Das Glück trägt Cowboystiefel: Eine wahre Liebesgeschichte (German Edition)
war.
Marlboro Man erklärte sich einverstanden, und nachdem einige Tage lang alles verriegelt und verrammelt worden war, verließ der letzte Arbeiter unser halbfertiges gelbes Indianerhaus. Was ein Moment der Enttäuschung oder der Traurigkeit hätte sein können, hatte tatsächlich den gegenteiligen Effekt: Es war mir völlig egal. Erleichtert wurde mir klar, dass das Heiraten doch etwas Gutes hatte: Es verlieh allen Dingen, allen Besitztümern und Plänen, eine neue Dimension. Wie gerne ich auch eine Spülmaschine und eine Wäschekammer im Haus gehabt hätte: Am meisten brauchte ich Marlboro Man. Und den hatte ich ja.
Nach zwei Monaten Ehe war das ein herrlicher Augenblick der Klarheit und Zuversicht.
Dann fiel mir ein, dass ich in ein paar Monaten ein Kind bekommen würde und immer noch keine Spülmaschine hätte.
Mein Herz begann vor Panik zu rasen.
28.
Adonis im Sattel
Der November rückte näher und brachte neue Hoffnung: Eines kalten, windigen Morgens wachte ich auf, und so plötzlich, wie sie gekommen war, war die schreckliche Übelkeit verschwunden. Ich konnte wieder den Kopf heben, ohne vorher Cocoa Puffs zu kauen. Die Landluft haute mich nicht mehr um. Ich konnte mich bewegen, ohne zu schaudern; konnte duschen, ohne zu würgen. Marlboro Man arbeitete sich noch immer den Rücken krumm, doch jetzt war ich besser gerüstet, für ihn da zu sein, wie es bisher nicht möglich gewesen war. Voller Stolz sortierte ich unsere Wäsche, bemühte mich, die Erde, den Mist und das Blut aus seinen Jeans zu schrubben, faltete seine Socken und Unterwäsche und legte sie in die zweite Schublade unserer kleinen Kommode, für die kaum genug Platz im Schlafzimmer war.
Dieser kurze Zeitraum – gerade mal ein Monat – veränderte alles. Meine Eltern lebten immer noch in Trennung, aber irgendwie war ich durch meine neugewonnene körperliche Energie in der Lage, dieses Wissen an einem Ort zu verstauen, wo es mich nicht ständig ins Herz traf. Schließlich konnte ich einen ganzen Tag überstehen, ohne zu weinen.
Nicht mehr angeekelt vom Geruch nach Zwiebeln oder rohem Fleisch, konnte ich auch wieder kochen. Ich brachte mir bei, wie man Schmorbraten, Hacksteak und Eintopf zubereitete. Langsam lernte ich durch Versuch und Irrtum, dass manche Fleischstücke aufgrund des hohen Anteils an Bindegewebe zäh sind und daher stundenlang langsam gegart werden müssen, ehe sie zart werden. Diese neue Erkenntnis stieg mir fast zu Kopf, ich kochte Rinderbrust, hohe Rippe, Keule, Schulter und Lendenbraten, überzeugt, den Heiligen Gral des kulinarischen Wissens entdeckt zu haben. Fast jeden Tag garte ich Fleisch über Stunden, und da mir nicht mehr übel war, atmete ich auch den Geruch ein. Immerhin aß ich für zwei. Das war ich dem wachsenden Kind in mir schuldig.
Da mir nicht mehr schlecht wurde, bekamen die Abende mit Marlboro Man langsam wieder Ähnlichkeit mit denen von früher. Auf der Couch schauten wir uns gemeinsam Filme an – sein Kopf an einem Ende, meiner am anderen, die Beine kuschelig ineinander verschränkt. Er spielte mit meinen Zehen, bis ich quietschte. Ich massierte seine Waden, die vom täglichen Reiten steinhart waren. Nach dem Fegefeuer der vergangenen Wochen war alles wieder wunderbar.
Marlboro Man war wieder wunderbar. Nach unseren liebestollen Flitterwochen in Australien hatte uns zu Hause die harte Wirklichkeit eingeholt, die der romantischsten Zeit in unserem gemeinsamen Leben einen Riegel vorgeschoben hatte. Da meine Übelkeit so schlimm gewesen war, dass mich allein schon der Geruch von Haut zum Würgen brachte, hatte ich manchmal Schwierigkeiten gehabt, neben ihm im Bett zu liegen – von anderen Dingen ganz zu schweigen. Es war in mehr als einer Hinsicht ein kalter Herbst gewesen. Wenn Marlboro Man sich nicht so sehr auf das in mir heranwachsende Kind gefreut hätte, hätte er mich wohl gerne umgetauscht. Ich war so froh, dass diese Zeit nun endlich vorbei war.
Draußen wurde es kälter, und es kam Thanksgiving. Wir feierten es mit einem großen fröhlichen Mittagessen bei meinen Schwiegereltern – und einem trübseligen Abend bei meinem Vater. Es war das erste Mal, dass wir Geschwister uns seit der Trennung meiner Eltern trafen, und meine abwesende Mutter hinterließ eine klaffende Lücke. Es war furchtbar und unangenehm, ein stechender Schmerz, den man niemandem wünschte. Mein Vater hatte stumpfe Augen, ein verhärmtes Gesicht und war niedergeschlagen. Betsy und ich taten unser Bestes, mit
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