Das Gluecksarmband
Als Einzelkind hatte er immer an ihrer Liebe teilgehabt. Er war Zeuge ihrer glücklichen Ehe gewesen und hatte auch miterlebt, wie sie die guten und die schlechten Zeiten bewältigten. Seine Eltern waren Seelengefährten, da gab es keinen Zweifel. Greg wünschte sich eine solche Liebesbeziehung auch für Karen und sich, und er musste zugeben, dass das Gespräch mit seinem Vater vor ein paar Tagen ihn ein wenig beunruhigt hatte. Ja, Jeff hatte gleich bei seiner ersten Begegnung mit Cristina gewusst, dass er sein ganzes Leben mit ihr verbringen wollte.
Greg hatte das mit Karen anders erlebt. Karen war diejenige gewesen, die sich um ihn bemüht hatte, kurz nachdem sie bei einer Benefizveranstaltung im Guggenheim einander vorgestellt worden waren. Greg erinnerte sich noch, wie Karens Selbstvertrauen ihm imponiert hatte, von ihrer Schönheit ganz zu schweigen, aber er hatte damals so viel gearbeitet, dass er gar nicht nach einer Beziehung gesucht hatte.
Inzwischen sprachen sie schon seit Jahren über Kinder und Schule und über Wohnungen, und es blieb nur noch der Schritt, den Bund fürs Leben zu schließen. Worauf warteten sie eigentlich? Dass sie genug Geld haben würden? Das würde nie der Fall sein. Greg wusste aus Erfahrung, dass im Leben nichts perfekt lief, egal, wie sorgfältig man plante.
Auf einmal wurde ihm bewusst, dass er Karens Frage bezüglich der Reinigung noch nicht beantwortet hatte.
«Natürlich, kein Problem. Wollen wir uns heute Abend zum Essen treffen? Ich könnte dich von der Arbeit abholen …»
Aber Karen schüttelte schon den Kopf. «Nein, lieber nicht. Ich kann nicht bis spätabends weggehen, denn ich muss morgen früh fit sein.»
Überrascht sah Greg sie an. «Sonst hast du immer ganz gern unter der Woche was unternommen. Als ich noch an der Wall Street war, haben wir das doch oft gemacht.»
«Ja, aber da bist du nicht mehr, oder? Und ich kann es nicht riskieren, irgendwas zu vermasseln, denn dann bin auch ich meinen Job los.»
Gregs Gesicht wurde ernst, während er zuschaute, wie Karen sich für die Arbeit fertig machte. Er wandte sich zum Schrank, um sich möglichst schnell anzuziehen.
«Es ist ja nicht so, als würde ich hier nur auf der faulen Haut liegen. Und außerdem habe ich meinen Job nicht verloren, sondern ich habe von mir aus gekündigt», erwiderte Greg ruhig.
Karen stellte die Aktentasche ab und kam zu ihm hinüber. Sie legte ihm die Arme um die Taille.
«Tut mir leid», flüsterte sie. «Das war nicht schön von mir. Ich bin in letzter Zeit einfach etwas gestresst. Ehrlich, ich möchte mich entschuldigen. In den letzten Wochen war so viel los, die Sache hier und dann die Hektik bei der Arbeit, und die Feiertage …»
Greg drehte sich zu ihr um. «Nein, mein Schatz, ich muss mich entschuldigen. Schließlich habe ich dich einfach vor vollendete Tatsachen gestellt.»
Sie lachte leise. «Okay, einverstanden …»
Er beugte sich zu ihr und gab ihr einen Kuss. Erleichtert atmete er auf, als er sah, dass ein Lächeln ihr schönes Gesicht noch schöner machte. «Ich verspreche dir, Karen, ich werde dir nie wieder meine Pläne verschweigen. Nie, nie wieder. Und ich verspreche dir auch, dass ich mich mit Leib und Seele dafür einsetzen werde, dass meine neue Firma ein Bombenerfolg wird. Ich verspreche dir, dass du nicht allein dastehst.»
Karen nickte kurz, und Greg hoffte sehr, dass sie ihm glaubte.
«Du und ich, wir sind Partner. Das weißt du doch, oder?»
«Ja, das weiß ich.» Sie lehnte sich an ihn, bevor sie sich dann von ihm löste. «Hab einen schönen Tag und bis später, in Ordnung?»
«Alles klar.»
Als er angezogen war und Kaffee gemacht hatte, schaltete Greg seinen Laptop ein und begann, einige Fotos zu bearbeiten, die er am Vortag gemacht und bereits eingescannt hatte. In drei Stunden hatte er fünf Rollen Film verknipst. Wenn er mit seiner Kamera unterwegs war, schien die Zeit einfach zu verfliegen. Als Börsenmakler dagegen hatte er ständig auf die Uhr geschaut, und mittags war es ihm oft vorgekommen, als hätte er schon einen ganzen Tag lang in seinem Kabuff gehockt.
Greg lehnte sich einen Moment zurück und bewunderte seine Arbeit. Es waren Fotos von schimmernden Wolkenkratzern, aber aus ungewöhnlichen Winkeln aufgenommen, wie es charakteristisch für seine Arbeiten war. Er musste sich eingestehen, dass er die Sachen ziemlich gut fand – ähnlich wie das Foto vom Flatiron Building. Für die
New York Times
zwar nicht zu gebrauchen, aber
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