Das Glücksrezept - O'Neal, B: Glücksrezept - The Lost Recipe for Happiness
seiner Schönheit, seiner vermeintlichen unsterblichen Bewunderung für sie – einem Mann, der wusste, wie er seinen Charme einsetzen muss.
Und jetzt würde sie den Preis dafür bezahlen. An diesem ruhigen Sonntagmorgen nahm sie ihre Schürze ab, faltete sie zusammen und legte sie auf den Pass, dann ging sie in den Umkleideraum, zog ihre Kochjacke und Hose aus, streifte die Holzclogs ab und schlüpfte in Jeans und ein hellrosaorangefarbenes Shirt mit langen Ärmeln und aufgedruckten tanzenden Skeletten – ein Weihnachtsgeschenk von einer ihrer Schwestern vom letzten Jahr, das sie an zu Hause erinnerte. Sie räumte ihre Sachen aus dem Spind in ihre Reisetasche und betrat den Speiseraum, um ein letztes Mal ihren Blick darüberschweifen zu lassen.
Seit drei Jahren war das Blue Turtle ihr Zuhause gewesen – mit seiner liebevoll gestalteten Speisekarte, in der sich Dmitris klassisch-französische Kochkunst mit Elenas Wurzeln aus Santa Fé vereinten. Die Bevölkerung Vancouvers, die durchaus kulinarischen Abenteuergeist besaß, hatte die exotische Fusion mit Begeisterung angenommen. Das Restaurant war trotz großer Konkurrenz ein durchschlagender Erfolg und bekam sogar Aufmerksamkeit in der internationalen Presse.
Das hier war ihr Zuhause, nicht eine Stadt in der Ferne. Ein Funken Zorn glomm in ihr auf. Dieser Mistkerl! Wie konnte er es wagen, sie einfach vor die Tür zu setzen?
Luis reckte das Kinn. » Vaya con Dios.«
Elena nickte. Sie schwang sich die Reisetasche über die Schulter, verdrängte das Gefühl der Leere in ihrem Innern und trat hinaus in die frühmorgendliche Luft. Eine Weile stand sie einfach auf dem Bürgersteig und fragte sich, was sie nun tun sollte.
Wie deprimierend, schon wieder ein Zuhause zu verlieren. Wieder und wieder und wieder. Dieses hier war ihr sehr ans Herz gewachsen. Sie hatte gedacht, es könnte vielleicht ihr wahres Zuhause, das Eine, sein. Ihr Heim.
Und jetzt?
Auf der anderen Straßenseite schimmerte die English Bay wie ein Spiegel im morgendlichen Licht. Irgendwo im Westen braute sich ein Sturm zusammen und sandte eine Bö, die feuchte Luft mit sich herantrug. Sie streifte ein Paar leichte Baumwollhandschuhe über, schüttelte den Kopf, so dass ihr Haar über die Schultern fiel, und versuchte, an etwas Pragmatisches, Alltägliches zu denken. Was könnte sie jetzt frühstücken? Es war noch Spinat vom Vorabend übrig, vielleicht auch ein Stück Käse und ein wenig Birnensalat.
Plötzlich trat ein Mann aus dem Hauseingang, und Elena
wich erschrocken einen Schritt zurück, um ihn vorbeizulassen. Er hatte etwas Selbstsicheres an sich, markant und dennoch sensibel. Seine Augen waren hinter einer dunklen Sonnenbrille verborgen, und er trug ein modernes Ziegenbärtchen. Staunend betrachtete sie seine tadellos saubere schwarze Jacke und die lässigen Jeans. Kräftige Schenkel, bemerkte sie und stellte erleichtert fest, dass Dmitri ihr Interesse am anderen Geschlecht nicht vollständig zerstört hatte.
Der Mann nickte ihr zu. »Guten Morgen.«
Sie neigte den Kopf. Er trug einen orange-rosa gestreiften Seidenschal. Elegant. Modisch. Vielleicht war er Franzose. » Bonjour «, sagte sie mit dem Anflug eines Lächelns.
Zu ihrer Überraschung blieb er stehen. »Sind Sie Elena Alvarez?«
»Wer will das wissen?«
»Tut mir leid.« In einer einzigen flüssigen Bewegung nahm er Hut und Sonnenbrille ab. Elena fiel auf, dass er die Grazie und die Aura eines übernatürlichen Wesens besaß – eines Vampirs vielleicht. Dichtes schwarzes Haar umrahmte sein zartknochiges Gesicht. »Ich bin Julian Liswood.«
»Ah.« Der Besitzer des Restaurants. Unter seinem Arm klemmte eine Zeitung – er hatte den Artikel also gelesen. Elena rieb die Hände aneinander. »Dmitri hat mich schon gefeuert. Sie bauchen sich die Mühe also nicht mehr zu machen.«
Seine Lippen, der einzige Farbklecks in seinem blassen Gesicht, verzogen sich zu einem Grinsen. »Ganz im Gegenteil. Ich bin nach Vancouver gekommen, weil ich mit Ihnen reden wollte. Der Commis hat mir erzählt, Sie seien gerade gegangen. Haben Sie ein paar Minuten für mich?«
»Natürlich.«
Er musterte ihr Gesicht. »Sie sind ziemlich blond für eine Alvarez«, bemerkte er.
»Hat das Auswirkungen auf unser Gespräch?«
Wieder erschien der Anflug eines Lächelns auf seinen Zügen. »Nein.«
Elena wartete. Auch er entsprach keineswegs ihrer Vorstellung. Sein Gesicht war nicht unbedingt schön – eine große Nase und sehr markante Wangenknochen
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