Das Gluecksarmband
die Hände und überlegte, was sie sagen sollte. Damals, nach Dannys Geburt, hatte Nick zwar geschworen, dass er sich trotz allem, was zwischen ihnen vorgefallen war, um seinen Sohn kümmern würde, aber dieser Vorsatz war bald vergessen, als klarwurde, wie anstrengend der Alltag mit einem Kind war. Seitdem versuchte Molly, gleichzeitig Mutter und Vater für ihren Sohn zu sein.
Danny kehrte mit zwei Bechern Tee zurück und reichte ihr einen.
Molly trank einen Schluck, sie ließ sich Zeit. «Mmm, gut!» Danny strahlte. «Komm, setz dich wieder zu mir.» Sie klopfte neben sich auf die Decke, und er kletterte auf das Bett zurück, vorsichtig, um den Tee nicht zu verschütten.
«Also …» Molly hielt ihren Becher fest zwischen den Händen, um nicht dem dringenden Bedürfnis nachzugeben, ihren Sohn zu knuddeln – schließlich sollte es ein Gespräch unter Erwachsenen werden. «Ich finde es sehr schön, dass du meinen Namen annehmen willst. Aber warum möchtest du das?»
«Weil Dad nie hier ist», sagte Danny wütend. «Ist das denn fair, dass ich mit seinem Namen rumlaufe? Wo er doch gar nichts dafür tut und das überhaupt nicht verdient?» Der Junge errötete und verstummte.
Molly nickte. «Das ist ein gutes Argument.» Offenbar schmerzte es Danny immer noch, dass sein Vater an seinem Geburtstag nicht aufgetaucht war. Der zehnte war in der Grundschule ein ganz besonderes Datum. «Aber er ist dein Vater, und das kannst du nicht ändern, egal, was du tust. Du kannst deinen Namen ändern, vielleicht auch dein Aussehen …» Danny war seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten. «… aber Nick ist und bleibt dein Vater. Er hat dir vielleicht nicht viel gegeben –»
Ihr Sohn verdrehte die Augen. «Findest du?»
Molly lächelte. «Er hat dir vielleicht außer seinem Namen oder dem iPod letztes Weihnachten nicht viel gegeben», fügte sie scherzend hinzu, «aber das ist doch immerhin etwas. Der Name ist ein Teil von dir, du kannst ihn nicht ablegen. Und dein Vater ist auch ein Teil von dir, ob er nun ständig in der Nähe ist oder nicht.»
Danny schaute missmutig in seinen Becher.
Sie berührte ihn am Arm. «Ich weiß, dass er nicht der beste Vater der Welt ist, aber es ist deine Aufgabe, das anzunehmen, was er dir gibt, und etwas Besseres daraus zu machen. Wenn du das Gefühl hast, außer seinem Namen hat er dir nichts gegeben, dann halte seinen Namen in Ehren. Mach ihn zum besten Namen auf der Welt.»
Nachdenklich blickte Danny zu ihr hoch
«Du und ich, wir haben eine besondere Verbindung», fuhr Molly fort, «wir sind immer zusammen. Wir wissen, was es für ein Gefühl ist, eine Familie zu sein, oder?»
Er nickte zustimmend.
«Also, nimm den Namen und spinne ihn zu Gold, okay?» Molly nahm ihren Sohn in die Arme. «Glaubst du, du müsstest meinetwegen den gleichen Nachnamen haben wie ich? Du bist mir ein kleiner Spinner … und was kommt als Nächstes? Partnerlook?»
Danny schubste sie scherzhaft weg. «Mom!»
Molly lachte und zog ihn fester an sich. «Du bist als Daniel Joseph Mestas geboren, als
mein
Sohn. Also verändere deinen Namen bitte nicht.»
Nun drückte er Molly auch. «Okay.»
«Und jetzt ab ins Bett!»
Stöhnend schlurfte Danny in sein Zimmer, aber er wirkte fröhlicher.
Molly horchte, wie sein Bett knarrte, als er sich hinlegte, und wie er das Licht ausmachte. Dieses Gespräch wollte sie wirklich nicht so bald wieder führen müssen. Lange Zeit lag sie wach und überlegte, wo sie Fehler gemacht und wo sie richtig gehandelt hatte.
Das Gespräch hatte Molly erschüttert. Sie wusste, dass es nur eine Frage der Zeit sein konnte, bis Danny Nick gegenüber Bitterkeit empfinden würde. Schließlich hatte sie selbst zehn Jahre gebraucht, um sich zu beruhigen. Sie betrachtete das Foto auf ihrem Nachttisch, das am Abend von Dannys Geburt aufgenommen worden war.
Molly zwinkerte ihre Tränen fort. Sie hatte sich geschworen, Nick innerlich loszulassen, und sich gesagt, dass das Verhältnis zwischen Vater und Sohn Sache der beiden war und mit ihrer eigenen Beziehung zu Nick nichts zu tun hatte.
Aber es war schwer. Sie litt mit, wenn Danny wegen Nick Kummer hatte, denn dann erinnerte sie sich an ihre Empfindungen, als sie selbst dieses Mannes wegen traurig gewesen war. Es tat ihr weh, Danny so zu sehen. Er sollte glücklich sein, aber machte sie sich da nicht etwas vor? Sie war eben eine alleinerziehende Mutter, und sein Vater war meistens abwesend.
Molly spielte mit ihrem Bettelarmband.
Weitere Kostenlose Bücher