Das Glück wartet in Virgin River
wieder zu Boden.
„Was tut dir weh?“, fragte sie ihn.
„Hüfte, Knie, Gesicht, Hand.“
„Was ist mit deinem Rücken?“
„Nicht mehr als sonst auch.“
„Ich hole lieber noch mehr Eis.“
„Vergiss das Eis“, erwiderte er gereizt. „Das Kühlen kommt später dran. Jetzt muss ich mich erst mal um dieses verdammte Pferd kümmern.“
„Warum lässt du Gabe und mich das nicht machen, während du …“
„Das muss ich selbst machen“, erklärte er. „Wenn ich es nicht tue, wird Streak glauben, dass er das Sagen hat und mit so etwas davonkommen kann. Weshalb bist du hier?“
„Ehrlich? Ich wollte dich sehen. Ich wollte mehr von deiner Familie erfahren und habe mich gefragt, ob du mal verheiratet warst oder so.“
„Hatten wir das nicht bereits abgehakt?“, fragte er und zog die Augenbrauen zusammen.
„Mann, du hast ja eine Laune! Wir hatten einmal kurz darüber gesprochen, und das war sehr kurz und noch bevor auf einmal dein siebzehnjähriger Sohn aufgetaucht ist. Aber vergiss es, er hat mir sehr viel über … die Situation erzählt. Ich hoffe, es macht dir nichts aus.“
„Um Gottes willen, das ist kein Geheimnis. Und das ist auch eher eine Geschichte, die Gabe erzählen sollte, nicht ich.“ Er strich sich mit den Händen übers Gesicht. „Entschuldige bitte. Ich bin total sauer auf diesen Gaul. Alles war wunderbar, bis er auf die Idee kam, einen kleinen Machtkampf zu veranstalten. Dieses schäbige Biest.“
„Bist du dir sicher, dass du dir das mit dem Eis nicht noch mal überlegen willst? Und wie wäre es mit einem Verband für die Hand? Die ist ganz schön aufgeschürft.“
„Alles was ich will, sind ein paar trockene Stiefel, eine saubere Jeans und ein Hemd. Dann werde ich mich um dieses Pferd kümmern. Ich werde Gabe zu meiner Schwester nach Hause schicken, und wenn ich hier alles unter Kontrolle habe, fahre ich hinterher und werde am Familienessen teilnehmen.“
„Selbstverständlich.“
Einen Moment lang sah er sie an, wobei er auf das Eis in ihren Händen schielte. Dann neigte er den Kopf zur Seite. „Darf ich?“
„Oh! Natürlich!“ Sie schmiss ihm den Beutel zu, drehte sich um und wollte fliehen.
„Lilly“, rief er ihr nach. „Geh bitte jetzt nicht zu nahe an das Pferd heran. Versorge ihn nicht, streichle ihn nicht und füttere ihn auch nicht. Sprich nicht mit ihm. Überlass ihn mir.“
„Ganz wie du willst.“ Sie zog die Tür hinter sich zu, lehnte sich dagegen und stieß langsam und leise zischend die Luft aus. Mit der klaren Erinnerung an diesen prachtvollen nackten Oberkörper im Kopf könnte sie wirklich in Schwierigkeiten geraten. Und gegen ihre tief wurzelnde Bewunderung für langes, dickes Haar ließ sich wenig machen. Das lange Haar eines amerikanischen Ureinwohners hatte zum Teil mit Überlieferung zu tun und sehr viel mit persönlichem Stolz.
Alles zusammen würde ihr auf jeden Fall einigen Schlaf rauben.
Als Lilly in den Stall zurückkehrte, war Gabe damit beschäftigt, ihn auszufegen. Sie warf einen Blick auf die Uhr und sah, dass es spät geworden war. Yaz würde sich bald fragen, wo sie steckte. Sie ließ sich schwer auf der Bank nieder.
„Kühlt Dad seine Wehwehchen?“
„Nicht wirklich. Er hat gesagt, er will sich zuerst um Streak kümmern. Mir hat er befohlen, nicht freundlich zu ihm zu sein und ihn nicht zu versorgen oder zu füttern.“
Gabe lachte nur. „Ich finde, die beiden sind sich ziemlich ebenbürtig, was Sturheit angeht.“
Die obere Hälfte der Tür zu Streaks Box stand offen. Es waren keine anderen Pferde im Stall, also ging keine Gefahr von ihm aus. Er ließ den Kopf aus der Box hängen und sah Lilly flehend an. Die aber zuckte nur mit den Schultern. „Dann ist Clay Tahoma also stur?“
„Aber hallo! Er nennt es ja standhaft. Wenn Sie ihn mal besser kennengelernt haben, sagen Sie mir doch, wie Sie es nennen.“
Dazu muss ich ihn nicht besser kennenlernen, dachte Lilly. Er war ziemlich leicht zu durchschauen. Vielleicht war er tatsächlich standhaft, aber stur war er jedenfalls auch.
Dann hörte sie das Klacken seiner Stiefelabsätze auf dem Boden. Clay kam wieder in den Stall, sein Gang leicht unregelmäßig wegen der Verletzungen auf der linken Seite an Knie und Hüfte.
„Du willst Schluss machen, Gabe?“, fragte er.
„Wenn du nichts weiter für mich hast?“
„Nein, wenn du fertig bist, kannst du nach Hause fahren. Ich werde mich noch um dieses Pferd hier kümmern, dann komme ich auch zum Abendessen. Gut
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