Das Gluecksarmband
noch im Morgenrock am Tisch saß und Kaffee trank.
«Mir ist heute einfach nicht nach Kirche, und dir?», hatte Eileen nur gesagt.
Damals war es Molly so vorgekommen, als würde ihre Mutter damit nur eine weitere Erinnerung an ihren Vater zerstören, eine weitere Quelle des Trostes versiegen lassen. Auch das Weihnachtsfest bei den O’Neills war seit Seamus’ Tod nie mehr so gewesen wie früher.
Und in diesem Jahr würde es wieder ganz anders werden, denn zum ersten Mal würden Molly und Danny nicht zu Eileen nach Queens fahren.
Stattdessen würde Mollys Mutter zu ihnen kommen.
Nachdem Kate erwähnt hatte, dass sie in diesem Jahr nicht nach Minnesota fahren würde und daher leider an den Feiertagen allein sei, hatte Molly endgültig entschieden, dass sie ein großes, traditionelles Weihnachtsfest bei sich zu Hause veranstalten würde, genau so eins, wie sie es sich immer gewünscht hatte. Natürlich hatte ihr Entschluss auch damit zu tun, dass sie in der letzten Zeit zunehmend den Wunsch hatte, Danny mehr zu geben als nur das Nötigste. Sie wollte Traditionen und Erinnerungen schaffen, so wie ihr Vater es für sie getan hatte.
Eileen war überrascht gewesen, als Molly ihr am Vorabend telefonisch ihren Vorschlag unterbreitet hatte.
«Bist du sicher? Du weißt ja, dass ich dich und Danny immer gern hier habe.»
«Ja, aber ich habe gedacht, dass wir in diesem Jahr vielleicht mal was anderes machen könnten. Danny würde sich sehr freuen, und Kate würde auch herkommen.»
Ein kurzes Schweigen entstand. «Und sonst noch jemand?»
«Wie meinst du das?»
«Ach, ich habe mich einfach gefragt, ob du vielleicht jemanden kennengelernt hast …»
Molly stöhnte. «Mom, das ist das Letzte, woran ich gerade denke.»
«Trotzdem …»
«Nichts trotzdem.»
«Na schön, dann vielen Dank. Ich würde sehr gern kommen. Das Problem ist nur, dass ich jemanden eingeladen habe, weil ich dachte, wir würden bei mir feiern. Wir sind befreundet.»
Molly stockte der Atem. Nein, das konnte ihre Mutter nicht ernst meinen … Dass Eileen sich einem anderen Mann zugewandt hatte, war einfach unvorstellbar.
«Ich weiß, was du jetzt denkst, aber da bist du auf dem Holzweg!», flötete ihre Mutter. «Es ist eine Freundin. Sie hat keine Familie mehr, deswegen –»
«Na, dann bring sie doch mit», sagte Molly, bevor sie sich eines Besseren besinnen konnte. «Je mehr wir sind, desto lustiger wird es.»
«Ist das dein Ernst?»
«Ja, warum nicht?» Auch wenn es Molly ein Rätsel war, wie sie fünf Leute in dem winzigen Wohnzimmer unterbringen sollte. Und dazu noch den Weihnachtsbaum, den Danny verlangt hatte. Er freute sich so sehr darauf, dass sie ihm diesen Wunsch nicht abschlagen konnte.
Während sie noch darüber nachdachte, welche Komplikationen so viele Gäste in ihrer Wohnung mit sich bringen würden und welche Kreativität es erfordern würde, für alle ein Weihnachtsessen zu kochen, klingelte das Handy in ihrer Tasche.
«Hallo?»
«Ms. O’Neill?»
«Ja.»
«Hier spricht Jessica Edwards. Sie hatten mich gestern angerufen, wegen Margot Mead, und mich um Rückruf gebeten. Sie sagten, Sie seien von Tiffany?»
Molly richtete sich auf. Irgendwie gab Jessicas Tonfall ihr das Gefühl, sie müsse Habachtstellung einnehmen. «Nicht ganz, aber ein sehr netter Mann dort hat mich auf Ms. Mead hingewiesen.»
«Und es geht um ein Schmuckstück?»
«Ja.» Molly berichtete von dem gefundenen Armband und erzählte, dass Samuel der Ansicht gewesen war, Margot Mead könnte vielleicht eine Idee haben, wo das mit Diamanten besetzte Ei herstammte.
«Ich hoffe einfach, dass sie mir Informationen über den kleinen Anhänger geben kann. Wer weiß, möglicherweise gehört das Armband sogar Ms. Mead selbst?» Das war zwar reine Spekulation, aber Molly versuchte, die Assistentin für ihre Sache zu gewinnen.
«Ihnen ist doch sicherlich klar, dass Ms. Mead kein Branchenverzeichnis ist?», erwiderte die Assistentin schnippisch. Sich in der Welt von Manhattans Elite zurechtzufinden war wie auf einem anderen Planeten zu leben, dachte Molly. Aber andererseits waren Menschen letztlich doch einfach Menschen, und sie war sich ziemlich sicher, dass Margot Mead ihre Hosen genauso anzog, wie jede andere Frau auch, nämlich erst das eine, dann das andere Bein.
Allerdings war Molly sich auf einmal auch sicher, dass Margot Mead, so sehr sie Schmuck lieben mochte, nicht die Eigentümerin des Armbands war. Selbst ohne sie zu kennen, begriff Molly, dass
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