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Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Titel: Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimée Carter
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sie ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand. „Mir ist vor allem eins klar: Wenn sie es nicht schafft, werde ich dich verlieren.“
    Verzweifelt um Selbstbeherrschung bemüht, wandte Henry sich von ihr ab. „Das ist kein großes Opfer.“
    Diana ergriff ihn beim Arm und drehte ihn wieder zu sich um. „Lass das“, stieß sie wütend hervor. „Wag es ja nicht, aufzugeben.“
    Er blinzelte, aufgerüttelt durch ihren eindringlichen Ton. Als er den Mund öffnete, um etwas zu entgegnen, erklärte sie: „Sie wird eine Wahl haben, das weißt du genauso gut wie ich. Aber egal, was passiert, sie wird nicht so enden, das verspreche ich dir.“ Lächelnd wies sie auf das leblose Mädchen. „Sie wird jung sein, aber keine Närrin.“
    Diesmal brauchte Henry einen Moment, um nachzudenken, was er darauf erwidern sollte. Er wusste, dass er sich an eine trü-gerische Hoffnung klammerte. „Der Rat würde es niemals gestatten.“
    „Ich habe bereits gefragt. Da die Frist noch nicht abgelaufenist, haben sie mir die Erlaubnis gegeben.“
    Verärgert biss er die Zähne aufeinander. „Du hast sie gefragt, ohne vorher mit mir zu sprechen?“
    „Ja. Weil ich wusste, was du sagen würdest“, erwiderte sie. „Ich kann dich nicht verlieren. Wir können dich nicht verlieren. Wir sind alles, was wir haben, und ohne dich … Bitte, Henry. Lass es mich versuchen.“
    Geschlagen schloss Henry die Augen. Jetzt hatte er keine Wahl mehr. Nicht wenn der Rat zugestimmt hatte. Er versuchte sich vorzustellen, wie das Mädchen aussehen mochte, doch jedes Mal, wenn sich ein Bild zu formen schien, schob sich ein anderes Gesicht davor.
    „Ich könnte sie nicht lieben.“
    „Das müsstest du auch nicht.“ Diana drückte ihm einen Kuss auf die Wange. „Aber ich denke, du wirst es doch tun.“
    „Was macht dich da so sicher?“
    „Ich kenne dich – und ich weiß um die Fehler, die ich damals gemacht habe. Ich werde sie nicht wiederholen.“
    Er seufzte, während seine Entschlossenheit unter ihrem bittenden und doch unbeugsamen Blick immer mehr ins Wanken geriet. Es waren nur zwanzig Jahre, so lange würde er es noch schaffen. Vor allem wenn das bedeutete, ihr nicht noch mehr wehzutun, als er es bereits getan hatte. Und dieses Mal, dachte er mit einem weiteren Blick auf die Tote, werde auch ich meine Fehler nicht wiederholen.
    „Ich werde dich vermissen, solange du fort bist“, sagte er, und sie seufzte vor Erleichterung auf. „Aber sie wird die Letzte sein. Wenn sie versagt, war es das für mich, und zwar endgültig.“
    „Okay“, erwiderte sie und drückte ihm die Hand. „Danke, Henry.“
    Stumm nickte er, und sie ließ ihn los. Auf dem Weg zur Tür blickte sie ebenfalls noch einmal zum Bett, und Henry schwor sich, dass das hier nie wieder passieren würde. Was auch immer geschah – dieses Mädchen würde leben.
    „Es ist nicht deine Schuld“, brach es aus ihm heraus, bevor ersich bremsen konnte. „Was passiert ist … Ich habe es gestattet. Dich trifft keine Schuld.“
    Kurz hielt sie inne und warf ihm ein trauriges Lächeln zu. „Doch.“
    Bevor er noch etwas erwidern konnte, war sie fort.

1. KAPITEL
    EDEN
    Meinen achtzehnten Geburtstag habe ich im Auto auf dem Weg von New York City nach Eden, Michigan, verbracht – damit meine Mutter in der Stadt sterben konnte, in der sie zur Welt gekommen war. Neunhundertvierundfünfzig Meilen Asphalt, immer in dem Wissen, dass jedes Schild, an dem wir vorbeikamen, mich dem näher brachte, was ohne Zweifel der schlimmste Tag meines Lebens werden würde.
    Als Geburtstags-Zeitvertreib absolut nicht empfehlenswert.
    Ich fuhr die gesamte Strecke. Meiner Mutter ging es zu schlecht, als dass sie lange hätte wach bleiben können – geschweige denn fahren –, aber es machte mir nichts aus. Wir brauchten zwei Tage und eine Stunde für die Reise. Als wir endlich die Brücke zur Oberen Halbinsel überquerten, sah meine Mom furchtbar erschöpft und steif aus, weil sie so lange im Auto gesessen hatte. Beinah wünschte ich mir, nie wieder eine freie Landstraße vor mir zu sehen, aber dazu wäre es noch zu früh gewesen.
    Eine Stunde später wurde sie plötzlich lebhafter. „Kate, fahr hier ab!“
    Ich warf ihr einen skeptischen Blick zu, setzte aber den Blinker. „Wir müssen erst in drei Meilen vom Freeway runter.“
    „Ich weiß. Ich will, dass du dir etwas anschaust.“
    Stumm seufzend tat ich, worum sie mich gebeten hatte. In Wahrheit blieb ihr nur noch wenig Zeit, und die Chancen,

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