Das Glück trägt Cowboystiefel: Eine wahre Liebesgeschichte (German Edition)
Marlboro Man ins Badezimmer und rief: »Buh!«
Vor Schreck schrie ich nach Leibeskräften, dann noch einmal, weil ich nackt war, weil mir übel war und ich mich unattraktiv fand. Mir wurde schlecht vor Aufregung. »Hi«, brachte ich hervor, riss ein Handtuch vom Ständer und wickelte es um mich, so schnell ich konnte.
»Erwischt«, sagte er und lächelte so sexy, wie ich es noch nie in so einem Zustand gesehen hatte. Dann hielt er inne. »Ist alles in Ordnung?« Ihm musste der grünliche Schimmer auf meiner Haut aufgefallen sein.
»Ehrlich gesagt«, erwiderte ich und ging zurück ins Schlafzimmer, »geht’s mir ziemlich schlecht. Ich versuch mal, heute noch einen Termin beim Arzt zu bekommen, vielleicht kann der ja was dagegen tun.« Ich ließ mich wieder aufs Bett fallen. »Meine Ohren müssen dauerhaft geschädigt sein oder so.«
Er kam auf mich zu. Er sah aus wie eine Katze, die gerade den Kanarienvogel gefressen hat. »Hab dir einen Schreck eingejagt, was?«, fragte er und nahm meinen ins Handtuch gehüllten Körper in die Arme. Ich atmete seinen Geruch ein und schlang die Arme um ihn.
Dann musste ich schnell zurück ins Bad, um mich wieder zu übergeben.
Marlboro Man machte sich wieder an die Arbeit – er und Tim bekamen eine Ladung Stiere herein –, und ich fuhr in meine Heimatstadt, um einen Arzt zu finden, der mich kurzfristig dazwischennahm. Ich wollte zu einem Hals-Nasen-Ohren-Arzt, da ich ja schon wusste, dass es etwas mit dem Innenohr zu tun hatte, aber alle hatten erst Termine in zwei Wochen, und ich konnte die Vorstellung nicht ertragen, mich noch so lange zu übergeben. Nach einer langen Reihe von Fragen, dem Abtasten meiner Lymphknoten und einem Blick in meine Ohren lehnte sich der Allgemeinmediziner gegen seinen Schrank, verschränkte die Arme und sagte: »Besteht die Möglichkeit, dass Sie schwanger sind?«
Ich wusste, dass es daran nicht liegen konnte. »Also, unmöglich wäre das zwar nicht«, antwortete ich, »aber ich weiß, dass es das nicht ist. Das hier hatte ich schon in den Flitterwochen, sobald wir in Australien ankamen. Es hat auf jeden Fall was mit dem Innenohr und mit Schwindel zu tun.« Ich schluckte und wünschte mir, ein paar Froot Loops mitgenommen zu haben.
»Wann haben Sie geheiratet?«, fragte er und schaute auf den Kalender an der Wand des Untersuchungszimmers.
»Am 21. September«, erwiderte ich. »Aber noch mal … ich weiß, dass es an den Ohren liegt.«
»Egal, dann schließen wir es wenigstens aus«, sagte der Arzt. »Ich schicke gleich die Schwester zu Ihnen rein, dann gucken wir nach, ja?«
Reine Zeitverschwendung , dachte ich. »Na gut, aber … aber glauben Sie, dass man wegen meiner Ohren irgendwas machen kann?« Ich wollte mich wirklich nicht noch länger so fühlen.
»Marcy ist gleich bei Ihnen«, wiederholte er. Er wusste meine diagnostischen Fähigkeiten überhaupt nicht zu schätzen. Was für ein Arzt ist das eigentlich?
Bald kam Marcy mit einem Plastikbecher mit grellgrünem Deckel herein – er passte perfekt zu meiner Hautfarbe. »Können Sie vielleicht eine Urinprobe abgeben, Liebelein?«, fragte sie.
Ich kann dir ganz sicher eine Kotzprobe geben , dachte ich. »Klar«, sagte ich, nahm den Becher und folgte Marcy zur Toilette, ganz die brave Patientin. Und nenn mich bloß nicht noch mal »Liebelein«! Ich war gereizt. Ich brauchte etwas zu essen und hatte plötzlich das Gefühl, jeden Moment in Tränen auszubrechen.
Eine Minute später verließ ich die Toilette und reichte Marcy einen warmen Becher, den ich mit einem Papiertuch abgewischt hatte.
»Gut, Liebelein«, sagte sie. »Gehen Sie einfach zurück in den Untersuchungsraum, ich bin gleich wieder da.«
Hör auf, mich »Liebelein« zu nennen …
Es ging mir dreckig. Ich fühlte mich krebsrot, kribblig, schmutzig. Wenn ich den Kopf zu schnell bewegte, musste ich würgen. Auf einmal taten mir all die Menschen unglaublich leid, die das ständig mitmachen mussten, egal ob aufgrund einer Chemotherapie, aufgrund von Verdauungsproblemen oder anderen medizinischen Gründen. Nie im Leben könnte ich längere Zeit so existieren. Ich hoffte nur, dass es eine wirksame Behandlungsmethode gab. Ich hatte keine Ahnung, was sie mit meinen Ohren anstellen mussten, aber ich war bereit, alles über mich ergehen zu lassen, wenn es nur half. Ich hatte zu tun. Ich wollte eine gute Ehefrau sein.
Ich saß auf dem Untersuchungstisch, baumelte mit den Beinen und wartete, dass Marcy oder der Arzt
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