Das Glück trägt Cowboystiefel: Eine wahre Liebesgeschichte (German Edition)
an jenem Abend, zufrieden, weil ich mich getraut hatte, diesen mutigen Schritt zu tun.
Es war schon spät. Zeit zu gehen. »Soll ich dich langsam nach Hause bringen?«, fragte Marlboro Man, verflocht seine Finger mit meinen und gab mir einen Kuss auf den Handrücken. »Oder …«, er überlegte kurz. »Möchtest du vielleicht bei mir übernachten?«
Ich antwortete nicht sofort, weil ich zu sehr damit beschäftigt war, den Moment zu genießen: die wunderbar laue Nachtluft, das melodische Muhen der Mutterkühe auf einer fernen Weide, die Abermillionen von Sternen über unseren Köpfen, unsere ineinander verschlungenen Finger. Eigentlich konnte ich mir nichts vorstellen, was diesen Abend noch schöner gemacht hätte. Vielleicht nicht einmal, die Nacht mit ihm zu verbringen.
Ich wollte gerade den Mund aufmachen, da kam er mir zuvor. Er stand auf, hob mich von der Ladeklappe seines Pick-ups und trug mich wie Rhett Butler zur Beifahrertür. Als er mich absetzte, um die Tür aufzumachen, sagte er: »Wenn ich es mir recht überlege … bringe ich dich doch lieber nach Hause.« Ich lächelte, offenbar hatte er meine Gedanken gelesen.
Was auch immer – auf jeden Fall hatte sich die Atmosphäre zwischen uns plötzlich merklich verändert. Bis zu dem Moment, als ich ihm sagte, dass ich die Wohnung in Chicago aufgegeben hatte und bleiben wollte, war die Leidenschaft zwischen uns manchmal drängend gewesen, fast übereilt. Als ob eine unsichtbare Macht uns mahnte, auf der Stelle alles herauszuholen, weil wir schon bald keine Gelegenheit mehr dazu haben würden. Bis dahin hatte unsere Liebesgeschichte im Schatten stiller Verzweiflung gestanden. Erregung und Verlangen waren stets mit Angst und dunklen Vorahnungen einhergegangen. Jetzt aber, nachdem mein Umzug nach Chicago aus der Gleichung so gut wie herausgekürzt war, waren die Angst und die dunklen Vorahnungen durch ein wunderbares Wohlgefühl ersetzt worden. Marlboro Man und ich waren zwar immer noch wie von Sinnen ineinander verknallt, aber von einer Sekunde auf die andere hatten wir nicht mehr das Gefühl, uns beeilen zu müssen.
»Ja«, sagte ich und nickte. »Einverstanden.«
Ich war mal wieder unglaublich wortgewandt.
Dann fuhr er mich nach Hause, den ganzen langen Weg über die gewundenen Straßen seiner Ranch und den zweispurigen Highway, der uns schließlich zum Haus meiner Eltern am Golfplatz führte. Als er mich zur Tür brachte, war ich überrascht, wie anders es sich plötzlich anfühlte. Bisher hatte ich jedes Mal, wenn wir auf diesen Eingangsstufen standen, einen Sog verspürt; meine Chicago-Kartons riefen mich ins Haus, ich solle zu Ende packen, fertig werden, abreisen. Ich hatte mir angewöhnt, nach unseren Treffen zu packen. Es war ein Ritual geworden, das mir helfen sollte, trotz meiner stetig wachsenden Zuneigung für diesen so unerwartet in mein Leben getretenen Mann meine Pläne weiter voranzutreiben. Als ich jedoch an jenem Abend dort stand und wir uns umarmten, gab es nur noch eins, was ich mit meinen Chicago-Kartons tun musste: auspacken. Vielleicht ließ ich sie auch einfach stehen, egal. Ich ging nirgendwohin. Zumindest nicht in nächster Zeit.
»Damit habe ich wirklich überhaupt nicht gerechnet«, meinte er, die Arme um meine Taille geschlungen.
»Ich auch nicht«, sagte ich und musste lachen.
Er beugte sich vor, um mir einen letzten Kuss und dem Abend damit den perfekten Abschluss zu geben. »Du hast mir den Tag gerettet«, flüsterte er, dann ging er zu seinem Pick-up und fuhr davon.
Mein ganzer Körper kribbelte, jedes Nervenende summte, während ich mich umdrehte, ins Haus ging und die Treppe zu meinem Zimmer hinaufstieg. Wenn das nicht Liebe war, überlegte ich, dann konnte sie mir gestohlen bleiben. Oben in meinem Zimmer schaute ich auf meine Chicago-Kartons, schwankend zwischen Melancholie und Seligkeit, dann ließ ich mich auf mein gemütliches Bett plumpsen, kickte die Schuhe von den Füßen und seufzte verträumt.
Eine Stunde später riss mich lautes Telefonklingeln aus dem Schlaf. Ich war noch so erschöpft von der vergangenen Nacht, dass ich in meinen Klamotten eingeschlafen war. »Hallo?«, sagte ich, fast noch im Tiefschlaf. Ich war orientierungslos, verwirrt und von Landluft und Verlangen wie betrunken.
»Hey … ich bin’s«, sagte die Person am anderen Ende der Leitung mit ruhiger, ernster Stimme. Es war J.
Darauf war ich nicht gefasst. »Hi«, sagte ich, setzte mich schwerfällig im Bett auf und legte mir die
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