mich und legte die Hände auf meinen Bauch. »Wie geht es der Mama?«, fragte er. Sofort hatte ich Schmetterlinge im Bauch. Diese Wirkung hatte er immer auf mich, selbst wenn mir vom Kreuzkümmel schlecht war.
»Heute etwas besser«, sagte ich und meinte damit meine körperliche Verfassung. »Und dir?«
»Mir geht’s gut«, sagte er. »Mach mir nur Sorgen um dich.« Seine Hände streichelten über meine Rippen, meine Arme, meine Taille.
Er musste mich immer berühren; körperliche Distanz gab es nicht bei meinem Cowboy.
Auf einmal klingelte das Telefon. Ich rührte weiter das Chili um, würzte noch einmal mit Salz nach, und er ging an den Apparat im Wohnzimmer. Eine Weile sprach er, dann kam er zurück in die Küche.
»Marie hat nur noch wenige Stunden zu leben«, sagte er. »Sie informieren alle Verwandten, damit sie vorbeikommen.«
Ich drehte den Herd ab. »O nein«, sagte ich. »Nein.« Mehr bekam ich nicht heraus.
»Wenn du dich dem nicht gewachsen fühlst, musst du nicht mitkommen«, sagte mein Mann. »Das werden alle verstehen.«
Doch ich wollte ihn begleiten. Jetzt ging Maries Kampf zu Ende. Auch wenn ich das neuste Mitglied der Familie war, konnte ich kaum zu Hause bleiben.
Als wir jedoch bei Marie und Onkel Tom eintrafen, wollte ich überall sonst sein, nur nicht dort. Die Familie drängte sich zusammen, hielt sich gegenseitig im Arm, weinte. Essen wurde herumgereicht, niemand nahm etwas. Ich wusste nicht, was ich zu den Leuten sagen sollte. Ob ich bei der Begrüßung lächeln sollte. Oder den anderen umarmen. Ich dachte an meine eigenen Eltern. Ich war bedrückt. Ich bekam keine Luft.
Matthew begrüßte uns an der Tür und versuchte ein Lächeln, als er uns in den Arm nahm, dann führte er uns in das Schlafzimmer, wo Marie bewusstlos und schwer atmend im Bett lag. Ihr Bruder saß an ihrer Seite und hielt ihre Hand, führte sie immer wieder an seine Wange und sprach zärtlich mit ihr. Ihre Eltern standen daneben und trösteten sich gegenseitig. Matthew ging zu seiner Schwester Jennifer ans Bett, sie streichelten die Beine, die Arme ihrer Mutter … wollten unbedingt die körperliche Verbindung aufrechterhalten, die bald verlorengehen würde. Maries Ehemann Tom saß auf seinem Stuhl traurig der Zusammenkunft von Verwandten und Freunden vor.
Der Raum war so angefüllt mit Kummer und furchtbarer Traurigkeit, dass ich nicht dort bleiben konnte. Marlboro Mans Mutter half in der Küche beim Essen und beim Abwasch; ich schlüpfte aus dem Schlafzimmer und ging zu ihr.
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