Das Glück trägt Cowboystiefel: Eine wahre Liebesgeschichte (German Edition)
richtig Angst. Während ich neben Marlboro Man lag, der jede Nacht wie ein Murmeltier schlief, dachte ich an Monster und Serienmörder: Freddy Krueger, Michael Myers, Ted Bundy und Charles Manson. Durch die Totenstille draußen nahm ich jedes Geräusch verstärkt wahr; ich war überzeugt: Wenn ich nicht aufpasste und einschlief, würde ich von dem Mörder geholt, der unter unserem Fenster lauerte.
Wenn die Aussicht auf einen Serienmörder noch nicht reichte, drehten sich meine Gedanken zwangsläufig um meine Eltern und meine Familie. Um meine Mutter, die glücklich und zufrieden in ihrer neuen Einzimmerwohnung lebte. Würde ich ihr jemals verzeihen können? Ich dachte an meinen Vater mit seinen Depressionen in dem leeren Haus. Was, wenn er eines Tages einfach durchdrehte und allem ein Ende machte? An meine Schwester auf dem College, die keinen Halt mehr hatte. Würde sie je wieder nach Hause kommen wollen? An meinen Bruder Doug, dessen Verbitterung wegen der Scheidung deutlich spürbar war. Und an Mike, der genauso war wie immer. Ich fragte mich, warum wir anderen die menschlichen Verwicklungen um uns herum nicht ebenso vergessen konnten wie er.
Ich war erschöpft, überstand keinen Tag ohne Weinen, Würgen oder Sorgen. Ich hatte mich verliebt, einen Cowboy geheiratet und war aufs friedliche, idyllische Land gezogen. Doch was ich am wenigsten fand, war ausgerechnet der innere Frieden.
Die Flitterwochen waren vorbei, bevor sie richtig begonnen hatten.
Zu all den Themen, mit denen wir uns als frisch Vermählte auseinandersetzten, gehörte eines, über das wir uns meiner Meinung nach keine Gedanken mehr machen sollten: die Renovierung des großen Hauses nebenan. Marlboro Man war völlig versessen darauf gewesen, damit voranzukommen – ich vermutete, eher zu meinem Wohle als zu seinem. Doch ich konnte nicht zusehen, wie die Arbeiter jeden Tag kamen und Paletten, Kartons und Material abluden, wo ich doch wusste, in welchen finanziellen Schwierigkeiten sich die Ranch befand. Ich wusste, dass mein Mann es durchziehen und fertig haben wollte – er wollte, dass wir ein richtiges Haus hatten, wenn das Kind kam. Doch selbst wenn die Renovierung rechtzeitig abgeschlossen wäre, müssten wir es noch einrichten. Ich konnte mir nicht vorstellen, bei all unserem Stress Scharniere, Türknäufe oder Sofas auszusuchen. Ich wollte die Belastung nicht noch vergrößern, unter der wir ohnehin schon standen.
»Hej …«, sagte ich an einem verregneten Abend zu ihm, als wir ins Bett gingen. »Wie wäre es, wenn wir die Sache mit dem Haus noch ein bisschen aufschieben würden?« Ich griff hinüber zu meinem Nachttisch, nahm die Zitronenhälfte und atmete den Geruch tief ein. Das war mein neues Allheilmittel.
Marlboro Man schwieg. Er schob sein Bein unter meins und verschränkte es in der inzwischen vertrauten Position. Mir wurde warm.
»Ich denke, wir sollten vielleicht mal Pause machen«, sagte ich. »Es eine Zeitlang aufschieben.«
»Darüber hab ich auch schon nachgedacht«, erwiderte er ruhig. Langsam rieb er sein Bein an meinem.
Da ich mich besser fühlte, legte ich die Zitrone zurück auf den Nachttisch und streckte die Hand nach meinem Mann aus. Ich drehte mich zu ihm um und legte das andere Bein über seine Hüfte und meinen Kopf an seine Brust. »Also, ich dachte nur, es wäre für mich vielleicht einfacher, wenn ich mir neben meinen Eltern, dem Baby und den ganzen anderen Sachen nicht auch noch darüber Gedanken machen müsste.« Vielleicht zog es besser, wenn ich es auf mich schob.
»Tja, das leuchtet mir schon ein«, sagte er. »Aber lass uns morgen darüber reden.« Er legte auch den anderen Arm um mich, und innerhalb weniger Sekunden waren wir in einer völlig anderen Welt, wo Eltern und Trockenbauer und selbst Übelkeit keinen Platz hatten.
Nach einigen Tagen kam ich wieder auf das Thema zu sprechen. Unser kleines Häuschen reicht erst einmal , sagte ich zu ihm. Wir warten einfach noch ein bisschen … Ich bin erst siebenundzwanzig … so ein großes, schönes, schickes Haus habe ich noch gar nicht verdient … Ich käme mir vor wie ein Aufschneider. Ich will das nicht alles putzen müssen. So viel Platz macht mir Angst. Ich habe keine Lust, Möbel kaufen zu gehen. Ich bin nicht in der richtigen Stimmung, um die Farben auszusuchen. Wir können später damit weitermachen, wenn wieder Normalität eingekehrt ist. Obwohl ich tief in mir wusste, dass Normalität im Landleben wohl ein dehnbarer Begriff
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