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Das Glücksbüro

Das Glücksbüro

Titel: Das Glücksbüro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Izquierdo
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gab einen weiteren Antragsteller, für den er eigentlich nicht zuständig war, aber Albert wollte ihn ebenso wenig wie die alte Dame davonschicken. Er hatte diesen Schritt getan, jetzt gab es kein Zurück mehr. Es war, als hätte Albert kapituliert vor den Menschen, die um Hilfe baten und gegen die er sich nicht mehr wehren wollte. Vielleicht würde die Situation wie eine Schlechtwetterfront vorüberziehen, danach würde es aufklaren und wieder ganz still werden. Er sah zu Annas Bild und fragte sich, ob er je sein altes Leben wieder zurückbekommen würde. Und was vielleicht noch wichtiger war: Würde er dort überhaupt wieder hineinfinden?
    Er arbeitete beharrlich an seinen Anträgen, als es leise an die Tür klopfte und Albert laut Herein! rief.
    Anna.
    Albert nahm sie zuerst gar nicht wahr, weil er noch über einen Antrag gebeugt war.
    »Hallo, Herr Glück.«
    Albert sah auf.
    »Frau Sugus«, antwortete er reserviert.
    »Darf ich mich setzen?«
    Mit einer Geste lud er sie ein, auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch Platz zu nehmen.
    Da saßen die beiden nun und sahen sich an, aber keiner machte Anstalten zu reden. Bis Albert schließlich nachgab, wohl wissend, dass draußen vor dem Büro noch Menschen auf ihn warteten.
    »Was kann ich für Sie tun?«, fragte er förmlich.
    »Ich möchte mich entschuldigen.«
    Das überraschte. Sehr sogar. Albert hatte mit vielem gerechnet, nur nicht damit. Nicht, nachdem er gestern einen völlig durchgedrehten Gefühlsausbruch an den Tag gelegt hatte, der ihn in die Nähe eines axtschwingenden Soziopathen rückte. An ihrer Stelle hätte er jeden Kontakt abgebrochen und sich versteckt, bis seine Explosion selbst in der Erinnerung keinerlei Ton mehr gehabt hätte. Denn so aufrichtig sein Ausbruch gestern gewesen war, so unangemessen erschien er ihm heute.
    »Vielleicht habe ich Ihnen da zu viel zugemutet. Sie sind nicht daran gewöhnt, dass Menschen zu Ihnen kommen, richtig?«
    »Ja.«
    »Nur Anträge?«
    »Ja.«
    »Anträge sind Menschen.«
    Die Erkenntnis hatte Albert auch eingeholt – sie standen mittlerweile ja alle vor seiner Tür.
    »Sie hätten wenigstens fragen können«, wandte Albert ein.
    »Ja, das stimmt.«
    Ihr Verständnis nahm ihm völlig den Wind aus den Segeln, dabei wollte er sich eigentlich bei ihr beschweren. Und als er es doch versuchte, klang es ziemlich schwach: »Haben Sie die Menschen da draußen gesehen? Gestern waren es noch mehr!«
    Anna sah ihn irritiert an: »Die da draußen? Die habe ich nicht geschickt, Herr Glück.«
    »Nicht?«
    »Nein. Keinen von denen.«
    Albert studierte ihr Gesicht, in der Annahme, er könnte ein verräterisches Grinsen finden, etwas, was ihm verriet, dass sie ihn gerade auf den Arm nahm, aber da war nichts.
    »Ich habe nur ein paar Leuten von Ihrem Büro erzählt.«
    »Nur ein paar?«
    »Ja, aber es gibt viele, die jemanden wie Sie brauchen.«
    »Wie mich?«
    Anna nickte: »Ja, Sie sind ein Künstler. Das habe ich Ihnen ja schon gesagt.«
    Albert seufzte und antwortete: »Frau Sugus …«
    Sie hob abwehrend die Hände und unterbrach ihn: »Nehmen Sie es doch einfach mal an, ja?«
    »Na gut«, antwortete Albert, aber nur, weil er die Künstlerdiskussion nicht weiterführen wollte. Trotzdem war er immer noch ganz beeindruckt von Annas Erscheinen, dass sie einfach vorbeigekommen war, um mit ihm zu reden. Nach allem, was er sich erlaubt hatte. Und allem, was sie sich erlaubt hatte.
    Sie nutzte den Moment, um in ihrer Handtasche zu wühlen, die reichlich überdimensioniert war und offenbar einen halben Haushalt beherbergte.
    »Ich hab da übrigens was für Sie …«
    Im nächsten Moment hielt sie eine extrem bunte Krawatte in den Händen, von der Albert fast annahm, dass sie sie selbst gestaltet hatte. Sie hob sie so in die Höhe, dass sie wie eine tote Schlange zwischen ihren Fingern herumbaumelte.
    »Haben Sie schon mal überlegt, eine bunte Krawatte zu tragen?«
    »Nein.«
    Anna kicherte amüsiert: Sie hatte nichts anderes erwartet, aber Albert war in diesen Dingen von einer entwaffnenden Ehrlichkeit, die fast schon an Unhöflichkeit grenzte.
    »Wie wär’s mit morgen?«, fragte sie ungerührt.
    »Warum?«
    »Ich bin auf eine Vernissage eingeladen. Und ich würde gerne mit Ihnen hingehen.«
    »Eine Verabredung?«, fragte Albert verblüfft.
    »Ein Verabredung«, bestätigte Anna.
    Sie wartete nicht auf seine Antwort, sondern nutzte den günstigen Moment aus und drückte ihm die Krawatte in die Hand: »Um 19.00   Uhr? Galerie

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