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Das glückliche Ende der Welt.

Das glückliche Ende der Welt.

Titel: Das glückliche Ende der Welt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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böszufriedenen Schmunzeln drückte sich die magere, etwas gebückt gehende Frau des Holzhauers Kern aus der Hintertüre des Gasthauses »Zum Reibenwirt«, und als sie hinter sich das Geschepper und Gerassel des Geschirrs aus der Wirtskuchl hörte, eilte sie kichernd davon. Es war ein genußvoller Augenblick gewesen, als sie es der Wirtsresl mit scheinheiligem Bedauern sagen konnte, daß der Thums Kaspar die Walburga des Sägmüllers heiraten würde. Sie wußte es von der Sägmüllerin selbst, und heute sei das Paar schon an der Gemeindetafel ausgehängt. Die Wirtsresl war blaß geworden wie eine ausgezogene Weißwursthaut, hatte sich dann wieder verfärbt und die Schmalzpfanne, die sie gerade in der Hand hatte, in die Ecke geworfen. So ein Wohlgefallen kam einem Menschen in Stinglreut nicht alle Tage zugute, und deswegen hatte die Frau Kern Herd und Kochtopf im Stich gelassen, um die Nachricht gleich an den richtigen Ort zu bringen. Klugerweise war sie schnell wieder gegangen, denn wenn die Wirtsresl in Schwung kam, konnte allerhand passieren.
    Nun konnte sie Wüten und Tränzen und ihren Zorn an den Kochtöpfen auslassen. Um den armen Teufel, diesen zugereisten Böhmerwäldler, den notigen Holzhauer, wäre die Resl schon froh gewesen, obwohl er gutding zehn Jahre jünger war als sie. Erst war ihr keiner gut genug gewesen, dann kam der Krieg, und heute waren die Männer rar. Da wäre sie mit dem Notnickel auch zufrieden gewesen.
    Und hatte man nicht schon davon geredet, daß der Wirtssepp der Walburga den Hof gemacht habe? Er hatte sie wohl ein wenig hingehalten, um der Burgl Zeit zu lassen, darüber nachzudenken, welch ein Glück für sie die Heirat mit dem Reibenwirt wäre. Da hatte sie also mit ihrer Neuigkeit einen doppelten Zorn ins Wirtshaus getragen. Auf dem Dorfplatz lief ihr noch die Holzbäuerin in den Weg, der sie ebenfalls mit einem süßsauren Lächeln auftischen konnte, welche Überraschung den Stinglreutern in diesen Tagen beschert war und was sich daraus an neuen Feindschaften anbahnen würde.
    Wirtshaus und Kirche bestimmten das Gesicht des Dorfplatzes von Stinglreut, bescheiden und von einem Zwiebelturm gekrönt das alte Gemäuer des Gotteshauses, himmelblau getüncht und die Front wie eine herausfordernde Männerbrust dem Platz zugewandt, das Wirtshaus, so weit gegen die Platzmitte vorgeschoben, daß die Dorfstraße um drei Seiten des Gebäudes kurven mußte. Über die ganze Breite der Hausfront lief das protzige Schild mit der Aufschrift: »Gasthaus zur Reibe von Josef Obermeier«.
    Daß es am unteren Ortsende noch die kleine Wirtsstube des Kajetan Dagl gab, genierte den Reibenwirt nicht, denn dort fanden sich nur diejenigen zusammen, die es sich einmal mit dem Wirtssepp verdorben hatten oder zu den guten Freunden des Daglwirtes gehörten.
    Am frühen Nachmittag des Wochentages gab es beim Reibenwirt schon seit Wochen nur einen Gast, den alten, bärtigen Waldhirten Schreindl. Er mußte wohl gut Freund mit dem Wirtssepp sein, denn man hatte schon herausbekommen, daß er nicht alles Bier, das er trank, auch bezahlte. Der Wirtssepp saß dem Alten gegenüber. Sie steckten die Köpfe über dem Tisch zusammen, und es schien ihnen gerade zu passen, daß sonst niemand in der Stube war. Aus den halben Sätzen, den bedeutsamen Gesten und dem hintergründigen Lachen wäre ein Fremder ohnedies nicht klug geworden. Ab und zu war im Fenster der Küchentüre im Hintergrund des Gastzimmers wohl ein ^schatten erschienen, und sie hatten dann ihr Gespräch auf Vieh und Wetter umgeschaltet, als aber ein Gemurmel in der Küche verriet, daß die Resl nun selber einen Besuch hatte, brauchten sie auf die Lauscherin nicht mehr zu achten.
    »Wann treibst denn auf?« fragte der Wirtssepp ungeduldig.
    »In vierzehn Tagen, ist noch gar nix Grünes droben.«
    »Wieviel Stückl?«
    »Können an die Sechzig sein, weiß es noch net genau«, zahnte der Waldhirte.
    »Ist eh gut, wenn du es net genau weißt, zwei Stückl werden es alleweil mehr sein«, grinste der Wirt.
    »Kannst dich drauf verlassen«, brummte der Schreindl und schob ihm das leere Glas zum Einschenken hin.
    »Heuer hast du schon ein ganz schönes Gesätzel auf der Schuldentafel, Schreindl, wird Zeit, daß wir wieder quitt werden.«
    »Das wird sich schon wieder ausgleichen lassen. Auf mich kannst du dich verlassen.«
    Und zufrieden nickte der Wirt: »Das glaub ich auch.«
    Er schenkte ein und brachte das Glas wieder an den Tisch. Da gab es in der Küche einen

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