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Das Glücksbüro

Das Glücksbüro

Titel: Das Glücksbüro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Izquierdo
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vorher je der Fall gewesen wäre.
    Elisabeth kochte Kaffee, während Mike an seinem Schreibtisch saß, den Kopf auf eine Hand abstützte und mit der anderen Männchen auf seine Schreibtischunterlage kritzelte.
    »Guten Morgen, Elisabeth. Guten Morgen, Herr Schulze«, grüßte er ruhig.
    Elisabeth drehte sich kurz zu ihm um: »Guten Morgen, Albert.«
    Mike ignorierte ihn.
    Albert legte seine Unterlagen wie jeden Morgen auf Elisabeths Schreibtisch, dann aber wandte er sich Mike zu.
    »Herr Schulze?«
    Mike kritzelte missmutig auf seiner Schreibtischunterlage herum und maulte: »Guten Morgen, Herr Glück.«
    Albert antwortete freundlich: »Kommen Sie doch heute mal in meinem Büro vorbei, ja?«
    Mike sah überrascht auf, doch Albert hatte sich bereits umgedreht und verließ das Büro.
    Der Morgen hatte sehr ruhig begonnen, sodass Albert seine Anträge bearbeiten konnte, ohne allzu vielen Besuchern weiterhelfen zu müssen. Er fragte sich, ob Mike ihn tatsächlich aufsuchen würde, denn es gab Menschen, die denjenigen mieden, der hinter ihre Fassade geschaut hatte. Sie gesehen hatte, als sie schwach waren. Hilflos.
    Es klopfte.
    Mike trat ein wenig zaudernd ein.
    Soweit Albert sich erinnern konnte, war er zuvor höchstens ein- oder zweimal in seinem Büro aufgetaucht, und das auch nur, weil er absolut niemand anderes gefunden hatte, der ihm Arbeit hätte abnehmen können.
    »Sie wollten mich sprechen?«, fragte er vorsichtig.
    Albert bot ihm mit einer Geste den einzigen Sitzplatz an. Er hatte sich vorgenommen, so sachlich wie möglich mit Mike zu sprechen, um ihm die unangenehme Situation zu erleichtern. Und sich selbst auch. War es nicht erstaunlich, dass die Blöße eines anderen auch immer die eigene war? Als ob man an derselben Krankheit litt.
    »Ich kam nicht umhin zu bemerken, dass Sie sich in einer schwierigen Situation befinden.«
    Mikes Gesicht verschloss sich: »Das lassen Sie mal meine Sorge sein.« Er verschränkte die Arme vor der Brust. Auch sonst verriet alles an seiner Körperhaltung, dass er gerade über dieses Thema nicht sprechen wollte und schon gar nicht mit Albert.
    Albert versuchte einen neuen Anlauf: »Nun ja, wie ich höre, werden Sie uns bald verlassen …«
    Auch das nahm Mike als Angriff wahr und antwortete hämisch: »Wird Sie sicher freuen!«
    »Nein.«
    Mikes Gesicht zeigte Verblüffung, für einen Moment lockerte er seine starre Körperhaltung und neigte sich vor: »Nein?«
    Albert antwortete nicht, was Mike ein wenig auf seinem Stuhl hin und her rutschen ließ. Auch er lebte mit seinen eigenen Bildern, und was Albert betraf, brauchte er einen Gegner, um Sicherheit zu gewinnen. Keinen Freund.
    So fügte Mike wesentlich defensiver hinzu: »Ich dachte immer, Sie könnten mich nicht leiden?«
    Albert nickte: »Schon, aber das verhandeln wir jetzt nicht.«
    »Was dann?«, fragte Mike.
    »Ihre Frau Mutter braucht professionelle Hilfe.«
    Mike reagierte zornig: »Das weiß ich. Was glauben Sie, warum ich immer zu spät gekommen bin?«
    »Ich nehme an, Sie können sich ein Heim für Ihre Mutter nicht leisten?«
    Man konnte förmlich spüren, wie Mike sich gegen Albert wappnete. Er schien zu glauben, dass nun der Angriff käme, auf den er die ganze Zeit schon gewartet hatte. Er zischte: »Was soll das, Herr Glück? Machen Sie sich über mich lustig?«
    »Nein.«
    Mike sprang auf und schlug mit der flachen Hand auf Alberts Schreibtisch: »Ich kann mir ein Heim nicht leisten! Ohne Job kann ich mir gar nichts mehr leisten, okay? Und ich habe niemanden, der mir hilft! Zufrieden?«
    Albert blickte ihn völlig ungerührt an und antwortete: »Ich helfe Ihnen.«
    Mike blinzelte geradezu geschockt mit den Augen: »Sie?«
    Albert wies ihn mit einer Handbewegung an, sich wieder zu setzen: »Der Staat, um genauer zu sein. Hier …« Er zückte ein Formular aus einer Schublade und gab es Mike: »Füllen Sie das aus. Es gibt einen Anspruch auf Beihilfe für Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes, wenn diese in eine Notlage geraten.«
    Mike starrte völlig verblüfft auf den Antrag: »Wirklich?«
    »Es überrascht mich nicht, dass Sie das nicht wissen«, antwortete Albert staubtrocken.
    »Und meine Entlassung?«
    »Noch sind Sie nicht entlassen.«
    Mike war sprachlos, und obwohl er auf seinem Stuhl förmlich in sich zusammengesackt war, wirkte er erleichtert, ja fast glücklich. Da saß er nun, der größte Don Juan des Amtes, der Mann, dessen Charme bei der weiblichen Belegschaft unwiderstehlich zu

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